Neues Logo für den Baukonzern Wie Roland Koch bei Bilfinger regiert

Neu am Bilfinger-Konzern ist nicht nur das Logo: Ex-Ministerpräsident Roland Koch drückt dem Mannheimer Dienstleistungs- und Baukonzern nach nur einem Jahr Amtszeit nun deutlich seinen Stempel auf.

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Roland Koch, Vorstandsvorsitzende des Bau- und Dienstleistungskonzerns Bilfinger Berger, präsentiert das neue Firmenlogo Quelle: dpa

Ob man Bilfingers zwischen Toilettenkachel-Blau und Schmetterlingsraupen-Grün changierende Endlosschleife nun mag oder nichtssagend findet – ein gewisser Sinn ist dem neuen Firmen-Logo nicht abzustreiten.

Denn bisher ist es den 500 Einzelunternehmen des Mannheimer Dienstleistungs- und Baukonzerns Bilfinger ziemlich egal, welche Mutter- und Schwestergesellschaften sie haben. Der bis Mitte 2011 amtierende Vorstandschef Herbert Bodner kaufte Unternehmen in aller Welt, was das Zeug hielt, um vom margenschwachen Baugeschäft weg und hin zum lukrativeren Dienstleistungsgeschäft zu kommen und ließ den zugekauften Töchtern weitgehend freie Hand. So erhielten sich diverse Unternehmenskulturen, ohne dass eine Bilfinger-Identität entstand.

Die will sein Nachfolger Roland Koch - Hessens Ex-Ministerpräsident – nun schaffen. Das neue Logo soll wohl sinnbildlich die losen Ende zusammen binden. Aus dem lockeren Firmen-Zusammenschluss soll ein einheitliches Unternehmen und ein kooperierendes Netz werden. Das hat Koch zum großen Projekt seiner bis Mitte 2016 dauernden Amtszeit erklärt. Am Anfang steht die Umbenennung: Bilfinger Berger heißt nur noch Bilfinger. Alle Töchter haben in diesem Jahr den Namen Bilfinger ihren eigenen Namen voran gestellt. Schulungen und Intranet-Plattformen sollen nun konzernweit transparent machen, wer in dem Firmengeflecht mit welchen Kunden kooperiert und welche Aufträge für Schwesterunternehmen infrage kämen. Koch wünscht sich, dass die Teilkonzerne künftig gemeinsam zum Kunden gehen und einander bei der Auftragsbeschaffung helfen.

Bilfinger auf Einkaufstour

Bilfinger soll wachsen

15 Millionen Euro investiert Koch in die neue Corporate Identity und in die Vernetzung. Mit der engeren Kooperation soll Bilfinger nicht nur durch Übernahmen, sondern auch stärker organisch wachsen. Bis 2016 soll der Umsatz gegenüber 2011 - da waren es knapp 8,5 Milliarden Euro - um 50 Prozent zulegen. Den Gewinn will Koch auf 400 Millionen Euro verdoppeln. BEST nennt er das Programm - ein Kürzel für "Bilfinger Berger Escalates Strength". Auf Deutsch verspricht das, die Stärken zu stärken.

Um den Zusammenhalt zu verbessern, legt der Christdemokrat - erstmals bei Bilfinger – auch ein Mitarbeiter-Aktienprogramm auf. Erst einmal kann jeder berechtigte Bilfinger-Mitarbeiter fünf Aktienpakete erwerben, die jeweils aus vier Aktien und einer kostenlosen Bonusaktie bestehen. Hält der Käufer die Aktien über die vorgesehene Frist von sechs Jahren, so schenkt der Arbeitgeber ihm nach zwei, vier und sechs Jahren pro Paket jeweils eine weitere kostenlose Bonusaktie. Nach sechs Jahren ist jedes Paket dann auf insgesamt acht Aktien angewachsen. So mancher der rund 60.000 Mitarbeiter dürfte sich als Bilfinger-Aktionär erstmals für die Gesamt-Performance des Konzerns interessieren.

