Symptomatisch dafür ist die Müngstener Brücke. Als vor zwei Jahren die Sanierung der höchsten deutschen Eisenbahnbrücke bei Solingen in Nordrhein-Westfalen anstand, berechneten die Statiker der Netzsparte das Gewicht der Regionalzüge falsch. Sie vergaßen schlichtweg das Gewicht der Passagiere. Das Eisenbahnbundesamt ließ die Brücke sperren. Ein halbes Jahr lang mussten mehrere Tausend Passagiere pro Tag mit dem Ersatzbus pendeln.
Gleichzeitig erweist sich die These vom Diskriminierungspotenzial integrierter Bahn-Konzerne als bittere Realität. Auf Druck der EU-Kommission lenkt die Bahn gerade ein, Wettbewerbern Teile der Stromrechnung zu erlassen. Die Mengen- und Laufzeitrabatte sind in der Praxis nur für Züge der Deutschen Bahn interessant – ein Nachteil für die Konkurrenz.
Als Opfer sieht sich auch der Betreiber des Fernzugs HKX zwischen Hamburg und Köln. Der Wettbewerber hatte mit der Bahn im Frühjahr 2010 die Preise für die Stopps an den Bahnhöfen vereinbart. Kein halbes Jahr später, im September 2010, setzte der Staatskonzern die Zuglänge, von der an ein Halt deutlich mehr kostet, von 180 Meter auf 170 Meter herab. HKX sollte deshalb an fünf Tagen die Woche, an denen die Züge 178 Meter lang sind, weit mehr als doppelt so viel bezahlen wie geplant. Nur auf Druck der Bundesnetzagentur gab die Bahn nach.
Für die Politik ist das Maß voll. Ziel müsse es sein, „das Schienennetz als separaten Infrastrukturdienstleister unabhängig zu machen, der Zugtrassen und Bahnhöfe diskriminierungsfrei zur Verfügung stellt“, sagt der FDP-Verkehrspolitiker Oliver Luksic. Auch sein Grünen-Kollege Anton Hofreiter fordert „endlich eine Trennung des Schienennetzes“.
Selbst die SPD schwenkt auf einen härteren Kurs ein. Sollte etwa eine Selbstverpflichtung der Bahn nicht ausreichen, die Gewinne aus dem Netz zu reinvestieren, oder der Rückfluss der Bahn-Dividende ins Netz nicht garantiert werden können, müsse „auch geprüft werden, ob die Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge zwischen Holding und DB Netz AG in der jetzigen Form unserem Ziel, alle Trasseneinnahmen für die Schieneninfrastruktur zu verwenden, entgegenstehen“, heißt es in einem Fraktionspapier.