Krisenmanager im Interview "In einer Krise lässt sich kein Geld sparen"

Wenn irgendwo auf der Welt etwas passiert, erfährt es Krisenmanager Mirko Jacubowski als Erster. Wie der Tourismusriese Thomas Cook auf Terror und Katastrophen reagiert – und was Unternehmen daraus lernen können.

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Mirko Jacubowski ist Krisenmanager beim Reiseveranstalter Thomas Cook. Quelle: Christof Mattes für WirtschaftsWoche

Wenn das Chaos ausbricht, muss Mirko Jacubowski die Nerven behalten. Er ist oberster Krisenmanager in Deutschland bei Thomas Cook, Europas zweitgrößtem Tourismuskonzern. Bei Streiks, Naturkatastrophen und Terroranschlägen eilen Jacubowski und sein Team den Gästen zu Hilfe. Keine andere Branche hat so ein professionelles Krisenmanagement. Im Interview spricht Jacubwoski über Evakuierungen, Fehleinschätzungen und warum es in Notfällen kein Raum für Improvisation gibt.

Herr Jacubowski, Sie sind Krisenmanager bei Thomas Cook. Wie lange dauert es, bis Sie von einer Katastrophe auf der Welt erfahren?
Bis wir das erste Mal davon hören? Oft nur 30 Sekunden.

So schnell?
Ja, wir haben hier einen Stab von Kollegen, die die Welt im Auge behalten. Dazu haben wir ein System, das Daten  aus der ganzen Welt sammelt, von Nachrichtenagenturen, staatlichen Behörden, Wetterdiensten, geologischen Instituten, oder der Weltgesundheitsorganisation. Wenn es in Kalifornien ein Erdbeben gibt, wissen wir das in wenigen Sekunden. Und über eine Karte können wir direkt sehen, ob wir Hotels in der Nähe haben und unsere Gäste in unmittelbarer Gefahr sein könnten.

Mirko Jacubowski

Und dann alarmieren Sie den Krisenstab?
Nein, in dieser Phase macht es noch keinen Sinn, sich zusammenzusetzen, weil wir noch nichts Konkretes wissen. Also sammeln wir weiter Informationen und kontaktieren unsere Mitarbeiter vor Ort. Bei Anschlägen halten wir zudem Rücksprache mit unserem Verband, dem DRV, der sich mit dem Auswärtigen Amt austauscht. Dann haben wir eine erste fundierte Einschätzung der Lage. Den Krisenstab rufen wir nur dann zusammen, wenn Gäste massiv gefährdet oder betroffen sind.

Und wie oft ist das nötig?
Im vergangenen Jahr ungefähr 15 Mal. Das war ein unruhiges Jahr: Die Anschläge in Tunesien, in Ägypten, in Bangkok. Aber wir saßen auch wegen des Bahnstreiks, des Lufthansa-Streiks zusammen oder wegen des Flüchtlingsstroms. Wenn es Tote gibt, kann einen das psychisch sehr belasten. Vom Arbeitsaufwand her sind Streiks  manchmal viel intensiver, wenn wir Tausende von Gästen kontaktieren und Ihnen Alternativen anbieten müssen.

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Was ist während einer Krisensitzung wichtig, damit das Treffen auch produktiv verläuft?
Wenn wir zusammenkommen, haben wir die wichtigen Informationen schon zusammengetragen. Auf einer großen Tafel in unserem Krisenraum notieren  wir alle wichtigen Daten. Denn es ist immer hilfreich, wenn alle Beteiligten dieselben Informationen vor Augen haben. Sonst gibt es schnell Verwirrung. Da sehen wir dann die Zahlen unserer Gäste vor Ort, und auch, wie viele bald anreisen. So können wir die Größenordnung einschätzen. Und auf dieser sind auch alle wichtigen Fragen ausgelistet: Soll es kostenlose Umbuchungen oder Stornierungen geben, und wenn, in welchem Zeitraum? Müssen wir Kunden vielleicht sogar ausfliegen?

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