Laptop-Verbot im Flugzeug Warum sich die EU gegen den US-Computerbann wehrt

Die EU-Kommission wendet sich gegen das US-Verbot für Elektrogeräte bei Nordatlantikflügen. Aber weder Mitgliedsstaaten noch Flugunternehmen sind sich dabei einig. Wer sich am Laptop-Bann stört, wer profitiert.

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Laptops und Tablets könnten auf US-Flügen bald verboten werden. Der Bann träfe die EU ebenso schnell wie überraschend. Quelle: REUTERS

Als Violeta Bulc und Dimitris Avramopoulos gestern an die amerikanische Regierung einen Brief zum geplanten Verbot von Elektrogeräten in der Flugkabine schrieben, klang der Ton auf den ersten Blick freundlich. Die EU Kommissare für Verkehr und Zuwanderung erinnerten ihre US-Kollegen erstmal zwei Absätze lang an ihre Gemeinsamkeiten gerade im Kampf um mehr Sicherheit.

Im dritten Absatz wurde das Schreiben selbst für diplomatische Verhältnisse sehr deutlich. „Es ist wichtig, dass wir Informationen bekommen, damit wir eine Reaktion entwickeln können, die belastbar, angemessen und im Interesse unserer gemeinsamen Sicherheit ist“, forderten die beiden Mitglieder der europäischen Regierung da.

„Nervt uns nicht mit euren egoistischen Alleingängen und sagt endlich mal, warum ihr in Laptops verbietet, damit wir gemeinsam mal was Sinnvolles hinbekommen, sonst steigen wir aus“, so übersetzt ein Kenner der Brüsseler Szene den Satz. „Viel deutlicher kann man kaum werden ohne einen diplomatischen Eklat zu provozieren.“

Die vier Tops und vier Flops seiner bisherigen Amtszeit
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Kurz vor Ende der 100-Tage-Frist präsentierte Trump plötzlich eine Steuerreform. Quelle: AP
Mit 59 Raketen attackierte Trump einen syrischen Flugplatz Quelle: AP
Trumps Erfolge: Das Freihandelsabkommen Quelle: AP
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Ein Aufschrei ging um die Welt, als Trump das Dekret für einen Einreisestopp von Millionen Muslimen in die USA unterzeichnete. Quelle: AP
Noch am ersten Amtstag werde er Obamacare kippen, verkündete Donald Trump in Dutzenden seiner Reden. Quelle: AP

Warten auf offizielle Ankündigung, dann bleiben 72 Stunden

Der Unmut hat seinen Grund in der Eile. Denn der Bann von Laptops und Tablets träfe die EU ebenso schnell wie überraschend. „Die Europäische Kommission erwartet eine Ankündigung der USA in den kommenden Tagen (wahrscheinlich am Wochenende oder kommende Woche)“, schreibt Olivier Jankovec, Chef des europäischen Flughafenverbands ACI Europe, vorgestern in einer internen Mail an seine Mitglieder. Das Verbot würde dann wahrscheinlich binnen 72 Stunden in Kraft treten. Doch bis heute ist nur völlig unklar wann der Bann nun kommt. Es ist offen, welche Flüge, Passagiere und Geräte er Bann genau betreffen würde.

Für den Zorn sorgt neben Hast auch die Tatsache, dass der US-Alleingang nicht der erste ist in Sachen Sicherheit. Bereits im März hatten die USA quasi über Nacht ein ähnliches Geräteverbot für Flüge aus einigen arabischen Ländern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten erlassen. Auch damals gab es keine genaue Begründung, aber den – laut Insidern ohne große diplomatische Zierde – geäußerten Wunsch, die EU solle umgehend nachziehen.

Im März hatten die USA verboten, dass Flugreisende aus arabischen Ländern Laptops mit in die Kabine nehmen dürfen. In der kommenden Woche erwartet die EU-Kommission ein ähnliches Verbot für US-Flüge von Europa aus.
von Rüdiger Kiani-Kreß

Doch damals erreichte die Order aus Übersee ihr Ziel nicht. Statt einen Bann auszulösen, erboste der Alleingang fast alle EU-Länder.  „Wir sehen keine neuen Fakten, die eine Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen rechtfertigen“, sprach damals der italienische Verkehrsminister Graziano Delrio seinen EU-Amtskollegen aus der Seele. Einzige Ausnahme war sein britischer Kollege, denn die Regierung ihrer Majestät zog umgehend mit einem ähnlichen Bann nach. Der sorgte freilich für Verwirrung, weil er teilweise andere Flugziele als der US-Ukas betraf.

