Neue Hotelmarken Wie Trendherbergen Airbnb bremsen sollen

Mit neuen Konzepten für Herbergen wollen große Hotelketten jüngere Kunden und Investoren locken – und die Expansion der Bettenbörse Airbnb behindern.

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Hippe Hoteleinrichtung für Millenials Quelle: PR

Durch die sparsam beleuchtete Halle pumpt der kräftige House-Rhythmus von DJ Andy Callister. Um die Tische tänzeln tätowierte Kellner mit Biergläsern und Burgern zu den laut lachenden jungen Leuten, die sich unter nackten Glühbirnen und gelb-roten Metallkäfigen zuprosten. In einer anderen Ecke hinter Pop-Art-Gemälden lümmeln sich bärtige Hipster auf abgewetzten Sofas und tippen energisch in die Laptops.

Dieses Ambiente findet sich im Jaz – einem der derzeit angesagtesten Hotels der niederländischen Metropole Amsterdam. Das Haus ist Ableger einer Kette, die ansonsten in Sachen Personal, Dekoration und Zimmereinrichtung nicht für übermäßige Nähe zum Zeitgeist steht – der Steigenberger Hotels. Deren Finanzvorstand Matthias Heck sieht sich mit dem jugendlichen Haus auf bestem Kurs. „Jaz ist ordentlich profitabel“, sagt er und will bald weitere Häuser in Stuttgart und Wien aufmachen.

Mit dem lauten Ableger umwirbt Steigenberger die Millennials, die Generation der heute 20- bis 35-Jährigen – und hat dabei reichlich Gesellschaft. Seit 2014 hat die Branche fast zwei Dutzend neue Marken für Millennials an den Start gebracht. Sie tragen Namen wie Andaz (Hyatt), Jo&Joe (Accor) oder Vib (Best Western). Der Bettenriese Intercontinental (Marken: Even, Indigo) mischt ebenso mit wie der Mittelständler Leonardo Hotels (NYX) und private Investoren. „Es ist das Marktsegment mit dem höchsten Wachstum“, sagt Philipp Weghmann, Europachef der US-Kette Preferred Hotels & Resorts.

Das sind die besten Hotels in Deutschland
Platz 10: Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten (Hamburg) Quelle: dpa Picture-Alliance
Platz 9: Bülow Palais (Dresden)In Blau-, Silber- und Goldtönen ist dieses Hotel in der Königsstraße in Dresden gehalten. Vielen Reisenden gefällt das Design, eine Mischung aus Barock und Moderne, was für eine besondere Wohlfühlatmosphäre in den Zimmern sorgt. „Ein wunderbares, gediegenes Haus. Von der ersten bis zur letzten Minute genießt man die unaufdringliche Aufmerksamkeit.“ Mittlere Hotelrate: 145 Euro/Nacht, Günstigster Monat: Februar (129 Euro) Quelle: Buelow-Palais
Platz 8: Hotel Villa Hügel (Trier)Die weiße Jugendstilvilla in Trier an der Mosel wurde als Haus einer Weinhändlerfamilie gebaut und ist heute ein familiengeführtes Hotel. Abgesehen von der romantischen Landschaft können Gäste im Wellnessbereich entspannen, mit Finnischer Sauna, Aromadampfbad, Sanarium und Eisbrunnen. „Ein kleines, ausgesprochen feines Hotel mit sensationellem Blick vom Hügel auf und über die Mosel.“ Mittlere Hotelrate: 133 Euro/Nacht, Günstigster Monat: Februar (118 Euro) Quelle: Hotel Villa Huegel
Platz 7: Das Stue (Berlin)In dem neoklassizistischen Berliner Bau war einst eine Botschaft untergebracht. Heute steht hier ein luxuriöses Boutique-Hotel in zurückhaltendem Design, in dessen Zimmern, Bar und Restaurant die Besucher die Hektik des Alltags vergessen sollen. Eine Besonderheit: Das Hotel bietet einen Exklusivzugang zum Berliner Zoo und hat dort ein Patenkind: Stuy, das am 2. März 2016 geborene Rote Riesenkänguru. Mittlere Hotelrate: 314 Euro/Nacht, Günstigster Monat: Januar (227 Euro) Quelle: Das Stue
Platz 6: The Charles Hotel (München)Mit Blick auf den alten Botanischen Garten, liegt dieses Luxus-Hotel, in dessen Präsidentensuite Mariah Carey kürzlich eine Filmpremiere feierte. Rund 150 teils individuell gestaltete Zimmer und Suiten beherbergt das Bauwerk im Stil des Art Déco. Der Künstler Franz von Lenbach lebte nur wenige Schritte vom Hotel entfernt, woran heute eine große Kollektion des Malers im Hotel erinnert. „Es fehlt an nichts. Das ist gehobenes Niveau in München!“ Mittlere Hotelrate: 421 Euro/Nacht, Günstigster Monat: Februar (306 Euro) Quelle: Roccofortehotels
Platz 5: Schlosshotel KronbergIn diesem geschichtsträchtigen Anwesen mit weitläufigem Park und Golfplatz fühlt man sich beinahe wie im Märchen: Einst lebte hier Victoria Kaiserin Friedrich, die Mutter von Wilhelm II., die das Schloss in englischer Tudor-Architektur einrichtete. Der Schlosspark wird auch für Hochzeiten genutzt, besonders idyllisch an der Grotte und dem Wasserfall hinter der Höhle. „Ein Bett, in dem der Zar übernachtet hat, der Schreibtisch von Kaiser Wilhelm II. Für Geschichtsbegeisterte ein tolles Erlebnis.“ Mittlere Hotelrate: 246 Euro/Nacht, Günstigster Monat: August (229 Euro) Quelle: dpa
Platz 4: Forsthaus Auerhahn (Baiersbronn)Ein Hotel am Waldesrand – idyllisch liegt dieses familiengeführte 4-Sterne-Haus in Baiersbronn inmitten des Naturparks im Schwarzwald. Einst lebten in diesem Haus Förster, heute werden Besucher nach einer Wanderung mit Ayurveda, Massagen und Spezialbehandlungen verwöhnt. „Sehr netter Service, toller Spa-Bereich, ideal sowohl als Paar als auch als Familie, extrem leckeres Essen, nicht günstig, aber absolut seinen Preis wert, wir werden immer wieder kommen.“ Keine Preisangaben vorhanden. Quelle: Forsthaus Auerhahn

