Es soll die schönste Zeit des Jahres sein, endlich raus aus dem Alltag, hinein ins Ferienparadies. Doch die Hoffnungen auf einen perfekten Urlaub werden häufig enttäuscht. Mal hebt der Flieger zu spät ab, mal ist das Hotel überbucht und mal können die ersehnten Ausflugsziele nicht angesteuert werden. Das müssen Urlauber nicht einfach hinnehmen. Wer eine Pauschalreise bucht, kann sich auf das umfangreiche Pauschalreiserecht stützen.
Preisminderung bis Schadenersatz
Mängel meldet der Urlauber zuerst an seinen zentralen Ansprechpartner, den Reiseveranstalter. Kann dieser keine Abhilfe schaffen, steht dem Reisenden in vielen Fällen zumindest ein Preisnachlass zu. Das gilt auch, wenn sich der Abflug verzögert und der Urlauber zu spät am Reiseziel ankommt. "Bis zu vier Stunden Verspätung sind bei Pauschalreisen noch als Unannehmlichkeit hinzunehmen", sagt der renommierte Reiseexperte Ernst Führich. Jede weitere Stunde berechtigt aber zur Minderung des Tagespreises um fünf Prozent – maximal jedoch 20 Prozent des Gesamtreisepreises. "Kommt der Urlauber durch eine Verzögerung erst mitten in der Nacht am Zielort an, so dass sein erster Urlaubstag wesentlich beeinträchtigt wird, kann er zusätzlich Schadenersatz wegen eines nutzlos aufgewendeten Urlaubstages verlangen", sagt Sabine Fischer-Volk, Reiseexpertin der Verbraucherzentrale Brandenburg.
Für den Anspruch auf Reisepreisminderung und Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreuden spielt es keine Rolle, ob der Reiseveranstalter oder seine sogenannten Erfüllungsgehilfen den Reisemangel wie eine verspätete Ankunft verschuldet haben. So steht auch bei höherer Gewalt, etwa durch ein Unwetter, dem Reisenden eine Reisepreisminderung zu, wenn die Reise dadurch mangelhaft wird. Unabhängig davon gilt auch für Pauschalreisende die EU-Fluggastverordnung. Die Fluggesellschaft muss beispielsweise dafür aufkommen, wenn sich ein Flug verspätet oder ganz ausfällt. Außerdem muss sie gegenüber dem Kunden auch Betreuungsleistungen erbringen und dafür sorgen, dass er eine Unterkunft bekommt, falls er über Nacht auf den Weiterflug warten muss.
Wann ein Storno möglich ist
Je nach Flugstrecke und Ankunftsverzögerung erhält der Urlauber eine Ausgleichszahlung in Höhe von 125 bis 600 Euro, wenn die Fluggesellschaft das zu vertreten hat. "Sie muss beispielsweise nicht für Verspätungen haften, die durch höhere Gewalt wie Luftraumsperrungen verursacht worden sind", sagt Fischer-Volk. Bei Streiks ist die Airline nur dann entlastet, wenn sie alles getan hat, um ihre Passagiere dennoch zu befördern. Technische Defekte dagegen sind grundsätzlich kein Entlastungsgrund.
Unterbringung im gleichwertigen Ersatzhotel
"Der Kunde sollte in jedem Fall Minderung und Schadenersatz beim Reiseveranstalter und eine Entschädigung bei der Fluggesellschaft geltend machen", rät die Verbraucherschützerin. Zulässig ist, dass Veranstalter und Fluggesellschaft ihre gezahlten Entschädigungen miteinander verrechnen. Ist der Urlauber gut am Reiseziel angekommen, wartet dort schon die nächste Hürde: "Bei vielen Hotels ist es leider gängige Praxis, dass die Zimmer zunächst um zehn bis zwanzig Prozent überbucht werden, da die Veranstalter einige Absagen immer einkalkulieren", sagt Führich, Autor des Ratgebers "Reiserecht – Guter Rat bei Urlaubsärger". Der Urlauber hat dann einen Anspruch darauf, in einem gleichwertigen Ersatzhotel untergebracht zu werden. "Sind die Kategorie oder die Lage nicht gleich, kann der Kunde dies als Reisemangel geltend machen und eine Preisminderung verlangen", sagt Führich.
Wenn der Reiseveranstalter schon vor der Reise mitteilt, dass das gebuchte Hotel nicht verfügbar ist, kann der Urlauber kostenlos stornieren. "Doch wer macht das schon, wenn er sich auf den Urlaub freut?", meint Führich. Manche Anbieter versuchen sogar noch zusätzlich Geld herauszuschlagen, indem sie als Ersatz ein teureres Hotel gegen Aufpreis anbieten. Solche Mehrkosten sind jedoch nicht zulässig. "Um überhaupt in den Urlaub starten zu können, müssen die Kunden den Aufpreis erst mal zahlen", sagt Führich. "Allerdings sollten sie dabei gleich Widerspruch gegen die Preiserhöhung einlegen." Nach dem Urlaub sollten sie innerhalb eines Monats nach der Rückkehr ein Beschwerdeschreiben an den Veranstalter schicken und das Geld zurückfordern.
