Lufthansa-Bilanz Warum Carsten Spohr so unzufrieden ist

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2. Mittelstrecke: Attacke der Billigflieger

Noch schlechter läuft es im Europaverkehr. Hier verdient die Billigtochter Eurowings zwar Geld. Doch auf den von Lufthansa betriebenen Strecken steigen die Verluste. Dort fliegt die Marke mit dem Kranich am Leitwerk wegen ihres Reformstaus fast allen Wettbewerbern hinterher.

Und der Druck wächst, denn Billigflieger wie Ryanair starten nun in den Großflughäfen wie Frankfurt. Zwar verlangen die Iren gelegentlich auch mal mehr Geld als die Lufthansa in der Business Class berechnet, wie der Ryanair-Chef im WirtschaftsWoche-Interview einräumen musste. In der Regel aber verderben sie nun die Preise - selbst auf Geschäftsrouten wie Frankfurt-London.

Ärger droht auch bei Eurowings. Nachdem Spohr die als Germanwings gegründete Billigtochter lange klein hielt, hat er sie zuletzt durch die Teil-Übernahme von Air Berlin in Rekordzeit zur Nummer drei in Europa aufgebaut. Das reicht aber nicht. Zum einen rechnen selbst Optimisten im Konzern damit, dass erst im nächsten Jahr alles wirklich rund und kostengünstig läuft. Bis dahin aber dürfte der Druck wieder steigen, weil Ryanair weiter Gas gibt in Deutschland. Und auch Easyjet nicht länger nur in Berlin aktiv ist.

Dazu steht bei Eurowings der wohl bedeutendste Führungswechsel in der Konzerngeschichte an. Ab 1. Mai leitet der ehemalige Mobilfunk-Manager Thorsten Dirks den Flugdiscounter. Er muss als erster komplett konzernfremder Vorstand neben der Integration einen tiefen Kulturwandel schaffen. „Wer im Billiggeschäft Erfolg haben will, darf sich nicht als Airline fühlen, sondern als Markenartikler“, so Easyjet-Chefin Carolyn McCall. Das bislang als unverzichtbares Erbgut geltende Fluggeschäft wird zu nicht viel mehr als einem Anlass, um Erlebnisse und kostenpflichtige Extras zu verkaufen: Bordmenüs, Lounge-Zugang oder Hotelübernachtungen.

3. Frachtgeschäft: Kampf gegen den Abstieg zum Fuhrbetrieb

Wenn Peter Gerber über das Passagiergeschäft spricht, tritt eine gewisse Milde in sein Gesicht. Denn so hart die Lage auch bei der Passage ist: „Bei uns ist sie ungleich härter.“

Die Lufthansa gehört zu den wenigen Spezialisten für gut bezahlte anspruchsvolle Fracht. Hierzu zählen Tiere sowie Pharmaprodukte und Hightech-Bauteile, bei denen Lufthansa konstante Temperaturen oder erschütterungsfreien Transport garantiert. „Aber das ist selbst für Lufthansa nur ein Teil des Geschäfts“, so der Insider.

Europas größte Fluglinien: Anzahl der beförderten Fluggäste 2016

Doch das wird unterm Strich mehr als wett gemacht durch die viel stärkere Konkurrenz. Die liefern zum einen die Golffluglinien. Sie haben in ihren Großraumflugzeugen viel Raum für Fracht und füllen ihn zu Preisen, die in der Regel kaum mehr als die zusätzlichen Kosten decken. Dazu kommen auch Frachtlinien aus den USA oder Russland, die anders als im Passagiergeschäft nicht nur mit Zwischenstopps in ihren Heimatländern fliegen dürfen, sondern ihre Routen relativ frei wählen können.

Gleichzeitig gibt es im Frachtgeschäft fast keine Möglichkeit zu Premiumpreisen. Die Branche kennt wie die Containerschiffhart fast keine Aufpreise für besseren Service oder kürzere Transportzeiten. „Für ein paar Euro weniger wechselt hier jeder sofort die Airline“, klagt ein Manager der Branche. Also gewinnt das Unternehmen mit den niedrigsten Kosten. Weil für alle die Ausgaben für Flugzeuge, Airport Gebühren oder Sprit gleich sind, bleiben fast nur die Personalausgaben um sich von der Konkurrenz abzuheben. „Und da haben wir keinen Vorteil“, so Gerber vorsichtig. Und dieser Druck wird eher größer als kleiner.

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