Lufthansa und Cathay Pacific Wie Carsten Spohr seine Anti-Emirates-Allianz stärkt

Die Lufthansa hat mit Cathay Pacific eine Kooperation vereinbart. Das macht die Linie endgültig zum Marktführer zwischen Europa und Asien – und bremst die wachsende Konkurrenz der Golffluglinien.

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Lufthansa holt Cathay Pacific als neuen Partner für Asien an Bord. Quelle: PR

Carsten Spohrs neuster Streich hat es in sich - auch wenn man es nicht sofort sieht. Lufthansa baut ihr Kooperationsnetz in Richtung Asien aus. Durch die Zusammenarbeit mit der Airline Cathay Pacific können Kunden von Lufthansa, Austrian und Swiss bald vier Ziele in Australien und Neuseeland über das Cathay-Drehkreuz Hongkong erreichen. 

Zugegeben, Lufthansa-Chef Spohr hat in den vergangenen drei Monaten schon ganz andere Deals umgesetzt: Sein Konzern hat Teile von Air Berlin sowie Brussels Airlines geschluckt, einen Pakt mit dem Erzrivalen Etihad gestartet, mit seinen streikfreudigen Piloten Frieden geschlossen – und fast nebenbei noch ein Rekordergebnis hingelegt. Da wirken ein paar Gemeinschaftsflüge schon fast wie eine Nebensache. 

Tatsächlich aber ist die Hongkonger-Verbindung – nach dem Air-Berlin-Deal – der wichtigste Deal der vergangenen Monate.

Für Lufthansa bedeutet sie eine wesentliche Verstärkung ihres bisherigen Allianzsystems. Aus drei Gründen: Die Cathay-Partnerschaft schließt im bisherigen Lufthansa-Bund die letzte entscheidende regionale Lücke in Asien. Sie schwächt außerdem die Oneworld-Allianz der Konkurrenz und erschwert den Vormarsch der Golflinien in Deutschland, Österreich und der Schweiz. 

Was Spohr will 

Der Deal passt perfekt in Spohrs bisherige Strategie: Er will sein Unternehmen „zur wichtigsten europäischen Linie“ hochrüsten, wie ein Lufthansa-Manager erklärt. Spohr ordnet seinen jüngsten Aktivitätsschub wie folgt ein: „Wir dürfen uns nicht länger nur durch Wettbewerber herausfordern lassen, sondern müssen uns unsere Position als Nummer eins der Flugwelt in Europa wieder greifen und sie verteidigen.“

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Das war jahrelang anders. Zwar war Lufthansa bereits in den neunziger Jahren der Marktführer in Richtung Osten. Doch spätestens mit dem Beginn der Finanzkrise ab 2008 war es damit vorbei. „Die Fluglinien vom Persischen Golf wie Emirates oder Etihad überzeugten mit ihren im Vergleich zur Lufthansa niedrigen Preisen und dem Mehr an Komfort nicht nur Urlauber, sondern auch immer mehr sparsame Geschäftsreisende“, sagt Peter Harbison, Chef des auf die Flugbranche spezialisierten Marktforschers Capa aus dem australischen Sydney. „Wegen des scharfen Wettbewerbs sind unsere Flugpreise in den vergangenen zwei Jahrzehnten im Schnitt um ein paar Prozent pro Jahr gesunken“, klagte Spohr in der Folge. 

Dieses Problem ging der energische Mann aus Wanne-Eickel beherzt an. „Wer sich wehren will, muss wachsen - und dabei seine Stärken weiter verstärken“, so das Motto des heute 50-Jährigen. Dafür hat er bereits vor gut drei Jahren für rund 20 Milliarden Euro neue Jets bei Airbus und Boeing bestellt - die teuerste Flugzeugorder der Konzerngeschichte. Anschließend knüpfte er ein immer engeres Netz aus Gemeinschaftsunternehmen im Asienverkehr - zuletzt mit All Nippon Airways (ANA) aus Japan, Air China und Singapore Airlines.

Was das Lufthansa Asiensystem bisher brachte

Der Bund begann zwar relativ harmlos im Rahmen der Star Alliance, zu der auch United Airlines in den USA oder South African aus Johannesburg gehören. Die Asiaten und Lufthansa boten Gemeinschaftsflüge an, bei dem aber die Partner vor allem Tickets auf den Flügen der anderen verkauften oder ihren Vielfliegern Meilen und Loungebesuche gewährten. 

