Musik Das lukrative Firmenimperium der Toten Hosen

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Meister der Vermarktung

Die zehn erfolgreichsten Tourneen 2011
Platz 10: Sade AduAuf Platz zehn der erfolgreichsten Tourneen 2011 landet die R&B-Sängerin Sade Adu mit ihrer Band Sade. Zu den 59 Konzerten der Tournee kamen insgesamt fast 600.000 Besucher. Damit nahm die mehrfache Grammy-Preisträgerin 53.178.550 US-Dollar (40.320.402 Euro) ein. Nach einer langen Pause war die Band 2010 mit dem Album „Soldier of Love“ und einer Doppel-CD der größten Hits ins Rampenlicht zurückgekehrt und begann ihre erfolgreiche Welttournee. Die nigerianisch-britische Bandleaderin lässt sich viel Zeit zwischen ihren Veröffentlichungen und meidet den roten Teppich.
Platz 9: André RieuEr gilt als Traumprinz aller Großmütter und zieht bei seinen vielen Konzerten eine Menge Fans an. Der niederländische Geiger André Rieu gab in der vergangenen Saison 102 Konzerte und lockte damit 657.757 Besucher an. Der Salonmusiker weiß sich zu inszenieren und wählt als Kulisse für seine Konzerte oft ein pompöses Schloss. Wer sich so zu vermarkten weiß, kann auch mit ordentlichen Einnahmen rechnen: Über 50 Millionen Euro spülten die Konzertbesucher in die Tournee-Kasse – Platz neun unter den erfolgreichsten Konzerttourneen. Quelle: AP
Platz 8: Lady GagaAuch Lady Gaga hat im vergangenen Jahr ordentlich Kasse gemacht. Die schrille Stil-Ikone nahm insgesamt knapp 72 Millionen US-Dollar (55 Millionen Euro) durch Konzerte ein und erreicht Platz 8 im Ranking der erfolgreichsten Tourneen. Ihre Single-Auskopplung „Born This Way“ landete innerhalb weniger Stunden nach Erscheinen auf Platz Eins der der meisten Download-Portale. Die exzentrische New Yorkerin war 2008 mit ihrem Album „The Fame“ auf dem unter anderem auch „Poker Face“ zu hören ist berühmt geworden und gehört heute zu den kommerziell erfolgreichsten Musikern weltweit. Quelle: dpa
Platz 7: UsherNoch erfolgreicher war der R&B-Sänger Usher. Zu seinen Konzerten kamen 2011 insgesamt 922.327 Besucher – damit landet er auf Platz 7. Alle zusammen bezahlten rund 75 Millionen Dollar für ihre Eintrittskarten. Zusammen mit den US-amerikanischen Rappern Ludacris und Lil Jon hatte er 2004 mit „Yeah“ seinen ersten Nummer 1-Hit in Deutschland gelandet. Von da an gehörten seine CDs zum festen Bestandteil der deutschen R&B-Gemeinde. Neben seiner eigenen Karriere kümmert sich Usher auch um den musikalischen Nachwuchs. Er gilt als Mentor der kanadischen Teenie-Stars Justin Biber. Quelle: dpa
Platz 6: Kenny ChesneyAuf Platz sechs ist der Country-Sänger Kenny Chesney der erste der mit seiner Tournee die Besuchermarke von einer Million knackt. 1.160.132 Besucher strömten zu seinen Konzerten und brachten insgesamt knapp 85 Millionen US-Dollar (64 Millionen Euro) mit. Er gehört zu den Top Drei der finanziell erfolgreichsten Musiker weltweit und hatte schon mehr als 30 Top-Ten-Singles in den Billboard-Country-Charts. Auch mit seinem Privatleben sorgte der Sänger schon für Aufsehen. Seine Ehe mit Oscar-Preisträgerin Renée Zellweger hielt nur vier Monate. Quelle: REUTERS
Platz 5: Taylor SwiftNoch mehr Zuschauer hatte die Country-Pop-Sängerin Taylor Swift, die 2011 die finanziell erfolgreichste Musikerin weltweit war. 1.356.720 Fans waren live dabei, als sie ihre selbst geschriebenen Songs aus dem 2010 veröffentlichten Album „Speak Now“ sang. Die Platte hatte sich in den USA innerhalb einer Woche mehr als eine Million Mal verkauft. Neben ihrer Karriere als Musikerin spielt sie hin und wieder auch in Filmen mit. So zum Beispiel 2009 in „Hannah Montana – Der Film“ oder in einer Gastrolle in der Fernsehserie „CSI“. Quelle: REUTERS
Platz 4: Roger WatersAuf Platz vier landet Roger Waters. Der Sänger und Bassist, der sich zu den Gründungsmitgliedern der legendären Rockband „Pink Floyd“ zählen darf, ist auch als Solist höchst erfolgreich. Zu seinen 92 Shows kamen 1.362.993 Besucher. Und die spülten ordentlich Geld in die Kasse des Musikers: 185.175.360 US-Dollar (113.677.582 Euro) bezahlten die Fans insgesamt für ihre Eintrittskarten. Während seiner Tournee trat er am 12. Mai 2011 auch mit zwei ehemaligen Bandkollegen (David Gilmour und Nick Mason) von Pink Floyd auf. Quelle: dapd

