Die Deag hat ihre Teilforderung nun maßgeblich auf die Liquiditätsklausel gestützt: Die CNG habe im März 2015 die angeforderte Liquidität in Höhe von 1,892 Millionen Euro für Künstlergagen nicht überwiesen und damit den Vertrag verletzt. Deag-Anwalt Cornelis Lehment von der Kanzlei Lubberger Lehment durfte sich im Dezember bei der mündlichen Verhandlung in Koblenz schon vom Vorsitzenden Richter Dühr anhören, dass das Gericht diesen Anspruch so nicht sehe. Einen Anspruch auf Gesamtabrechnung zog Dühr in Betracht – bemängelte aber, dass die Deag diese bis dato nicht vorgelegt habe.
Die CNG will sich auf Anfrage aktuell nicht äußern, lässt aber durchblicken, dass ihr bislang keine Gesamtabrechnung zugestellt worden ist. Die Deag antwortet auf Fragen der WirtschaftsWoche nicht. Ihr Presserechts-Anwalt Christian Schertz schickt bloß ein rechtliches Informationsschreiben, in dem er wortreich darlegt, nichts zu sagen.
Für die Deag eher misslich: Sie hat beim Landgericht Hamburg noch eine zweite Klage gegen ein Konsortium um die Gothaer Versicherung eingereicht. Dort hatte die Deag eine Ausfallversicherung für das Festival abgeschlossen und will diese um eine Klausel erweitert haben, dass die Versicherung auch bei Vertragsbruch des Partners („Breach of Contract“) zahlen muss. Den Vertragsbruch stützt die Deag unter anderem darauf, dass die Nürburgring-Betreiber ihren Pflichten aus der Liquiditätsklausel nicht nachgekommen seien.
Dass das Landgericht Koblenz den Anspruch daraus in der ersten Instanz verneint hat, erhöht die Chancen der Deag in der Auseinandersetzung mit der Versicherung sicher nicht.
Auf ganzer Linie verkalkuliert
Auch zur Klage gegen die Versicherung äußert sich die Deag nicht. Die Gothaer Versicherung teilt auf Anfrage nur mit, dass sie eine Abweisung der Klage beantragt hat. Nach Auskunft des Landgerichts Hamburg ist bislang noch kein Verhandlungstermin angesetzt worden. Auch diese Forderung wird sich also für die Deag, wenn überhaupt, nicht kurzfristig realisieren lassen.
Die zehn größten Musikfestivals nach Umsatz 2014
Das Bravalla Festival in Schweden zog im vergangenen Jahr fast 60.000 Besucher an. Die spülten 16,3 Millionen US-Dollar in die Kassen der Betreiber.
Quelle: Pollstar
70.000 Besucher lockten die Betreiber von Rock im Park im vergangenen Jahr nach Nürnberg. Damit machten sie einen Umsatz von 16,7 Millionen US-Dollar.
Das Lollapalooza Chile spielte einen Umsatz von 16,8 Millionen US-Dollar ein. Verkauft wurden dafür 110.000 Tickets.
Zum Stagecoach in den USA kamen 190.000 Besucher. Die Betreiber machten damit im vergangenen Jahr einen Umsatz von 18,6 Millionen US-Dollar.
Das Outside Lands Music & Arts Festival in San Francisco lockte mehr als 200.000 Besucher. Der Umsatz betrug 19 Millionen US-Dollar.
Rock am Ring ist das größte deutsche Festival. Im vergangenen Jahr kamen 82.000 Besucher zum Nürnburgring und sorgten für einen Umsatz von mehr als 20 Millionen US-Dollar.
Das Lollapalooza in den USA lockte vergangenes Jahr 300.000 Festival-Besucher. Die Betreiber machten einen Umsatz von 28,8 Millionen US-Dollar.
Zehn Millionen US-Dollar mehr spielte Austin City Limits Music in den USA ein. 450.000 Tickets verkauften die Veranstalter.
Das zweit-umsatzstärkste Festival der Welt ist das Mysteryland – ein Festival das ebenfalls in den USA stattfindet. 48 Millionen US-Dollar betrug der Umsatz 2014. Verkauft werden mussten dafür nur 40.374 Tickets.
Das umsatzstärkste Festival der Welt ist das Coachelle Valley Music & Arts Festival. 579.000 Besucher generierten vergangenes Jahr einen Umsatz von 78 Millionen US-Dollar.
In Koblenz wiederum hat auch die CNG schwere Vorwürfe gegen die Deag erhoben: Diese habe selbst ihre vertraglichen Pflichten verletzt. Die Prozessakten zeigen, dass sich die Deag bei ihrem mit großem Bohei angekündigten Eintritt in Rockfestivalmarkt komplett verkalkuliert hat. Beim Start des Ticketverkaufs im November 2014 hatte sie noch einen „Wachstumsschub durch massiven Eintritt in den Rockfestivalmarkt“ angekündigt und einen „profitablen Zusatzumsatz von mehr als 30 Millionen Euro im Jahr 2015“ in Aussicht gestellt. Doch das Rockfestival in der grünen Hölle entwickelte sich zum Inferno mit tiefroten Zahlen.
Bei Abschluss des Kooperationsvertrags stellten Deag und CNG ein vorläufiges Budget auf, entwickelten drei Szenarien, die in der Koblenzer Prozessakte zu finden sind. Im optimistischsten Szenario – wenn das Festival mit rund 85.000 Karten ausverkauft gewesen wäre – rechneten sie mit 3,8 Millionen Euro Gewinn. Selbst im pessimistischsten – wenn nur 50.000 Karten verkauft werden sollten – erwarteten sie noch eine gute halbe Million Euro Gewinn. Diese Rechnung ging von vorne bis hinten nicht auf.