Mit der Jugendoffensive will die Branche gleich zwei Probleme lösen. Die neuen Marken sind eine Kampfansage an die vor allem bei jungen Reisenden populäre Wohnungsbörse Airbnb. Deren Marktanteil liegt aktuell zwar nur bei fünf Prozent, ihr Umsatz hat sich aber fast jährlich verdoppelt. Zudem sollen sie „dank attraktiver Renditen die für das Branchenwachstum unverzichtbaren neuen Investoren überzeugen“, sagt Moritz Dietl, Chef der auf die Branche spezialisierten Beratung Treugast Solutions Group.

Die jungen Wilden sollen nicht allen Kunden gefallen, jüngeren Urlaubern und Geschäftsreisenden dafür umso mehr. „Spätestens ab 2020 sind 60 Prozent unserer Kunden Millennials“, sagt John Licence, der für die US-Kette Marriott in Europa neben acht Lifestyle-Marken wie Moxy oder Aloft auch Premiumhotels wie Sheraton managt. „Die müssen wir möglichst am Anfang ihrer Reisekarriere gewinnen.“

Lila zieht immer: Eingang in ein Hotel der Marriott-Tochter Moxy am Mailänder Flughafen. Quelle: Presse

Die Badewanne ist orange

Seine Marktforscher haben ermittelt, was diese Klientel denn so alles anspricht. Große Zimmer sollen ihr weniger wichtig sein als originelle und nützliche Extras. Die reichen von der großen Stereoanlage über möglichst viele Ladestationen für Handys und Tablets bis zu einer frei stehenden grellorangefarbenen Badewanne oder dekorativen Gitarrenverstärkern. Das Personal trägt Sport- oder lockere Designerware, duzt die Gäste und informiert ähnlich wie Airbnb-Gastgeber über die Heimatstadt.

Die Reisenden, so eine weitere Erkenntnis der Marktforschung, wollen in ihrer Unterkunft nicht nur schlafen und frühstücken, sondern auch etwas erleben. Bars und Restaurants machen deshalb bis zu einem Viertel der Hotelfläche aus – das ist doppelt so viel wie in klassischen Häuser. Livemusik und Kunstevents sollen Anwohner ins Haus locken. Vor der Monkey Bar des 25hours Bikini in Berlin aus dem Accor-Konzern stehen die Besucher oft Schlange. Viele traditionelle Hotels in der Hauptstadt verkleinern dagegen gerade ihre Restaurants oder schließen sie ganz.

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