Nach Unfall von Bill McDermott Bei SAP sind die Deutschen auf dem Vormarsch

Nach dem Unfall von Vorstandschef Bill McDermott schieben sich bei SAP deutsche Manager in den Vordergrund. Übernehmen sie die Konzernspitze?

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SAP: Nach dem Unfall von Bill McDermott sind drei Vorstände in Lauerstellung auf zwei Chefsessel. Quelle: Bloomberg

Bei SAP läuft es diesmal anders als in den Vorjahren. Der Softwarekonzern hat wie immer zur Bilanzpressekonferenz an den Firmensitz im badischen Walldorf eingeladen, für das Unternehmen das größte Medienereignis des Jahres. Doch anders als sonst präsentiert nicht der Vorstandsvorsitzende, seit 2010 der Amerikaner Bill McDermott, die Zahlen des Geschäftsjahres. Statt seiner gehört Finanzchef Luka Mucic, Produktchef Bernd Leukert und Vertriebschef Robert Enslin die Bühne. McDermott erzählt derweil auf dem Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos die Geschichte seines Unfalls samt Nahtoderfahrung im vergangenen Sommer – und ist nur per Telefon zugeschaltet.

Die Szene , die sich so Ende Januar abspielte, ist mehr als eine Randnotiz wert: McDermotts spektakulärer Unfall, durch den der 54-jährige Amerikaner, laut eigener Darstellung, beim Sturz mit einem Trinkglas sein linkes Auge verlor, scheint bei Deutschlands Vorzeige-IT-Konzern eine Trendwende zu markieren.

Produktchef Bernd Leukert

„Bei SAP gibt es eine schleichende Re-Germanisierung“, sagt ein langjähriger Unternehmenskenner. Seit McDermott nach seinem Unfall wochenlang mehr oder weniger ausfiel, hätten sich Manager aus Deutschland auffällig in den Vordergrund geschoben. Erst Ende der vergangenen Woche berief der Aufsichtsrat neben dem amerikanischen Cloud-Chef Steve Singh den deutschen Personalchef Stefan Ries in den Vorstand. Dort sitzen nunmehr fünf Deutsche drei Amerikanern gegenüber. Mehr noch: Inzwischen gibt es sogar Spekulationen, McDermott könnte ausscheiden und durch eine Doppelspitze ersetzt werden.

Als Kandidaten gehandelt würden Finanzchef Mucic und sein Produktkollege Leukert, sagen unabhängig voneinander ein SAP-Arbeitnehmervertreter sowie ein Ex-SAP-Manager, der beste Verbindungen in die Zentrale unterhält. Mucic ist 44 Jahre alt, Jurist und seit Mitte 2014 im SAP-Vorstand für Finanzen und das operative Geschäft verantwortlich. Leukert zählt 47 Jahre, ist Wirtschaftsingenieur und ebenfalls seit Mitte 2014 Mitglied der Konzernleitung. SAP erklärt dazu, es gebe keine Diskussion über eine Doppelspitze. „Die Nachfolge von Bill McDermott stellt sich zurzeit nicht.“

Der Trend zurück zu den Germans und erst recht eine mögliche Ablösung McDermotts kontrastieren hart mit der Entwicklung der jüngeren Vergangenheit bei SAP. Getrieben von Co-Gründer und Aufsichtsratschef Hasso Plattner, war aus dem regional beschränkten Anbieter von Unternehmenssoftware in den vergangenen zehn Jahren ein globaler Konzern geworden. 2005 brachten Kunden außerhalb Deutschlands erst drei Viertel des Umsatzes.

Vertriebschef Robert Enslin

Im vergangenen Jahr kamen die rund 21 Milliarden Euro Einnahmen zu fast 90 Prozent aus dem Ausland. SAP betreibt heute Entwicklungslabors in Israel, Bulgarien, China, Indien sowie den USA und beschäftigt gut drei Viertel der 77 000 Mitarbeiter jenseits der deutschen Grenzen.

Je häufiger er sich in den USA aufhielt, wo SAP für Milliarden Softwarefirmen übernahm, desto öfter hielt er den SAP-Mitarbeitern daheim die Vereinigten Staaten als leuchtendes Vorbild vor. „Manchmal will ich die Walldorfer Entwickler packen und schütteln und anschreien: Bewegt euch schneller!“, sagte Plattner Mitte 2013. Und in einer E-Mail an die Mitarbeiter schimpfte er: „Hauptquartiere von Unternehmen werden gerne bürokratisch – genau so ist es uns ergangen.“

Die Geschmähten verstanden dies als Kritik am Firmensitz Walldorf und als Drohung, Plattner könnte die SAP-Zentrale irgendwann einmal in sein geliebtes Amerika verlagern.

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