Lufthansa und Eurowings Der große Wandel hat begonnen

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So geht es mit Eurowings weiter

Wie funktioniert das Eurowings-Konzept?
Um alle Strecken anbieten zu können, beschäftigt Spohr gleich mehrere Linien als Dienstleister - solche aus den Konzern wie Germanwings, Austrian Airlines, Cityline und welche von außerhalb wie sein SunExpress, ein Gemeinschaftsunternehmen mit Turkish Airlines. Das gibt nicht nur Flexibilität, wenn Eurowings etwa in kurzer Zeit ein größere Zahl neuer Strecken aufgelegen will oder Verlustbringer schnell schließen will.
Es sorgt vor allem für bis zu 40 Prozent niedrigere Kosten. Nur so glaubt Spohr mit Billigkonkurrenten wie Easyjet mithalten zu können. Die will Spohr erreichen, weil der österreichische Teil von Eurowings mit der Zentrale in Wien anders als die Lufthansa und auch Germanwings ist nicht an den Konzerntarifvertrag (KTV) gebunden ist. Heißt: die Piloten und die Flugbegleiter verdienen bis zu einem Drittel weniger Geld als ihre KTV-Kollegen und erhalten nur eine deutlich magerere Altersversorgung.

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Wie geht es mit Eurowings weiter?
Gelingt es dem Team um Firmenchef Oliver Wagner profitabel zu wachsen, wird die Lufthansa das erlauben, entweder über mehr eigene Flugzeuge oder aber durch neue Partner. Unter dem Eurowings-Mantel könnten sogar größere Konkurrenten wie die ungarische Wizzair oder Easyjet für die Lufthansa fliegen.
Das gilt besonders für die Langstrecke, wo der Druck durch Emirates und die US-Linien besonders groß wird. Hier könnte Eurowings auch Strecken fliegen, die für klassische Langstreckenmaschinen zu kein sind, bei denen sich kleinere Jets füllen lassen. Möglich wird dies mit er neuen Generation der Mittelstreckenflieger wie dem A320neo, der Dank seines niedrigen Verbrauchs von Europa aus auch nach Nordamerika fliegen kann.
Wird Eurowings ein Erfolg, könnte die Billigtochter auch - zunächst in LH-Bemalung - die heute noch von der Kernmarke betriebenen Flüge in die Drehkreuze München und Frankfurt übernehmen.

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Sollte Eurowings kein Erfolg werden, dürfte Spohr zunächst nachbessern und die Kosten drücken durch vermehrtes Sparen und das Verlagern von Verkehr auf günstigere Dienstleister. Bringt auch das nichts, dürfte sich Lufthansa wie zuvor British Airways weitgehend aus dem Verkehr abseits seiner Drehkreuze zurückziehen.

Und was ist Jump?
Die interne Bezeichnung für den Versuch, billige Langstreckenflüge unter der Marke Lufthansa durchzuführen. Dafür nutzt Spohr Beschäftigte anderer Konzernlinien wie der Regionaltochter Cityline mit niedrigeren Gehältern und ältere Maschinen, die zwar mehr Sprit schlucken, aber weil sie abgeschrieben sind, keine Kapitalkosten mehr verursachen. Solche Versuche gab es schon öfter, zuletzt mit einer Teilflotte der Lufthansa in Berlin und sie scheiterten daran, dass andere Ausgaben in die Höhe gingen und die Maschinen am Ende immer noch deutlich über denen der Billigkonkurrenz lagen. Auch Jump begann stockend und mit einer mehrmonatigen Verzögerung, weil sich zuerst nicht genug geeignete Piloten fanden und dann zu wenige der Lufthansa Ausbildungspiloten den Neulingen die Qualifikation nach Lufthansa-Standards bescheinigen wollten. Trotzdem macht der Versuch mehr Sinn. Denn trotz der Verspätung kann die Lufthansa nun Routen anbieten, die sie sonst wegen zu hoher Verluste hätte aufgeben müssen. Dazu zählen weniger die klassischen Geschäftsreiseziele, sondern vielmehr Urlaubsrouten. Das erhöht zudem die Kundenbindung über das Bonusprogramm Miles & More, denn es bietet Mitgliedern die Chance, ihre Meilen sinnvoll einzusetzen.

Was lösen die Umbau-Maßnahmen im Unternehmen aus?
Die Piloten laufen vor allem gegen Eurowings Sturm. Bei den jüngsten Streiks der Vereinigung Cockpit standen zwar offiziell Themen wie die Kürzung bei der Ruhestands-Vergütung im Fokus. Tatsächlich kämpften die Flugzeugführer aber vor allem gegen das Billigairline-Konzept mit seinen niedrigeren Löhnen und das Ausflaggen von Jobs in Länder außerhalb Deutschlands. Zwar bekam die Piloten-Gewerkschaft vom Gericht einen heftigen Dämpfer in Form einer einstweiligen Verfügung verpasst. Doch auch wenn die Piloten den Streik abbrechen mussten, in der Belegschaft rumort es kräftig.
Die Lufthansa-Piloten haben Angst, dass immer mehr ihrer Arbeitsplätze von der Kernmarke weg und aus dem Konzerntarif geschoben werden. Bei den neuen Jobs sind nicht nur Privilegien wie die umfangreiche Altersversorgung beschränkt, das Gehalt ist auch deutlich niedriger. Kleines Rechenbeispiel: Ein Pilot der Lufthansa-Passage stieg bislang mit 136.000 Euro Grundgehalt ein, nach zehn Jahren stieg es auf 189.000 Euro. Bei Eurowings verdient ein Flugkapitän zunächst 78.000 Euro und nach sechs Jahren 102.000 Euro.

Was ändert sich bei der Lufthansa und Eurowings für die Passagiere?
Dass die Billig-Airline Eurowings auf der Langstrecke fliegt, dürfte vor allem Touristen die Gelegenheit für ein Schnäppchen bieten. Für deutsche Passagiere, die sonst mit Germanwings Kurz- und Mittelstrecke flogen, ändert sich erstmal aber wenig - abgesehen von den neuen Farben auf und in den Fliegern. Aus Gelb-Brombeer wird Türkis-Brombeer. Das Preismodell von Eurowings entspricht dem von Germanwings: Der Spartarif ist auf das Wesentliche, den Transport mit ein bisschen Handgepäck beschränkt. Wer zusätzliche Koffer mitnehmen oder Umbuch-Möglichkeiten will, muss extra zahlen oder einen höheren Tarif buchen.
Für mehr Aufsehen sorgte da schon, dass der vermeintlich flexible Ansatz der Billigheimer nun auch bei der Kernmarke zu finden ist. Seit Oktober müssen sich Lufthansa-Kunden zwischen den drei Tarifen „Light“,„Classic“ und „Flex“ entscheiden. Wieder gilt: höherer Service, höhere Kosten. Das stößt Geschäftsreisenden und Vielfliegern sauer auf. Sie befürchten, die Zeche für Spohrs Umbau-Sause zahlen zu müssen.
Auch andere Änderungen stießen auf wenig Gegenliebe. Die Einführung einer saftigen Extragebühr auf Tickets, die nicht über das Lufthansa-eigene Buchungssystem gekauft werden, sorgte bei Reiseportalen und Reisebüros für mächtig Ärger.

Für den Aufwertung zur Fünf-Sterne-Marke wird Spohr nun echte Innovationen und Qualitätsverbesserungen nachliefern müssen.

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