Messe Düsseldorf "Wir sind kein Gemischtwarenladen"

Der Düsseldorfer Messechef kommt schon seit Jahren ohne Subventionen aus. Die Konzentration auf Investitionsgüter und neue Themen sollen dafür sorgen, dass das so bleibt.

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Die Boot ist eine der erfolgreichsten Messen am Standort Düsseldorf Quelle: dpa

Herr Dornscheidt, die Messe Düsseldorf ist eine der wenigen deutschen Messegesellschaften, die ohne staatliche Subventionen auskommen. Das bis 2030 laufende Investitionsprogramm von rund 600 Millionen Euro zur Modernisierung des Messegeländes wird aus eigener Kraft finanziert. Was machen Sie anders?

 Wir sind schlanker aufgestellt als andere, hatten aber auch viele Jahre die Möglichkeit, Gewinne zu thesaurieren. Das hat bei der Finanzierung des Investitionsprogramms sehr geholfen. Hauptgrund ist aber unser erfolgreiches Messeportfolio. Zu unserem Programm in Düsseldorf zählen rund 50 Messen, knapp die Hälfte davon sind die Nummer Eins ihrer Branche. Wir sind kein Gemischtwarenladen, sondern konzentrieren uns auf Investitionsgütermessen.

Zur Person

Die haben aber meist den Nachteil, dass sie nicht jährlich stattfinden, die Druckmesse Drupa zum Beispiel nur alle vier Jahre. Das sorgt bei Ihnen für große Unterschiede in der Geschäftsentwicklung.

Investitionsgütermessen folgen den Investitionszyklen der jeweiligen Branche. Die Schwankungen sind für uns aber kein Problem, weil sie planbar sind. Ungerade Jahre sind für uns traditionell schwach, gerade Jahre meist stark, die Umsätze differieren um bis zu 180 Millionen Euro. 2013 hatten wir 315 Millionen Euro Umsatz, 2014 erwarten wir mehr als 400 Millionen. Im vergangenen Jahr blieben gut zehn Millionen Gewinn übrig, in diesem werden es 30 bis 35 Millionen Euro sein.

Warum veranstalten Sie in den schwachen Jahren nicht einfach mehr Konsumgütermessen?

Werner Dornscheidt, Chef der Düsseldorfer Messe Quelle: Presse

Wir haben mit der boot und dem CARAVAN SALON zwei erfolgreiche Konsumgütermessen im Programm. Aber: Nur hochwertige Produkte will man sich vor der Kaufentscheidung anschauen. Messen sind Marktplätze, sie verlieren ihren Sinn, wenn ein wachsender Teil des Geschäfts ins Internet abwandert. Darum wird es immer schwieriger, erfolgreiche Konsumgütermessen zu veranstalten.

Auch die Druckindustrie ist durch das Internet gefährdet, Branchenriesen wie Heideldruck oder König & Bauer ringen um ihre Existenz.

Richtig, aber die Druckmaschinenhersteller passen sich dem Strukturwandel an und die drupa bildet diese Veränderungen ab. Alle vier Jahre zeigen wir mit jeder neuen Messe neue Zukunftstechnologien und Segmente wie zum Beispiel den 3D-Druck. Und während es früher vor allem um das Bedrucken von Papier ging, gibt es heute ganz neue Anwendungsgebiete. Etwa das Food-Printing, bei dem beispielsweise Pralinen im erwähnten 3D-Druck erstellt werden.

Die Messe Düsseldorf war früher mal ein Zentrum für Modemessen. Warum haben Sie das Geschäft verloren?

Nicht nur wir veranstalten keine Modemessen mehr, das gilt auch für die Messegesellschaften Mailand oder Paris. Mit Ausnahme der Bread-&-Butter für Streetware in Berlin sind Modemessen so gut wie tot.

"Ordermessen haben ihre Funktion verloren"

Woran liegt das?

 Der Einzelhandel klassischer Prägung mit mehreren Marken im Regal ist verschwunden, große Modeketten wie H&M, Zara oder Benetton verkaufen ausschließlich in eigenen Läden. Damit haben Ordermessen, wie wir sie von früher kennen, ihre Funktion verloren. Hinzu kommt der schnelle Kollektionswechsel: Früher gab es eine Sommer- und eine Winterkollektion, die auf zwei Modemessen gezeigt wurde. Heute wechseln die Ketten ihre Kollektionen zwölf Mal im Jahr.

Aber es gibt ja auch noch die teuren Designer-Labels.

Für die ist Düsseldorf nach wie vor ein Zentrum. Aber das Geschäft ist sehr kleinteilig und trägt keine großen Messen mehr. Diese Mode wird heute in den mehr als 800 Showrooms der Stadt gezeigt. Mit zwei kleineren Ausstellungsflächen außerhalb des Messegeländes sind wir da noch dabei.

Das hilft Ihnen aber nicht dabei, Ihre Hallen auszulasten.

Die Zeiten, in denen Messegesellschaften sich darauf beschränken konnten, Messehallen zu vermieten, sind vorbei. Wir entwickeln bestehende Konzepte weiter, etwa durch begleitende Kongresse. Gleichzeitig erschließen wir neue Messethemen.

Zum Beispiel?

Zu den Weiterentwicklungen gehört der SAFE-FOOD-Kongress. Wir haben ihn zusammen mit der Welternährungsorganisation FAO und dem UN-Umweltprogramm Unep als Ergänzung zur Verpackungsmesse interpack gegründet, mittlerweile beteiligen sich rund 110 Unternehmen an SAFE-FOOD. Dabei geht es darum, Nahrungsmittel durch eine bessere Logistik besser zu nutzen – indem durch neue Verpackungen verhindert wird, dass Lebensmittel schnell verderben und indem durch kleinere Verpackungseinheiten weniger weggeworfen werden. Beispiel für ein neues Messethema ist die Energy-Storage, eine kleine Fachmesse zum Thema Speichern von Energie. SAFE-FOOD und Energy Storage sind auch Beispiele dafür, wie sich neue Konzepte auch im Ausland vermarkten lassen.

Was bringt das Auslandsengagement?

Im konsolidierten Jahresabschluss erwirtschaften wir ungefähr ein Drittel unserer Umsätze im Ausland. In Tokio, Shanghai, Singapur, Delhi, Moskau und Chicago haben wir Tochtergesellschaften, wir exportieren erfolgreich Messekonzepte und entwickeln mit Partnern neue Veranstaltungen. Mit diesem Auslandsengagement liegen wir im Vergleich zu anderen deutschen Messegesellschaften weit vorn.

Dann muss Ihnen der Ukraine-Konflikt und das verschlechterte Klima mit Russland Sorgen bereiten.

Wir haben ein Büro in Moskau, sind seit mehr als 50 Jahren in Russland vertreten und Marktführer unter den dort vertretenen Messegesellschaften aus dem Westen. Wir veranstalten in Moskau bis zu 16 Messen jährlich und haben dort erfolgreich einen Ableger der Drupa etabliert. Unser Geschäft hat sich immer positiv weiterentwickelt, egal ob im Kalten Krieg oder während der Auflösung der alten Sowjetunion. Wir verfolgen die Entwicklung aufmerksam, aber wir sind zuversichtlich.

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