Musik Das lukrative Firmenimperium der Toten Hosen

Seite 3/3

Neue Perspektiven

Die Mitglieder der Toten Hosen Quelle: dpa

Mit ihrem Schritt zum Musikunternehmen eröffneten die Toten Hosen vielen anderen Bands eine neue wirtschaftliche Perspektive jenseits der Konzerne. Die Ärzte, Xavier Naidoo, Kettcar, Fettes Brot oder Zweiraumwohnung machen es den Düsseldorfern heute über weite Strecken nach.

Die Toten Hosen gehen sogar noch einen Schritt weiter und bieten unter ihrem Label auch fremden Künstlern eine wirtschaftliche Heimat. Bekannte Hip-Hop-Bands wie Ohrbooten oder der Liedermacher Funny van Dannen haben einen Plattenvertrag mit der Toten-Hosen-Firma JKP.

Gewinnbringende Verbindungen zu alten Bekannten

Anderen Bands offerieren die Düsseldorfer einen Managementvertrag mit Promotion- und Medienberatung bis hin zur Kontaktanbahnung mit Sponsoringpartnern. JKP verlangt dafür ein Honorar, das branchenüblich 15 bis 25 Prozent des Umsatzes beträgt, den die Künstler machen. Neuester Kunde ist die Düsseldorfer Punk-Band Broilers. Deren Sänger Sammy Amara hatte einst als Grafikdesigner für die Toten Hosen T-Shirts entworfen.

Die Toten Hosen rekrutieren die Manager für ihre Geschäft aus ihrem weiten Kreis an loyalen Freunden und Bekannten. Geschäftsführer der Plattenlabel-Firma JKP ist zum Beispiel Patrick Orth. Der gebürtige Hesse war früher Produktmanager der britischen Plattenfirma Virgin Records, die in den Anfangsjahren Partner der Toten Hosen waren. Heute lenkt Orth das operative Geschäft des Labels, während Manager Hülder im Hintergrund die Fäden zieht.

Vom Aushilfsjobber zum Chef brachte es gar KKT-Geschäftsführer Ressler. Heute oberster Konzertmann, arbeitete sich der Altpunker seit 1982 vom Kassierer der ersten Konzerte der Toten Hosen über den Fahrer und Roadie bis zum Tourneeleiter hoch. Für die Toten Hosen ist KKT eminent wichtig: Etwa 60 Prozent nimmt die Gruppe inzwischen mit Liveauftritten ein.

Längst arbeitet KKT nicht mehr nur für seine Eigentümer. 31 Bands und Künstler, darunter auch ewige Rivalen der Toten Hosen wie Die Ärzte, Beatsteaks und Fettes Brot, bedienen sich der Tote-Hosen-Firma und überweisen einen Teil der Konzertgage an sie. Wie viel, das verschweigen die Toten Hosen. Nach Abzug der Kosten dürfte allerdings ein stattlicher sechsstelliger Betrag jedes Jahr in ihre Taschen wandern.

Mit Merchandising auf der Jagd nach Profit

Bei der Jagd nach dem Profit entfalten die Punker kapitalistische Fantasie. Im Zentrum steht Bayer Huber, den die Düsseldorfer Jungs 1984 bei einem Auftritt im Chiemgau kennenlernten. Sechs Jahre später machten sie Huber mit der Gründung ihrer Merchandising-Firma Kauf Mich zu ihrem Partner. Vorherige Versuche, das lukrative Geschäft mit Fanartikeln auf andere Firmen zu übertragen, waren gescheitert.

Seitdem haben die acht Mitarbeiter bei Kauf Mich tüchtig zu tun. Bis zu 500 Päckchen gehen täglich von Bayern hinaus in die Welt. Zu den Versandartikeln gehören T-Shirts, Kapuzenpullis wahlweise mit Knochenadler oder Totenkopf-Logo, Autokennzeichenhalter mit dem Slogan „Im Auftrag des Herrn“, Ledergeldbörsen, Uhren, CDs, DVDs und Konzerttickets. Selbst Hochprozentiges macht Kauf Mich zu Geld. Da die Drinks aus den alten Band-Gassenhauern „Eisgekühlter Bommerlunder“ und „Zehn kleine Jägermeister “ von gestern sind, verkaufen Die Toten Hosen ihrer reiferen Fangemeinde inzwischen trockenen Riesling der Sorte „Weißes Rauschen“, sechs Flaschen für 66 Euro.

Mit der Ausweitung des Merchandising-Geschäftes versucht die Gruppe, die Rückgänge im Tonträgergeschäft zu kompensieren. Inzwischen dürfte etwa jeder fünfte Euro im Portemonnaie der Toten Hosen und ihres Managers aus diesem Bereich kommen. CDs, einst wichtigster Umsatzträger, tragen nach früheren Aussagen des Managers Hülder nur noch ein Fünftel zu den Gesamteinnahmen bei.

Um das Maximale herauszuholen, wollen sich Campino, Kuddel, Andi und Breiti nicht einmal auf die Gema verlassen, die bei Veranstaltern, Medien und Gastronomen Gebühren für die dort abgespielten Musikstücke eintreibt.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%