Doch Spohr wollte eine Allianz der zwei Geschwindigkeiten innerhalb des größeren Verbunds der Star Alliance. Dafür vertiefte er die Zusammenarbeit mit Singapore Airlines, Air China und ANA – so wie er es zuvor bei Flügen nach Nordamerika mit United Airlines aus den USA oder Air Canada getan hat. 

Bei Flügen in die jeweiligen Heimatländer der Partner agieren Lufthansa und die Partnerlinie nicht mehr nur wie Verbündete, sondern wie ein einziges Unternehmen. Damit dominieren sie die deutlich kleineren Wettbewerber aus der Region. 

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Die Joint Ventures füllen ihre Flugzeuge gemeinsam, tragen alle Kosten und teilen sich die Gewinne. Der besondere Charme des Modells liegt in der monopolartigen Position: „Seit den Joint Ventures gibt es in Deutschland nur noch einen Ticketverkäufer und einen Preis: den der Lufthansa“, sagt Ralph Rettig, Reisemanager des Autozulieferers ZF Friedrichshafen. 

Spohrs System gilt in der ganzen Branche als bislang bestes Mittel gegen die Golflinien. Er hat ein damit eine schlagkräftige Anti-Emirates-Allianz geschaffen. Denn so sehr Emiratsflieger ihre Fernosttickets auch verbilligen: Gegenüber der Lufthansa und ihren asiatischen Verbündeten tun sie sich schwerer als gegen Air France-KLM mit seiner lockeren Partnerschaft. 

Mit welchen Airlines Sie pünktlich landen – und mit welchen nicht
Platz 10: Qantas: (Australien)Aus über 500 Quellen haben die Experten von Flightstats ausgewertet, wie viele Flüge der internationalen Airlines im Jahr 2016 mit Verspätung gelandet sind. In der Rangliste der großen Fluggesellschaften kommt die australische Qantas mit 15,7 Prozent unpünktlichen Flügen auf Platz zehn.Quelle: Flightstats/Bloomberg Quelle: REUTERS
Platz 9: TAM Linhas Aéreas (Brasilien):Die Airline ist die brasilianische Tochter des südamerikanischen Luftfahrtkonzerns Latam. 2016 waren 14,93 Prozent der Landungen verspätet. Quelle: REUTERS
Platz 8: Delta Air Lines (USA)Die größte Airline der USA fliegt von ihrem Knotenpunkt Atlanta aus Ziele weltweit an. Das Unternehmen führte 2016 rund 1,9 Millionen Flüge an – nur 14,83 Prozent davon kamen verspätet an. Quelle: AP
Platz 7: Singapore Airlines (Singapur)Die Fluglinie aus dem ostasiatischen Stadtstaat fliegt Ziele auf der ganzen Welt an. Von den gut 85.000 Flügen im Jahr 2016 kamen 14,55 Prozent unpünktlich an. Quelle: dpa
Platz 6: ANA (Japan)All Nippon Airways ist die größte japanische Airline. Im vergangenen Jahr landeten 14,46 Prozent der Flüge mit Verspätung. Quelle: REUTERS
Platz 5: Austrian (Österreich)Die Lufthansa-Tochter aus Österreich hat es mit ihrer Pünktlichkeitsbilanz auf den fünften Platz geschafft. 14,26 Prozent der Ankünfte waren 2016 verspätet. Quelle: dapd
Platz 4: Qatar Airways (Katar)Von den angriffslustigen Airlines vom persischen Golf hat es nur die Fluggesellschaft aus dem Emirat Katar in die Spitze geschafft. Hier kamen vergangenes Jahr 13,66 Prozent der Flüge zu spät an. Quelle: AP

Das strenge internationale Luftfahrtrecht erlaubt den Emiratis keine Nonstop-Flüge aus Europa in die wichtigsten Reiseziele Singapur, Peking oder Tokio. Nötig ist immer ein Zwischenstopp am Golf. Deutsche Exportunternehmen aber möchten ihren reisenden Managern den mühsamen Flugzeugwechsel ersparen. Der kostet schließlich bis zu acht Stunden Reisezeit und die unterbrochene Nachtruhe lässt die Verkäufer verknitterter zum Kundentermin erscheinen. 