Ob der Kommissars-Brief freilich viel ausrichtet, ist fraglich. Denn auch diesmal sind sich die EU-Länder nicht einig. Der Londoner Flughafen Heathrow ist bereits vor der offiziellen Verkündigung des transatlantischen Computer-Banns vorgeprescht und hat zusätzliche Kontrollen an Flugsteigen für USA-Verbindungen angekündigt. Dazu will Europas größter Airport alle Passagiere vorab per Mail auffordern, Laptops gleich in ihr aufgegebenes Gepäck zu packen.

Und auch die Regierung des Vereinten Königreichs sowie die IAG genannte Muttergesellschaft des britischen Marktführers British Airways wollen das Vorgehen der USA offenbar still hinnehmen. „Die Briten wollen offenbar weder schwach in Sachen Sicherheit erscheinen noch angesichts des bevorstehenden Brexit die Amerikaner durch zu viel europäisches Denken oder Nähe zu Brüssel verprellen“, vermutet ein EU-Kenner.

Verstoß gegen eigene Sicherheitsanweisungen

Beim Rest der Länder sowie ihren heimatlichen Fluglinien und Flughäfen stößt die Maßnahme hingegen auf scharfe Ablehnung. So verlangen laut Insidern Deutschland oder Frankreich Proteste und Gegenmaßnahmen, nicht zuletzt auf Druck ihrer nationalen Fluglinien Air France-KLM und Lufthansa.

Die Flughäfen mit den kürzesten Wegen
Bis das Flugzeug in der Luft ist, vergeht für gewöhnlich erstmal eine Menge Zeit: Die Wege in den Flughäfen sind meist lang, wie etwa am Moskauer Airport Domodedovo. Hier benötigen die Passagiere vom Eingang bis in den Flieger eine geschlagene Stunde. Die Reisesuchmaschine kayak.de hat die durchschnittlichen Gehzeiten vom Eingang bis zum Flugsteig an 14 Flughäfen Europas mit mehr als zehn Millionen Passagieren untersucht – und herausgefunden, an welchen Airports es besonders schnell geht.Quelle: kayak.de, die Informationen wurden von Flughafen-Pressestellen eingeholt oder von Kayak kalkuliert Quelle: dpa
8. Platz – Mailand-Malpensa, ItalienMailand-Malpensa ist der größte der drei Flughäfen der italienischen Metropole – die Weitläufigkeit bekommen die Passagiere allerdings auch bei der Gehzeit zu spüren: 27 Minuten benötigen sie durchschnittlich vom Eingang bis ins Flugzeug. Durch die Eingangshalle dauert es 15 Minuten, nach der Sicherheitskontrolle noch maximal zwölf Minuten. Quelle: dpa
7. Platz – Madrid Barajas, SpanienDer Flughafen der spanischen Hauptstadt schafft es locker in die Top 10 der größten Flughäfen Europas. Dafür sind die Wege noch relativ überschaubar: Knapp 20 Minuten benötigen die Passagiere durchschnittlich, um ihre Maschine zu erreichen. Die Eingangshalle ist schnell durchlaufen, nach der Sicherheitskontrolle dauert es noch 15 Minuten bis zum Gate. Quelle: AP/dpa
6. Platz – Barcelona El Prat, SpanienIm spanischen Duell mit Madrid hat Barcelona die Nase vorn: Am zweitgrößten spanischen Flughafen durchqueren Passagiere die Eingangshalle in durchschnittlich acht Minuten, nach dem Sicherheitsbereich dauert es nochmal sieben Minuten – macht 15 Minuten Gesamtgehzeit. Quelle: IMAGO
5. Platz – Zürich, SchweizWer von Terminal A oder B abfliegt, ist in Zürich klar im Vorteil: Die Gesamtgehzeit beträgt hier nur 15 Minuten. Reisende, die vom Terminal E starten, sind deutlich länger unterwegs. Sie müssen durchschnittlich 22 Minuten einplanen, bis sie ihren Flieger erreichen. Quelle: AP
Flughafen Nizza Quelle: REUTERS
Platz 4 – Nizza, FrankreichDer drittgrößte Flughafen Frankreichs an der Côte d’Azur sticht den Pariser Flughafen Charles-de-Gaulle in einer Disziplin locker aus: In Nizza sind Passagiere in nur 15 Minuten an ihrem Gate. In Paris ist dagegen eine kleine Wanderung nötig: Reisende sind in Frankreichs Hauptstadt 55 Minuten unterwegs – nur in Moskau dauert es noch länger. Quelle: obs

