L'Tur-Inhaber Revolution im Reisebüro

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Drei Millionen Euro eigenes Geld

Die Öffentlichkeit kennt Kögel eher als Veranstalter der ehrgeizig Deutscher Medienpreis betitelten Auszeichnung an Superpromis wie Ex-US-Präsident Bill Clinton, Kanzlerin Angela Merkel und Rockstar Bono von U2 oder als Spaßunternehmer mit einer Vorliebe für Jeans, offene Hemdkragen und ungewöhnliche Geschäftsprinzipien: „Ich kann nur mit Produkten was anfangen, die wie Musik und Reisen emotional, ja erotisch sind“, sagt er, und seine sonst so stoische Mine lockert sich zum Ansatz eines Lächelns auf.

Doch Erotik hin oder her: Am Ende ist Kögel ein kühl rechnender Mittelständler des deutschen Südwestens. In HLX hat er drei Millionen Euro eigenes Geld gesteckt. „Und das geben wir Badener nie leichtfertig aus“, sagt der Sohn eines Sägewerkbesitzers aus Waldshut.

Das Rezept aus High Tech, Leidenschaft für die Marktlücke und offensiver Verkaufe treibt ihn, seit er 1976 seinen Job als Moderator beim damaligen Südwestfunk kündigt und den Marktforscher Media Control gründet. Es macht ihn verrückt, dass es es zwar Hitparaden gibt, die aber völlig unzuverlässig sind. „Die Sprache des Showgeschäfts ist... oft die der Lüge“, schreibt er 1973 in seinem Buch „Schlager, Pop und Showgeschäft“.

High Tech à la Siebzigerjahre

Seine Abhilfe: High Tech à la Siebzigerjahre. Der Manager mit dem kinnlangen Bob-Haarschnitt schneidet auf Tonband die gängigen Sender mit. Gefängnisinsassen hören die Bänder ab, notieren, was wie oft läuft, und Kögel baut daraus Deutschlands erste ehrliche Charts. Weil ihm das zu umständlich ist, lässt der IT-Besessene eine Computerüberwachung entwickeln. Als alles läuft, erfassen die auch Rundfunk- und Fernsehprogramme sowie Verkäufe von Büchern, Kinokarten und Computerspielen, und Kögel verkauft die Daten an Plattenfirmen, Verlage und Kinos.

Mitte der Achtzigerjahre ist Kögel Multimillionär. Ein anderer hätte sich seinen Hobbys Segeln und Privatflugzeug gewidmet. Doch längst macht Kögel etwas anderes verrückt: leere Plätze in Flugzeugen und Ferienhotels. Noch Anfang der Achtziger gilt: Was bis zum Abreisetag nicht verkauft ist, verfällt. „Eine unfassbare Verschwendung“, sagt Kögel und versteinert kurz, was laut Vertrauten der äußerste Grad der Erregung ist, den er zeigt.

Kögels Lösung: kurzfristige Reisen mit hohen Abschlägen. Er lässt sich ein neues Computersystem bauen, mit dem er auf die Restbestände von TUI & Co. zugreift, leere Betten des einen mit Flügen des anderen kombiniert und das Ganze über eigene Läden verkauft. Das kopieren viele. Doch L’Tur ist kundenfreundlicher, etwa durch die Möglichkeit, Urlaub neben Reisezeit und Ort auch über Inhalte oder das gewünschte Wetter vor Ort zu buchen. Zudem bauen die Badener ihre Palette ständig aus und verkaufen früh Angebote der Deutschen Bahn und Lufthansa.

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