Für Lufthansa ist das gut: Als Nonstop-Anbieter kann die Linie höhere Preise verlangen, erst recht dort wo sie mit den Verbündeten marktbeherrschend oder quasi als Monopolist auftreten kann.

Wie der Bund mit Cathay der Lufthansa weiter hilft

Doch so gut der Bund auch war, er hatte eine Schwachstelle: Es fehlte ein Partner aus Hongkong, dem nach Peking und Tokio drittgrößten Geschäftsreiseziel der Region. Damit gingen der Lufthansa so manche Firmenkunden verloren.

Das wird nun anders. Der neue Vertrag zielt zwar erstmal nur auf vier Städte in Australien und Neuseeland, die Lufthansa derzeit nicht selbst anfliegt. „Doch die Idee ist, daraus mehr zu machen“, so ein Lufthansa-Manager. „Für ein paar mehr Sammelmöglichkeiten im Vielfliegerprogramm Miles & More hätte sich der Aufriss heute ja nicht gelohnt.“ 

Denn über Hongkong sind auch andere Städte der Region wie Manila auf den Philippinen oder in Taiwan schneller erreichbar. Damit schließt Cathay eine entscheidende Lücke im bisherigen Lufthansa-Netz: „Die Kette der Lufthansa-Partnerschaften reicht nun lückenlos über alle Wirtschaftszentren der Region von Japan bis nach Singapur“, so Experte Harbison.

Das bietet der Jumbokiller
Lufthansa Airbus A350 Quelle: Lufthansa
Lufthansa Airbus A350 Quelle: Lufthansa
Lufthansa Airbus A350 Quelle: Lufthansa
Lufthansa A350 Quelle: Lufthansa
Lufthansa Airbus A350 Quelle: Lufthansa
Lufthansa Airbus A350 Quelle: Lufthansa
Lufthansa Airbus A350 Quelle: Lufthansa

Zusätzlich hilft der Cathay-Deal Lufthansa auf zwei anderen Wegen. Mit der Annäherung an den deutschen Marktführer lockert Cathay zwangsläufig die Verbindung zu ihrer Flugallianz Oneworld und vor allem zu ihrem bisher wichtigsten Europa-Partner IAG. Das ist die Mutter von British Airways und Iberia.

Denn auch wenn die Kooperation Cathay-IAG nominell noch enger ist, „der Nutzen hat bereits nachgelassen – nicht zuletzt, weil IAG zunehmend mit Qatar Airways kooperiert“, so ein führender Cathay-Manager. Den ärgert es zudem, dass vor allem die Briten der Emiratslinie, die auch gut 20 Prozent der IAG-Aktien hält, zu sehr entgegenkommen. „Mit Lufthansa haben wir dagegen das gleiche Ziel: die Golflinien zu bremsen“, so der Manager. 