Jenseits festgetretener Pfade

Die Bilfinger-Baustellen
Bauschacht in Köln beim Bau der neuen U-Bahn
Roland Koch
Schutzhelm von Bilfinger Berger
Bilfinger-Vorstand Bodner
Baukräne von Bilfinger Berger
Ein Bauarbeiter geht an einem Schild von Strabag vorbei

2011 folgte Koch noch bescheiden Bodners Fußstapfen. Nun aber wird Bilfinger mehr und mehr „sein“ Unternehmen. Kochs Akquisitionsstrategie mag noch der des Vorgängers ähneln – der im Juni erworbene mittelständische US-amerikanischen Montage- und Servicespezialisten Westcon etwa ist typisch für das Bilfinger-Firmen-Portfolio. Erfolg oder Misserfolg der in North Dakota ansässigen Gesellschaft mit 1.000 Mitarbeitern und gut 150 Millionen Euro Umsatz aber werden künftig allein Koch zugerechnet.

Dass Koch Bilfinger neu definiert – als Engineering- und Servicekonzern, der vier Fünftel seines Gewinns mit der Instandhaltung von Industrieanlagen und Kraftwerken und mit Gebäudemanagement erzielt – hat Folgen bis in die Berliner Verbandsszene. Schon mit Amtsantritt drängte Koch, der Hauptverband solle auch nach außen zeigen, dass seine Mitglieder mehr können als mit Steinen, Stahl und Beton konstruieren. "Die Branche wird uns im Gegensatz zu Hochtief nicht mehr primär als Bauunternehmen sehen." Koch forderte, Präsident Thomas Bauer solle den Hauptverband „weiter für Dienstleistungsthemen öffnet". Anfang September nun meldete der Hauptverband Vollzug: Er ergänzt sein Logo um den Zusatz „Bauen und Services“.

Koch krempelt das Unternehmen um

Koch fühlt sich inzwischen stark genug, die Führungsebene des Konzerns umzubauen. Wer etwa mit der Verteilung der für Akquisitionen zur Verfügung stehenden Milliarde Euro innerhalb der Sparten nicht zufrieden ist, muss gehen. Vergangene Woche erhielt urplötzlich Vorstandsmitglied Klaus Raps den Abschied. Seit 1986 hatte der nun für Hochbau und Immobiliendienstleistungen zuständige Manager für Bilfinger gearbeitet. Nun geht das Bilfinger-Urgestein aufgrund „unterschiedlicher Auffassungen über die Umsetzung der Geschäftspolitik“, heißt es offiziell und schonungslos.

Gleichzeitig fängt Koch die Belegschaft mit einer Charmeoffensive ein. Der Vorstandschef ist ja auch Arbeitsdirektor des Konzerns. Bei seiner Kennenlern-Tour durch das Bilfinger-Reich traf der Neue stets die Betriebsräte und zog sie auf seine Seite - auch durch einen gut zwei Millionen Euro teuren Extra-Zuschlag für die Mitarbeiter. 340 Euro Bonus statt der erwarteten 250 Euro genehmigte er dem deutschen Teil seiner Belegschaft für 2011. Einmal im Monat lädt Koch zum Kantinengespräch. Dann isst er mit einem halben Dutzend Mitarbeitern im elften Geschoss der Bilfinger-Zentrale zu Mittag. Anmelden kann sich jeder. Leute, die ihn nur vom Fernsehen kennen, trauen dem streitbaren Konservativen die gewinnende Art im persönlichen Gespräch kaum zu.

Bei Bodner hätten viele Details des Bilfinger-Umbaus niemanden interessiert. Da der Umbau aber die Botschaft ist, war es ein kluger Zug, den Polit-Promi in die Chefetage zu holen. Ob der Ex-Politiker an seiner neuen Aufgabe scheitert oder nicht, das beschäftigt Beobachter bundesweit. Das verschafft Bilfinger eine nie gekannte Medienpräsenz und hilft im Erfolgsfall dem Aktienkurs. Während gute Nachrichten aus dem irgendwie langweiligen Mannheimer Konzern früher verpufften, werden sie jetzt wahr genommen.

Das Experiment Koch ist erst einmal auf einem guten Weg. Ob es langfristig erfolgreich verläuft, muss der prominente Manager-Frischling in den kommenden vier Jahren unter Beweis stellen.

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