Samih Sawiris ist eine beeindruckende Person: 57 Jahre alt ist der ägyptische Unternehmer und Multi-Millionär, aber anders als die Potentaten aus den Emiraten ist er kulturell eher Europäer. Sawiris ist koptischer Christ, besuchte in Kairo eine deutsche Schule, studierte in Berlin und spricht seitdem fließend Deutsch. Vielleicht ein Grund, warum er besonders gern mit Partnern aus deutschsprachigen Ländern zusammenarbeitet: Schon lange vor dem Deal mit FTI und der Raiffeisen Touristik Group unterhielt Sawiris intensive Geschäftsbeziehungen zu den Hotelgruppen Steigenberger und Mövenpick, die einige seiner Hotels führen.
Gebündelt sind sämtliche Aktivitäten des 1972 von Sawiris Vater gegründeten Konzerns in der Orascom Development Holding. Die Aktiengesellschaft nach Schweizer Recht besteht seit 2008. Damals verlegte Sawiri den Unternehmenssitz ins schweizerische Altdorf - eine Reaktion des ägyptischen Unternehmers auf die in den vergangenen Jahren zunehmende politische und wirtschaftliche Instabilität seines Heimtlandes.
Bauen für Touristen und Einwohner
Mit über 24 Häusern und gut 6000 Zimmern ist Orascom der größte Hoteleigentümer in Ägypten, die Holding hält zudem 51 Prozent an der Garranah Touristik Group, die sieben Flusskreuzer auf dem Nil, Bus-Gesellschaften sowie zwei Hotels am Roten Meer betriebt. Zur Holding gehören außerdem Bauunternehmen, Düngemittelhersteller und Telekomgesellschaften.
Bau und Hotellerie sind die wichtigsten Bereiche des Konzerns, eine Kombination, die auch anderswo funktioniert, etwa bei der deutschen Hotelgruppe Lindner. Auch Maritim oder Dorint sind früher mal aus Bauunternehmen entstanden. Nur mit dem Unterschied, dass Orascom nicht nur einzelne Hotels sondern schlüsselfertige Ferienresorts und sogar ganze Stadtteile baut, inklusive Verkehrsinfrastruktur, Energie- und Wasserversorgung, Telekommunikation, Shopping-Centern, Restaurants, Flug- und Yachthäfen.
Gebaut wird nicht nur für mehr oder weniger betuchte Touristen, der Konzern baut Wohnungen für die Hotelangestellten und - ganz ohne Hotelbezug - ganze Städte oder Stadtteile für einkommensschwache Menschen, etwa in der rumänischen Stadt Constantia, auch hier inklusive Infrastruktur, Schulen, Krankenhäusern und Gewerbeflächen. Betrieben werden die meisten Real-Estate-Projekte von Partnern, wie etwa den Hotelgesellschaften Mövenpick oder Steigenberger, die zwei der Luxushotels im ägyptischen Badeort El Gouna am Roten Meer führen.
Pläne für Andermatt
Die Retortenstadt El Gouna ist das Vorzeigeprojekt von Orascom. Buchstäblich aus dem Wüstensand der Sinai-Halbinsel wurden hier 14 Hotels aller Kategorien, 100 Restaurants, Shopping-Malls, ein Golfplatz, ein Yachthafen, ein kleiner Airport, Schulen für die Kinder der in den Hotels angestellten Einheimischen, ein Krankenhaus nach westeuropäischen Standards, Meerwasserentsalzungsanlagen und Elektrizitätswerke. Sogar einen Uni-Campus der TU-Berlin gibt es in El Gouna - Sawiris hat in Berlin studiert.
Besonders großes Aufsehen erregte Orascom in Europa im Mai 2007, als das Unternehmen einen Großteil des Schweizer Wintersportortes Andermatt aufkaufte und gleichzeitig Pläne präsentierte, wie der verschlafene Ort am Gotthard in ein riesiges Ferienresort umgebaut werden sollte. Die Flächen waren vorher vom Schweizer Militär aufgegeben worden, der Ort brauchte dringend eine neue wirtschaftliche Perspektive.
Entstehen sollen in Andermatt mehrere Hotels in verschiedenen Kategorien, Ferienwohnungen und Luxusvillen, Restaurants und Shopping-Center, ein Sportzentrum und ein Golf-Platz, die helfen sollen, den Ort zu einem Ganz-Jahres-Ferienziel zu machen. Ein Hotel ist mittlerweile fertig, viele andere Teilprojekte haben sich allerdings verzögert, so etwa die Modernisierung und der Ausbau des Wintersportangebots. Ob Andermatt ein Erfolg oder zum Flop wird, muss sich noch zeigen.
Denn trotz aller Erfolge gibt es auch Projekte, bei denen Sawiris gescheitert ist. Der Unternehmer gehörte zum Beispiel schon lange zu denen, die sich aktiv für eine Aussöhnung zwischen Juden und Arabern stark machen. Noch Anfang 2001 hatte er Pläne für den Bau neuer Hotels im Gazastreifen, in Jerusalem, in Ägypten und in Jordanien, um Arbeitsplätze in der Unruheregion zu schaffen und so die Unheilsspirale von Arbeitslosigkeit, Armut und Gewalt zu unterbrechen. Kurz darauf begann die zweite Intifada und machte ihm einen Strich durch die Rechnung.