Mit diesen Angeboten will die Lufthansa künftig punkten
Warum Konzernchef Spohr auf Innovation setzt 2015 war für die Lufthansa ein Rekordjahr. Doch die Aussichten sind bestenfalls gemischt. Im Wettbewerb mit Billigfliegern und Konkurrenten aus den Golfstaaten leidet der Konzern unter hohen Kosten, vergleichsweise altbackenem Service und gemächlichen Abläufen. Stärker als seine Vorgänger setzt Konzernchef Carsten Spohr darum auf Neuerung bei den Angeboten. „Qualität und Effizienz kann jede Airline lernen“, sagt Spohr. Innovation nicht. Quelle: dpa
Besserer Service durch kontaktlose Kontrollen„Wir müssen um das besser sein, was wir wegen des Standorts Deutschland, teurer sein müssen“, begründet Konzernchef Spohr seine Service-Offensive. Kern sind Neuerungen für Geschäftsreisende und Vielflieger. Sie bringen der Airline das meiste Geld. Zu den Innovationen zählt die kontaktlose Kontrolle an den Türen zur Lounge oder den Flugsteigen. Hier lesen Empfangsgeräte die Daten auf der Vielfliegerkarte oder dem Handy. Die Technik erkennt, ob ein Passagier in die noblen Warteräume darf. Damit entfällt das lästige rauskramen der Karte. Stand: Ist an ersten Lounges im TestbetriebBildquelle: Lufthansa Quelle: PR
Verkauf von Extras via Mail und virtueller RealitätNichts ist im Airlinegeschäft rentabler als der Verkauf von Extras zum Ticket. Um die Kundschaft nicht durch das Streichen bisher kostenloser Service zu verärgern, bietet Lufthansa im Rahmen des Smile-Programms für mehr Service vermehrt Dinge, die bisher nicht zu kaufen waren. Wer früh am Airport ist, bekommt etwa in München per Mail oder SMS die Frage, ob er gegen Aufpreis in die Lounge will. In New York gewähren die Lufthanseaten per Virtual-Reality-Brillen einen Einblick in die Premium-Economy oder die Business Class – und verkaufen dann gern das passende Upgrade. Das ist erst der Anfang. Die Datenbrillen könnten bald einen plastischen Eindruck der Angebote im Bordkatalog vermitteln. Stand: Feldversuche laufen Quelle: dpa
Koffersuche per Big Data Wenig vermiest die Reise so wie ein verlorener Koffer. Zwar kann die Lufthansa fehlgeleitetes Gepäck nicht verhindern. Doch sie will die Folgen mildern. Ein mit Rimowa und der Telekom entwickelter Koffer zeigt auf einem Display Ziel und Besitzer des Gepäckstücks - selbst wenn das Bändchen abgerissen ist. Zudem will die Lufthansa künftig schon nach der Landung direkt informieren, dass der Koffer nicht auf dem Band liegt. Mit Hilfe der Daten aus früheren Kofferverlusten soll ausgerechnet werden, wann der Besitzer mit ihm rechnen kann.Stand: Der Koffer ist zu kaufen, die Infodienste laufen im Probebetrieb Quelle: dpa
Fracht für Privatleute Wenn die Urlaubsmitbringsel auf der Heimreise die Gepäckgrenze sprengen, kostet das in der Regel hohe Übergepäck-Zuschläge. Künftig will die Lufthansa ihren Kunden diesen Transport mit anbieten. Das erspart Reisenden die lästige Suche nach einem lokalen Spediteur, der sich der Sache annimmt, oder den teuren Gang zu Expressdienstleistern wie DHL oder FedEx.Stand: Feldversuche laufen Quelle: dpa
Lukrativer Wachstumsmarkt Drohnen Mit dem Boom ferngesteuerter oder autonomer Flugkörper wachsen die Ansprüche an die Betreiber in den Bereichen Sicherheit und Zuverlässigkeit. Davon erhofft sich Konzernchef Spohr Aufträge von Unternehmen, die ihre Drohnen sicherheitshalber von Profis wie der Wartungstochter Lufthansa Technik betreuen und mit Extras aufrüsten lassen wollen. Derzeit läuft eine Studie bei der Beratungstochter LH Consulting, wie sich damit Geld verdienen lässt. Stand: erste Studien ab Juli fertig(Symbolbild) Quelle: dpa
Mobiles Bezahlen für Vielreisende Bezahlen per Kreditkarten ist nicht nur bequem, sondern oft auch etwas unsicher und in jedem Fall lästig, wenn es darum geht, die Belege für die Spesenabrechnung zuordnen. Da will die Lufthansa-Bezahltochter Airplus helfen: Zum einen soll sich eine virtuelle Kreditkarte unter anderem in Kassensysteme etwa in Restaurants einloggen. Sie sammelt dann nach dem Einbongen die Posten. Beim Bezahlen bleibt den Kunden die Überraschung erspart. Getrenntzahlern erlaubt die VR-Karte das vorzeitige Auseinanderrechnen. Ein Reiseassistent sammelt Belege und ordnet sie für die Spesenabrechnung. Stand: Prototypen laufen (Symbolbild) Quelle: dpa

Aber Cathay hilft auch Lufthansa in ihrem Allianzsystem Star Alliance. Nun kann Spohr seinen Partnern in Asien deutlich selbstbewusster gegenübertreten. Falls einer den Verbund lockern will, hätte er mit Cathay eine Alternative im Ärmel. Besonders die Chinesen aber auch Singapore gelten als recht eigenwillige Kantonisten.

Verstärkt wird der Hebel noch durch das Abkommen mit Etihad, das Spohr im Dezember abschloss. Denn auch mit der Linie aus Abu Dhabi könnte Lufthansa enger kooperieren - als mögliches Druckmittel gegen allzu selbstbewusste Partner.

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