Für die Devotionalien der Toten Hosen dagegen zeichnet eine Kauf Mich GmbH im bayrischen Trostberg verantwortlich. Auch hier herrschen ähnliche Beteiligungsverhältnisse. Einzige Ausnahme: Geschäftsführer Wolfgang Huber, ein Altpunker aus dem Freistaat, kommt als gleichrangiger Gesellschafter hinzu.

Die Lizenz- und Verlagsrechte wiederum sind in verschiedenen rechtlich eigenständigen Musikverlagen gebündelt, darunter PKM, die Abkürzung steht für „Patricks Kleiner Musikverlag“. Patrick Orth, Geschäftsführer des Plattenlabels JKP, stand bei der Namensgebung Pate. Zwar gingen im März dieses Jahres die Rechte fast aller Songs der Band, die seit 1996 erschienen sind, an die Bertelsmann-Tochter BMG. Doch die Werke aus den besonders erfolgreichen Anfangsjahren bleiben in den Händen der Düsseldorfer.

Die Konzerte der Toten Hosen organisiert KKT, ausgeschrieben: Kikis Kleiner Tourneeservice, mit Sitz in Berlin. Von hier aus lenkt Kiki Ressler, ein alter Freund der Band, das Veranstaltungsgeschäft, ist aber nicht an dem Unternehmen beteiligt.

Die Einkünfte, die die Firmen erzielen, selbst wenn es um die Autorenrechte oder Lizenzen für Songs geht, werden laut Tote- Hosen-Biograf Skai zu gleichen Teilen unter den Bandmitgliedern einschließlich Manager Hülder aufgeteilt. Ausnahme ist Schlagzeuger Ritchie. Er ersetzt seit 1999 den ursprünglichen Drummer Wolfgang „Wölli“ Rohde, der aus Gesundheitsgründen die Formation verlassen hat. Engländer Ritchie trommelt auf Honorarbasis mit.

Gleiches Geld für Alle

Der bandinterne Kommunismus plus Gewinnmaximierung gilt als Ausnahme in der Branche: Üblicherweise teilen die Songautoren ihre entsprechend bezogenen Tantiemen nicht mit dem Rest der Band. Es gibt allerdings noch andere prominente Ausnahmen: Bei U2 teilen sich die vier Bandmitglieder plus Manager ebenfalls das Gros der Einnahmen.

Der Durchbruch bei der Eigenvermarktung gelang der Band, indem Manager Hülder 1995 das Plattenlabel JKP gründete. Zwar benötigten die Düsseldorfer dafür einen Partner, den er nach einigem Suchen in Eastwest fand, einer Tochter der Deutschland-Dependance des US-Medienriesen Warner. Doch Hülder gelang es, den Multi in eine Nebenrolle zu drängen.

Anders als bei gängigen Plattenverträgen mussten sich die Amerikaner mit der Auslieferung der Toten-Hosen-Tonträger über das Distributionsnetz des Konzerns begnügen. Der größte Brocken der Wertschöpfung blieb so bei den Toten Hosen. „Früher bekam die Plattenfirma 85 Prozent und wir 15. Jetzt ist es umgekehrt“, wurde damals Hülder zitiert. „Ich habe aus vier Akkorden das Beste rausgeholt, warum soll die Band nicht rausholen, was ihr zusteht?“

Auf diese Weise nordete Hülder offenbar die Punker auf Profit ein. „Eine Plattenfirma muss heute mehr sein, als sie das im klassischen Sinne war“, sagte Bandleader Campino Jahre später. „Es reicht nicht mehr aus, einfach nur Bindeglied zwischen Presswerk und einer Band zu sein und zwei, drei Flyer rauszubringen.“ Darum machten die Toten Hosen immer mehr selbst: ob Studioproduktion, Cover-Gestaltung, CD-Pressung, Marketing oder Promotion. „Die Plattenkonzerne tobten vor Wut, zumal es Hülder verstand, Eastwest auf einen millionenschweren Vorschuss festzunageln“, erinnert sich der Berliner Musikunternehmer Tim Renner.

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