Kakerlaken-Urteile sind nicht bindend
Will der Kunde die Reise unter den neuen Bedingungen nicht mehr antreten, kann er kostenlos stornieren. Das gilt auch, wenn schon vor Reiseantritt bekannt ist, dass mindestens ein Drittel der Reiseleistungen ausfällt. Gründe dafür können sein, dass sich beispielsweise bei einer neuntägigen Reise die Abreise wegen Streik um drei Tage verzögert oder ein mehrtägiger Ausflug, der Hauptbestandteil der Reise ist, nicht möglich ist.
Auch wenn schon vor der Abreise bekannt ist, dass das Hotel beispielsweise von Bränden oder Unruhen betroffen ist, kann der Urlauber in der Regel wegen höherer Gewalt kostenlos kündigen oder eine Umbuchung verlangen. Will der Urlauber die Reise aus anderen Gründen stornieren, werden jedoch Stornogebühren fällig, die sind umso höher, je kurzfristiger vor dem geplanten Reiseantritt storniert wird. In manchen Fällen tritt dann die Reise-Rücktrittskosten-Versicherung ein, allerdings bringt sie keinen Rundumschutz, der Urlauber sollte die Bedingungen immer genau lesen.
Lieblingsreisemangel Essen
Ist der Reisende schließlich doch in seinem gewünschten oder einem adäquaten Ersatzhotel angekommen, eröffnen sich quasi unendlich viele Möglichkeiten für weitere potenzielle oder tatsächliche Reisemängel. Viele Streitigkeiten drehen sich ums Essen: Bei sehr großen Hotels werden die Gäste in Gruppen eingeteilt, da nicht alle gleichzeitig bewirtet werden können. "Das ist üblich, aber gerade für Familien mit kleinen Kindern ist es unzumutbar, bei einem Strandurlaub schon um 17 Uhr wieder am Speisetisch zu sitzen", sagt Führich. Auch die Sauberkeit des Hotels – insbesondere Ungeziefer in Zimmern in südlichen Ländern – wird häufig reklamiert. Das gleiche gilt für die Ausstattung des Hotels von der Zimmergröße bis zum Pool, Lärm im Hotel und in der Umgebung. Allgemeingültige Aussagen, welche Reisemängel anerkannt werden und zu Preisnachlässen führen, lassen sich kaum treffen. Im Pauschalreiserecht kommt es auf den Einzelfall an. Die meisten Urteile stammen von Amts- und Landgerichten. Diese Urteile sind jedoch nicht bindend für andere Gerichte. Wenn zwei Urlaubern genau das Gleiche passiert ist, bedeutet das noch lange nicht, dass zwei Gerichte auch dasselbe Urteil fällen.
Recht auf Schadenersatz möglich
"Ob Reisende einen Mangel ohne Preisnachlass hinnehmen müssen, hängt besonders von der Kategorie des Unterbringung ab", sagt der Professor für Reisrecht, Ernst Führich. So müsse man in einer günstigen Pension eher mal ein Auge zudrücken als in einem teuren Luxushotel. "Das Reiserecht ist zwar tendenziell eher verbraucherfreundlich, aber trotzdem bewerten die Gerichte viele Mängel lediglich als Unannehmlichkeit, die der Urlauber hinnehmen muss", sagt Führich.
Wer im Urlaub etwas reklamieren möchte, muss sich schon vor Ort an die Reiseleitung wenden, die für den Reiseveranstalter agiert. Um den Mangel später beweisen zu können, sollten Urlauber ihn möglichst fotografieren. Sinnvoll ist es auch, die Adressen anderer Reisender zu notieren, um Zeugen zu haben. Innerhalb eines Monats nach Reiseende sollte die Reklamation noch einmal schriftlich an den Reiseveranstalter geschickt werden.
Gang vor Gericht gut überlegen
Für den Reiseveranstalter gibt es verschiedene Möglichkeiten, auf eine Reklamation zu reagieren. Noch vor Ort könnte er Abhilfe schaffen (§ 651c Abs, 2, Abs 3 BGB), indem er dem Urlauber beispielsweise ein anderes Zimmer anbietet, falls das ursprüngliche etwa schmutzig oder laut ist. Zudem könnte dem Kunden eine Preisminderung zugebilligt werden (§ 651d BGB). Bei einem erheblichen Reisemangel (§ 651e BGB) kann der Kunde kündigen. Außerdem kann der Urlauber ein Recht auf Schadenersatz haben – entweder für Begleit- und Folgeschäden (§ 651 f Abs. 1 BGB) oder auch für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit (§ 651 f Abs. 2 BGB).
Können sich Urlauber und Reiseveranstalter nicht einigen, kommt es häufig zu einem Gerichtsverfahren. Bei einem Streitwert bis zu 5.000 Euro ist zunächst das Amtsgericht zuständig. Bei höheren Summen kann der Urlauber direkt vor dem Landgericht klagen. Gerade bei kleineren Streitwerten sollten sich die Urlauber aber überlegen, ob sich der Rechtsstreit wirklich lohnt oder ob sie durch den Stress nicht gleich wieder reif für die Insel sind.