Dafür sorgt nicht nur der Unwillen, sich international von den USA in den Senkel stellen zu lassen. Schwerer wiegt der Zweifel, ob der Bann die Sicherheit erhöht. Auch wenn US-Behörden dies nicht offiziell als Begründung angeben. In Gesprächen hatten sie dem britischen Geheimdienst Informationen vorgelegt, die auf eine hohe Gefahr durch zu Bomben umgebaute Laptops und Tablet-Computer hindeuten sollen.

Zwar gibt es nur einen belegten Fall einer Computerbombe: ein Anschlag auf die Fluglinie Daello Airlines im vergangenen Februar, bei dem aber nur der Attentäter ums Leben kam. Doch das US-Heimatschutzministerium ließ durchsickern, es gebe gut ein halbes Dutzend Vorkommnisse. Diese sind europäischen Experten freilich bislang nicht bekannt

Darum wollen die EU-Minister die Begründung derzeit nicht gelten lassen. Zum einen wäre aus ihrer Sicht ein Fall wie Daello Air in Europa wohl nicht passiert, weil bei den heutigen Kontrollen in Europa der Sprengsatz gefunden worden wäre.

Wichtiger jedoch: die Gefahr durch präparierte Elektrogeräte ist aus Sicht vieler Experten größer, wenn diese wie von den USA vorgeschrieben im aufgegebenen Gepäck liegen. „Die Koffer im Bauch der Flieger wurden oft nur zu einem Teil durchleuchtet, während bei Handgepäck alles geprüft wird“, so der Chef eines großen deutschen Flughafens. „Also macht eine Bombe im Koffer mehr Sinn.“

Keine Laptops, Tablets oder Kameras: Die US-Regierung hat die Mitnahme einiger Elektrogeräte im Handgepäck bei Direktflügen in die USA beschränkt. Betroffen sind davon acht Länder im Nahen Osten und Afrika.

Dazu würden die USA mit der Regel gegen eine ihrer eigenen Sicherheitsanweisungen verstoßen. Weil in der Vergangenheit mehrfach die besonders starken Lithium-Ionen Akkus von Computern und Handys wie dem Samsung Galaxy Note 7 oder den Batterien des Boeing Dreamliners 787 Feuer gefangen haben, hat die US-Flugaufsichtsbehörde FAA mehrfach von einem „hohen Risiko beim Transport in Frachträumen“ gesprochen. 

Trotzdem bereiten sich nun sicherheitshalber auch alle skeptischen Fluglinien auf die Umsetzung des Banns vor. „Angesichts des ersten Laptop-Verbots aus einigen arabischen Flughäfen waren wir zwar überrascht, aber nicht unvorbereitet“, heißt es bei eine großen Fluglinie. „Denn wenn ein Land dem Verbot nicht nachkommt, würden die US-Linien wahrscheinlich eigene Kontrollen organisieren und alle anderen Linien dürften die USA nicht mehr anfliegen.“ 

Bann trifft vor allem Premium-Kundschaft

Ganz recht dürfte der Bann allerdings auch den US-Linien nicht sein. Denn der Bann verärgert am Ende alle Kunden und schadet auch ihnen.

Am strengsten träfe der Bann die begehrtesten Passagiere: Eilige Topmanager, Anwälte oder Investmentbanker. Die wollen oder dürfen ihre Geräte oft nicht aus der Hand geben, weil sie dort vertrauliche Unternehmensdaten speichern. „Diese Klientel müsste nun streng genommen nur noch telefonieren statt reisen oder ihre Geräte in eigene Safes packen“, so ein führender europäischer Flugmanager.

Aber auch andere Geschäftsreisende verprellt der Bann. Denen haben die Airlines bisher teurer Tickets in der Business oder Premium Economy verkauft mit dem Hinweis, dass kein Gepäck mehr aufgeben müssen, weil sie zwei Handgepäckstücke mit in die Kabine nehmen dürfen. Das brachte wertvolle Zeit, weil die Premium-Kundschaft nach der Landung nicht mehr am Gepäckband auf ihre Koffer warten musste und schneller zum Termin oder zu Anschlussflügen kam. Dazu nahm es die Furcht, der Koffer könnte unterwegs verloren gehen.

