Missmanagement Roland Berger ist sich selbst ein schlechter Berater

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Grenzen überschritten

Tipps für neue CEOs
Schnelle TeambildungWer an der Spitze steht, wie VW-Chef Martin Winterkorn, braucht ein Team in seiner Umgebung, auf das er sich verlassen kann. Ob Vorstandskollege, Pressesprecher oder persönliche Assistenz: Hier zählt nur absolute Loyalität. Wer die nicht mitbringt, fliegt. Denn ohne Vertrauen ins direkte Umfeld kann kein CEO erfolgreich arbeiten. Machtkämpfe blockieren wichtige Entscheidungen und kosten unnötig Nerven. Quelle: dpa
Ein Mann hört zu Quelle: Fotolia
Ein Modell sitzt auf einem Wagen Quelle: dpa
Ein Computer und eine Uhr Quelle: Fotolia
Eine Jahresbilanz und ein Glas Wasser Quelle: dpa
Anshu Jain trifft Angela Merkel Quelle: dpa
Die Einladung von Horst Seehofer zu einer Facebook-Party Quelle: dpa

Schon jetzt liegen der Beratung zudem etliche Ehemalige auf der Tasche – eine Roland-Berger-Spezialität. Bei anderen Beratungen zählt das Alumni-Netzwerk zu den wertvollsten Gütern, von den Kontakten profitiert das Unternehmen. Berger dagegen hat es geschafft, einen Großteil der ehemaligen Führungskräfte zu vergrätzen.

Die hatten beim Rückkauf der Anteile von der Deutschen Bank Bürgschaften übernommen und dafür stimmrechtslose Anteile an der Beratung erhalten, deren Auszahlung diese dann Jahr um Jahr verzögerte. Nachdem die WirtschaftsWoche 2010 darüber berichtet hatte, schlossen sich mehr als 50 frühere Partner zusammen, um juristisch gegen ihr Ex-Unternehmen vorzugehen. Mit Erfolg: Im Frühjahr gab es einen Vergleich über 40 Millionen Euro, Ende August hat Berger die erste Rate überwiesen. „Was ist das für ein Unternehmen, das sich so einen Konflikt leistet“, wundert sich ein Beteiligter.

Die mangelnde Geschlossenheit ehemaliger und aktiver Berger-Partner ist auch eine Folge von Person und Führungsstil des Gründers. Obgleich die Aussagen der Ehemaligen mitunter von individuellen Frustrationen geprägt sind, stimmen ihre Einschätzungen im Grunde überein. Sie beschreiben Berger als eitlen Gutsherrn, der mögliche Widersacher aus dem Unternehmen drängte und dafür überehrgeizige Gefolgsleute förderte und mit zusätzlichen Geldspritzen belohnte. Das Entlohnungssystem war nie auch nur ansatzweise transparent. „Eine Kultur der Zusammenarbeit ist nur mühsam gewachsen und immer wieder zerstört worden“, klagt ein Insider.

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Ohne Berger wäre die Beratung allerdings auch nichts. Der gesellige Gründer pendelte nicht nur zwischen seinen Herzensstädten München und Berlin hin und her, sondern im Dienst des Unternehmens um die ganze Welt, wo er es auf einzigartige Weise verstand, Kontakte zu knüpfen und Mächtige für sich einzunehmen. Doch die eigene Unentbehrlichkeit ist ihm offenkundig allzu sehr bewusst geworden. So sicherte er sich bei seinem Ausscheiden vom operativen Chefposten ein Vetorecht gegen alle wichtigen Entscheidungen und funkte zumindest in den ersten Jahren eifrig im Tagesgeschäft dazwischen.

So überschritt der „Gröbaz“, der größte Berater aller Zeiten, wie Kritiker ihn verhöhnen, mit seinem Multi-Engagement immer wieder Grenzen. Nicht vermittelbar war vor allem Bergers Rolle bei der Opel-Rettungsaktion 2009. Während seine Beratung ein Sanierungskonzept für die Tochter des insolventen US-Autoherstellers GM ausarbeitete, ließ sich Roland Berger vom damaligen Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg zum Unterhändler berufen, der einen Privatinvestor suchen sollte. Der angeblich neutrale Unterhändler Berger saß gleichzeitig auch noch im Aufsichtsrat von Fiat – neben dem kanadisch-österreichischen Autozulieferer Magna der Hauptinteressent an Opel.

Auch mit anderen Privataktivitäten eckte Berger intern und extern immer wieder an. Denn der Gründer betätigt sich nicht nur als Kunstmäzen und Wohltäter. Nebenbei ist Berger auch noch Finanzinvestor, der – zeitweise mit dem früheren Arcandor-Chef Thomas Middelhoff als Partner – sanierungsbedürftige Firmen aufkauft.

Nun steht das Unternehmen am Scheideweg. Falls sich die Fusionsbemühungen endgültig zerschlagen, muss ein Plan B her. Einen kompletten Zerfall wird es aller Widrigkeiten zum Trotz auf absehbare Zeit nicht geben, aber ewig weiterwursteln geht auch nicht. Eine Option wäre die Rückkehr zu den Kernkompetenzen, was jedoch größere Einschnitte und eine dauerhafte Existenz als Nischenanbieter zur Folge hätte.

Wie geht es weiter? Roland Berger könnte derzeit einen guten Berater brauchen.

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