Wie die Paketlieferung der Zukunft aussehen könnte, erlebte ein Dutzend Kinder vor einem Monat in Düsseldorf: Ein futuristisches Gefährt mit sechs Rädern und langer Antenne hielt vor dem Betriebskindergarten der Metro. Als sie das Dach öffneten, steckte er voller Süßigkeiten.
Starship heißt die Kiste auf Rädern, es ist der fortschrittlichste Lieferroboter. Und man kann ihm schon demnächst auf manchen deutschen Bürgersteigen begegnen.
Denn nachdem die Deutschland-Premiere noch auf dem Firmengelände der Metro stattfinden musste, wo keine spezielle Genehmigung erforderlich war, sollen noch in diesem Jahr Feldtests im echten Straßenverkehr stattfinden. „Während Starship in den vergangenen neun Monaten bereits Versuche in zwölf Ländern durchgeführt hat, werden wir nun Erfahrungen mit dem täglichen Betrieb und echten Lieferungen sammeln“, sagt Ahti Heinla, Chef von Starship Technologies.
Das Unternehmen wurde 2014 von den früheren Skype-Gründern Heinla und Janus Fris gegründet.
Die Tests sollen in London, Bern, Düsseldorf und in einer anderen deutschen Stadt beginnen. Partner in Deutschland ist neben der Metro auch der Logistikkonzern Hermes. „Wir haben Genehmigungen beantragt, um das in ein oder zwei deutschen Städten zu testen“, sagt Michael Otto, Aufsichtsratschef der Otto-Gruppe, zu der auch Hermes gehört.
Fakten zum Roboter
Die kleine Maschine, die eine gewisse Ähnlichkeit mit R2D2 aus Star Wars aufweist, wiegt zehn Kilogramm – und kann auch maximal zehn Kilo transportieren. Mit 6,5 Kilometern pro Stunde ist der Roboter nicht besonders schnell. Um den Inhalt vor Dieben zu sichern, kann nur der Kunde mit einer App die Boxen entsperren, in denen sich die Pakete befinden.
Um nicht mit Gegenständen oder gar Personen zu kollidieren, haben die Skype-Gründer ihren Roboter mit neun Kameras, einem GPS-System und einer selbst entwickelten Karten- und Navigationstechnologie ausgestattet. So soll der Roboter zu 99 Prozent der Zeit autonom fahren, in einem Radius von fünf Kilometern um ein Logistiklager.
Die Kunden können ein Zeitfenster auswählen, in dem der Roboter die Pakete bringen soll. Während der Auslieferung haben sie dann die Möglichkeit, den Weg des Roboters durch eine App in Echtzeit nachzuvollziehen.
Die Metro will die Tests zusammen mit der Media-Saturn-Unternehmensgruppe durchführen, an der sie beteiligt ist. „Mit den Robotern von Starship wollen wir bald in der Lage sein, unseren Kunden Lieferungen in nahezu Echtzeit anbieten zu können und dabei gleichzeitig äußerst kosteneffizient und nachhaltig bei Auslieferung auf den letzten Kilometern sein“, sagt Gabriele Riedmann de Trinidad, Group Director Business Innovation bei der Metro.
Otto lehnt Drohnen als Paketzusteller ab – und führt Roboter als Boten ein
Wie die Auslieferung der durch den Onlinehandel enorm steigenden Paketflut besser organisiert werden kann, beschäftigt derzeit viele Unternehmen. Amazon und DHL setzen dabei beispielsweise auf Lieferdrohnen. Doch daran glaubt der langjährige Chef des Versandhandelsriesen Otto nicht.
„Diese Flieger werden niemals Millionen von Paketen durch die Städte transportieren“, sagte Otto im Gespräch mit der WirtschaftsWoche. „Das klingt zwar alles sehr schön visionär, aber allein das Absturzrisiko ist viel zu hoch.“ Drohnen würden sich nur für Spezialfälle eignen, beispielsweise um schnell ein Medikament auf eine Nordseeinsel zu liefern.
Auch Starship-Gründer Heinla sieht bei Lieferungen per Drohne mehr Bedenken. Menschen hätten Angst vor Unfällen. „Außerdem befürchten sie, fotografiert und ausspioniert zu werden“, sagt Heinla. Dagegen hätten die bisherigen Tests gezeigt, dass Fußgänger den Roboter eher ignorieren, wenn sie ihm begegnen. Seit Beginn der ersten Tests Ende letzten Jahres, haben die Roboter über 8000 Kilometer unfallfrei zurückgelegt und sind dabei 400.000 Menschen begegnet.
Die Roboter können bis zu 15 Kilogramm auf eine Entfernung von fünf Kilometern befördern. In Zukunft sollen sie vollautomatisch auf den Gehwegen unterwegs sein.
Das Gerät erfasst seine Umgebung dafür mit neun Kameras. Die Räder sind so konzipiert, dass er auch Bordsteinkanten bewältigen kann. Aktuell ist vorgesehen, dass die Maschine nach jeder Runde für kurze Zeit an die Ladestation geht.
Bei bisherigen Tests an anderen Ländern wurden die Roboter meist noch von Menschen mitgesteuert, später soll ein Mitarbeiter über das Internet 50 bis 100 der Fahrzeuge überwachen und notfalls über das Internet eingreifen können. Starship peilt Kosten ein von rund einem Dollar pro Zustellung an. Der Roboter selbst kostet einige tausend Euro.
Und nicht nur Starship setzt auf fahrende Paketroboter: Die Pizza-Kette Domino's experimentiert in Australien mit einer ähnlichen Lösung.