Missmanagement Roland Berger ist sich selbst ein schlechter Berater

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Deutliches Sparprogramm

Burkhard Schwenker Quelle: Arne Weychardt für WirtschaftsWoche

Wie es um das Unternehmen tatsächlich bestellt ist, wissen nur wenige. Seit 2006 hat Berger keinen Geschäftsbericht mehr im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht. Wie bei den meisten Konkurrenten gelten Details der Entwicklung als geheim. Geschätzt lag der deutsche Jahresumsatz zuletzt bei 445 Millionen Euro. Immer wieder ist zu hören, dass Berger selbst in Deutschland zuletzt Verlust gemacht haben soll, was die Beratung jedoch entschieden dementiert.

Die Entscheidung über einen Verkauf haben die Berater Ende Juli erst einmal vertagt. Stattdessen beschlossen sie ein Revirement: Die oberste Führungsebene bildet künftig ein Trio. Frühere Superstars wie Portugal-Chef António Bernardo finden sich nun im zweiten Glied der Regionalverantwortlichen wieder. Bernardo hatte über Jahre das Kunststück fertiggebracht, in Portugal mit der in anderen Ländern nicht sonderlich profitablen Beratung des öffentlichen Sektors Millionen zu scheffeln. Die Euro-Krise hat dieses Geschäft jedoch vaporisiert.

Als Mann der Zukunft gilt im Top-Trio der Franzose Charles-Edouard Bouée, der das Geschäft in seinem Heimatmarkt und in Asien leitet. Er hat an Elite-Unis studiert, sich auf die Beratung bei Übernahmen spezialisiert und ist ein „Verkäufertyp wie Roland Berger selbst“, sagt einer, der ihn gut kennt. Insider sehen in ihm den wahrscheinlichen Nachfolger Schwenkers – wenn der den Chefposten nach Klärung der Eigentumsverhältnisse räumen sollte.

Derzeit zieht der amtierende Chef erst mal ein Sparprogramm durch. Zwar soll es keine Entlassungen geben, dafür aber deutliche Kürzungen bei den Sachkosten. So geben die Berater ihr Hauptquartier in den Highlight Towers im Münchner Norden auf, das sie erst 2006 mit großem Tamtam bezogen hatten. Neue Heimat wird ein Gebäude am Tucherpark – vor allem, weil die Miete dort deutlich günstiger ist.

In den Sparbemühungen sehen Insider den Wunsch, die „Braut hübsch zu machen“, wie es in München heißt. Der Käufer soll das Unternehmen im Bestzustand bekommen. Doch es ist fraglicher denn je, ob es überhaupt zur Hochzeit kommt. Je länger sich die Verhandlungen mit potenziellen Käufern hinziehen, desto unwahrscheinlicher wird der Abschluss.

Interessiert waren die drei großen Wirtschaftsprüfer Deloitte, PricewaterhouseCoopers (PwC) und Ernst & Young. Mit Deloitte schien bereits 2010 alles für einen Zusammenschluss klar, bis die Beratung auf Initiative ihres Gründers den Deal in letzter Sekunde abblies. Dennoch riss der Kontakt nie ab. Inzwischen tendieren die Chancen, handelseinig zu werden, allerdings wieder „gegen null“, berichten Eingeweihte. Hinsichtlich der Struktur könne oder wolle Deloitte-Chef Barry Salzberg keine akzeptable Lösung bieten. Die Prüfer sind ebenfalls verschnupft: Man wolle sich nicht an einem Bieter-Wettkampf beteiligen, den Berger mit der Bestätigung von Verkaufsverhandlungen angezettelt habe.

Ernst & Young ist Berger bei den Verhandlungen weit entgegenkommen: Die Berater könnten rechtlich eigenständig bleiben und ihren Firmennamen behalten. Im Gegenzug für versprochene Millionen-Investitionen für den Ausbau müssten sie sich allerdings vertraglich auf Dauer an die Prüfer binden – „ohne Ausstiegsmöglichkeit“, wie ein Insider moniert. Ernst & Young gilt deshalb als zweite Wahl.

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