Diese Dinge sollten auf einer Geschäftsreise nie fehlen
WLAN Quelle: dpa
2. Ein ruhiger Arbeitsplatz: Zwar ist ein leicht verfügbarer und schneller Internetzugang auf Geschäftsreisen eine wichtige Voraussetzung. Doch mindestens ebenso wichtig ist ein ruhiger Ort mit Tisch, Stuhl und Stromanschluss. In lauten Umgebungen lässt sich kaum produktiv arbeiten, sagen Experten. Verfügt man hingegen über einen geeigneten Raum, bietet er nicht nur den nötigen Komfort sondern auch ausreichend Privatsphäre für Telefonate oder gar Meetings. Quelle: obs
3. Packliste: Laut einer Umfrage vermissen 73 Prozent der deutschen Geschäftsreisenden ihre Familie, 35 Prozent haben Sehnsucht nach den eigenen vier Wänden und fünf Prozent wünscht sich die gewohnte Hausmannskost. Auf mehrtägigen Dienstreisen sollte daher im Koffer stets Platz für persönliche Gegenstände reserviert sein. Je nach Befinden helfen ein Foto des Partners, der Schmuse-Teddy oder die Lieblingswurst vom heimischen Metzger. Apps sorgen dafür, dass bei der nächsten Reise nichts Wichtiges vergessen wird. Quelle: dpa
4. Ernährung: Ausreichend Flüssigkeit ist wichtig für das Wohlbefinden. Vor allem dann, wenn wir in Flugzeugen, Zügen und Autos unterwegs sind. Online-Dienste weisen den Weg zum nächsten Café. Zwischen den Terminen hilft frisches Obst gegen den kleinen Hunger und beugt einer einseitigen Ernährung vor. Quelle: dpa
5. Bewegung: Auch Bewegung sollte auf der Geschäftsreise nicht zu kurz kommen. Eine aktuelle Studie der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention zeigt, dass bereits 15 Minuten Sport die Konzentration und das Wohlbefinden steigern. Ein ausgiebiger Spaziergang lässt sich dann auch direkt mit einem kleinen Stadtrundgang verbinden. Quelle: AP
6. Drucker: Selbst in der zunehmend papierfreien Welt kommt der Moment, in dem man „etwas in der Hand halten“ möchte – sei es, um Kunden oder Partnern ein Dokument mit auf den Weg zu geben oder einen Vertrag zu unterschreiben. Es lohnt sich daher vorab zu recherchieren, wo man während der Geschäftsreise Unterlagen diskret drucken kann. Quelle: dpa
Das sind die häufigsten Stolpersteine für Reisende: Verspätungen, technische Pannen und lange Schlangen bei Sicherheitskontrollen – Geschäftsreisende haben es nicht immer leicht. Manchmal sind sie sich aber auch selbst das größte Hindernis. Wo die Stolpersteine liegen. (Link) Quelle: AP

Aber auch beim Rest der Passagiere trifft die Airlines das Computerverbot. Denn es verdirbt ihnen eine schöne Einsparmöglichkeit.

Nachdem die Linien in den vergangenen Jahrzehnten ihr Unterhaltungsprogramm an Bord aufgerüstet haben, fahren es nun viele wieder zurück. Statt Bildschirmen im Vordersitz bieten sie nun WLAN. Das mögen viele Kunden, weil sie ohnehin lieber online oder offline auf ihren Mobilgeräten Filme und Musik genießen.

Die staatliche Fluggesellschaft Emirates reduziert ab Mai ihre Flüge in die USA und begründet dies mit sinkender Nachfrage. Verantwortlich dafür seien die verschärften Sicherheits- und Visabestimmungen.

Das war den Airlines mehr als Recht. Zum einen müssen sie nun weder die teuren Unterhaltungsgeräte einbauen, noch den Filmverleihern oder Musikfirmen viel Geld für die Senderechte bezahlen. Dagegen können sie nun den Kunden bis zu gut 20 Euro für den WLAN-Zugang abknöpfen.

Nur einen Teil der Flugbranche könnte am Ende das Verbot freuen: die Privatjetanbieter. Denn für sie gilt der Bann nur begrenzt. „Da werden nun viele der Top-Kunden bei uns buchen, weil sie da die Geräte mit ihren Geschäftsdaten bei sich haben und auf dem Flug arbeiten können“, so ein Kenner der Branche.

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