Peter Schwenkow gibt sich alle Mühe, die Folgen des geplatzten Rockfestivals am Nürburgring für die Deutsche Entertainment AG (Deag) herunterzuspielen. „Im Zusammenhang mit den Investitionen im Festivalsegment machen wir hohe, juristisch positiv beurteilte Forderungen geltend, von denen wir ausgehen, sie kurzfristig realisieren zu können“, schreibt der Chef des börsennotierten Berliner Konzertveranstalters im September bei der Vorlage der Halbjahreszahlen an seine Aktionäre.
Doch inzwischen ist das Jahr 2015 vorbei – und die Forderungen sind immer noch nicht realisiert. Am Donnerstag hat das Landgericht Koblenz bekanntgegeben, dass es die Klage der Deag gegen die Nürburgring-Betreibergesellschaft Capricorn Nürburgring GmbH (CNG) abgewiesen hat. 1,892 Millionen Euro wollte die Deag von ihrem ehemaligen Kooperationspartner, als erste Teilzahlung. In der mündlichen Verhandlung Ende Dezember ließ der Vorsitzende Richter Andreas Dühr allerdings schon durchklingen, dass das Gericht den von der Deag geltend gemachten Anspruch nicht sehe.
Ein herber Schlag für die Deag, die nun entscheiden muss, ob sie Rechtsmittel gegen das Urteil einlegt und vor das Oberlandesgericht zieht. Schafft sie es nicht, die Kosten für das Festivaldesaster einzuklagen, zeichnen sich für das Geschäftsjahr 2015 verheerende Zahlen ab.
Im Halbjahresbericht tönte Schwenkow zwar noch, das „adjustierte Ebit“ (Gewinn vor Zinsen und Steuern) liege deutlich über Vorjahr, der Umsatz um 23 Prozent im Plus. „Dies verdeutlicht, dass wir unsere seit Jahren erfolgreiche Strategie mit guten Fortschritten konsequent umsetzen und ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und freue mich, dass Sie uns auf diesem Weg als Aktionäre begleiten.“ Doch das adjustierte Ergebnis ist nur eine Kunstzahl. All das Geschwurbel kann nicht verdecken, dass der Deag schmerzhafte Verluste drohen, wenn sie juristisch scheitert.
Konzertveranstalter drohen katastrophale Zahlen
Mit weit weniger Getöse nahm die Deag nämlich auch eine Gewinnwarnung in den Halbjahresbericht auf. „Für den Fall, dass sich die oben genannten Forderungen trotz positiver Einschätzung der Rechtsanwälte nicht mit Berichtsjahr realisieren“, heißt es da, rechnet der Vorstand „mit einer Unterschreitung der Ergebnisprognose für 2015“. In Zahlen liest sich die Lage noch dramatischer.
Ohne den Kniff mit der Adjustierung lag das Ebit zum Halbjahr bei minus 8,5 Millionen Euro. Nach Steuern stand sogar ein Verlust von 9,3 Millionen Euro zu Buche, im Vorjahreszeitraum hatte es noch einen Gewinn von rund drei Millionen Euro gegeben. Das Eigenkapital schmolz im ersten Halbjahr von 44,3 auf 35,4 Millionen Euro zusammen (minus 20 Prozent), die Liquidität halbierte sich von 55 auf 27,2 Millionen Euro. Bei Vorlage der Neunmonatszahlen im November sah die Situation nicht besser aus. Die Deag griff wieder zum selben Trick und wies auch ein adjustiertes Konzernergebnis von 1,3 Millionen Euro aus, doch wenn man die Regressforderungen nicht einrechnet, steht ein Minus von stattlichen 13,2 Millionen Euro.
Die Niederlage in Koblenz kommt für die Deag äußerst ungelegen. Der Fall ist juristisch verworren. Nach einem Streit über die Vorlaufkosten war das Festival am Nürburgring im Frühjahr 2015 geplatzt und kurzfristig nach Gelsenkirchen verlegt worden. Im Kooperationsvertrag zwischen Deag und der Nürburgring-Betreibergesellschaft CNG gibt es eine Liquiditätsklausel. Die besagt: Reichen die Einnahmen aus dem Ticketverkauf nicht aus, um die vorab anfallenden Kosten zu decken, müssen Deag und Nürburgring die erforderlichen Mittel je hälftig bereitstellen. Zugleich regelt der Vertrag an anderer Stelle auch die Verteilung des Gesamtergebnisses: Gewinn oder Verlust sind ebenfalls je hälftig zu verteilen.