Schwarz glänzende Designmöbel, an der Wand gerahmte Reliefs des Beuys-Schülers Ulli Beyer, der Blick aus dem Fenster fällt auf Düsseldorfs Vorzeigemeile Königsallee: Lage und Interieur signalisieren dem Besucher, dass in diesen Räumen der Unternehmerberatung Beyen Entscheidungen gefällt werden, bei denen es um viel Geld geht. Dirk Schildwächter, Partner bei Beyen: „Familienunternehmer verstehen viel von ihrem Geschäft, aber sie wirken oft hilflos, wenn es um Vermögensfragen, die Trennung von Gesellschaftern oder den Ehevertrag geht.“ Dann kommen sie zunehmend häufiger zu dem grauhaarigen, gertenschlanken Mittvierziger oder den anderen Partnern des Büros, um Hilfe und Vermittlung zu suchen.
Der typische Beyen-Mandant nennt einen Betrieb mit einem Jahresumsatz von 100 bis 150 Millionen Euro sein Eigen. Namen nennt Schildwächter nicht: „Diskretion ist die Basis unserer Tätigkeit.“
Reichenflüsterer, die ähnlich wie Beyen Unternehmerfamilien beraten, gibt es inzwischen einige in Deutschland. Family Offices nennen sie sich; die meisten fungieren vor allem als Vermögensberater. Rund 50 sogenannte Multi-Family-Offices beraten mehrere Familien gleichzeitig. Hinzu kommen mehr als 400 Büros, die nur einer Familie zur Seite stehen. Der Markt wächst nach Einschätzung der Finanzprofessorin Yvonne Brückner von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg seit der Finanzkrise jährlich um etwa zehn Prozent.
Family Offices gehören zu den wenigen Unternehmen, deren Geschäftsmodell ausschließlich auf Reiche abzielt. Denn die klassischen Luxusfirmen setzen schon länger auf Masse. Der Schweizer Uhrenhersteller Rolex, der in der Öffentlichkeit als Nobelproduzent gilt, produziert Jahr für Jahr geschätzte 750 000 Uhren. Und die Koffer, Gürtel oder Halstücher des französischen Luxuskonzerns Louis Vuitton finden sich bei 85 Prozent aller japanischen Frauen im Alter von 25 bis 50 Jahren. Exklusivität geht anders.
Einzigartig sind dagegen die Objekte, die Christoph Freiherr Schenck zu Schweinsberg betreut. Er ist Herr über die Vermarktung von Schlössern und Herrenhäusern beim Hamburger Edelimmobilienmakler Engel & Völkers. Auch die Luxusschlitten der Volkswagen-Töchter Bugatti und Lamborghini oder des BMW-Ablegers Rolls-Royce sind nur für einen kleinen Kreis erschwinglich, ebenso wie die Kunstwerke, die die Galerie Ropac im Angebot hat.
Die Geschäfte mit den Reichen laufen gut. Die Zahl der Millionäre stieg laut „World Wealth Report 2012“ trotz Schuldenkrise 2012 um 0,8 Prozent auf weltweit elf Millionen Menschen. Und die Angst vor Geldentwertung oder Enteignung treibt die Reichen in die Galerien, zu Immobilienmaklern oder Edel-Ausstattern von Privatflugzeugen.
Der Kunstmarkt fasziniert die Superreichen
Schlösser-Experte von Schenck profitiert von dieser Angst. Der Freiherr, der selbst „in einem ganz normalen Hamburger Haus“ lebt, kennt den Markt wie kaum ein anderer. Etwa 20 Wohnobjekte vermittelte Engel & Völkers 2012 in der Preislage zwischen einer und 30 Millionen Euro. „Preise und Nachfrage sind enorm gestiegen“, beobachtet von Schenck. Zu den Käufern im einstelligen Millionenbereich zählen oft Reiche, die dennoch auf den Euro schauen: „Die sehen manchmal richtig arm aus. Das ist meist aber reines Understatement.“ Anders russische Käufer, die bei Objekten ab zehn Millionen Euro immer wichtiger werden: „Wenn das Objekt stimmt, spielt der Preis nicht die Rolle.“
Liga der Superreichen
Ein paar Minuten steht das Paar schon da, diskutiert in einer Mischung aus amerikanischem Englisch und Spanisch über das Bild vor ihnen: „Schön bunt“ sei es, sagt der Mittsechziger, dessen beigefarbener Anzug sein Wohlstandsbäuchlein nicht kaschieren kann. Seine Gefährtin im knallgelben Kostüm lässt ihren Blick immer wieder über das monumentale Werk wandern, das auf der Kunstmesse Art Basel Miami Beach am Stand der Galerie Thaddaeus Ropac hängt: Knapp drei Meter im Durchmesser misst das runde Gemälde des britischen Künstlers Marc Quinn.
Als die Frau das Bild leicht mit den Fingern berührt, taucht ein kleiner, schlanker Mann auf, schwarzer, exakt sitzender Anzug, weißes Hemd, und zieht die beiden diskret in eine abgedunkelte Ecke ein paar Meter weiter. 370 000 Dollar solle die Arbeit kosten, flüstert Thaddaeus Ropac dem Pärchen zu. Die zucken ob des Preises nicht mal mit der Wimper – sie sind mit ganz anderen Fragen beschäftigt: „Es ist so groß, kriegen wir das bei uns unter?“
Für Ropac sind solche Szenen Routine. Der Österreicher gehört weltweit zu den einflussreichsten Galeristen in einem Markt, in dem die Preise seit einigen Jahren nur eine Richtung zu kennen scheinen: nach oben. Trotz der Kapriolen der Vergangenheit, trotz seiner intransparenten Mechanismen fasziniert der Kunstmarkt die Liga der Superreichen. Mitte November erzielten die großen Auktionshäuser auf mehreren Versteigerungen in New York einen Umsatz von insgesamt mehr als einer Milliarde Dollar – Rekord.
Von diesem Kuchen will sich Ropac ein gehöriges Stück abschneiden. Von seinem Stammsitz in Salzburg aus eroberte der heute 53-Jährige die globale Kunstwelt. Längst hat Ropac sein Kunstimperium, zu dem Dutzende Blue-Chip-Künstler von Andy Warhol bis Joseph Beuys zählen, nach Paris ausgedehnt. Im Dezember 2012 hat er dort seine zweite Dependance mit einer spektakulären Ausstellung mit Werken von Beuys und Anselm Kiefer eröffnet.
Angebot absichtlich knapp gehalten
Nur nach oben geht es auch auf dem Markt für Luxusschlitten. Die britische BMW-Tochter Rolls-Royce verzeichnete 2012 mit 3575 Fahrzeugen einen Absatzrekord. Auch bei Bentley, seit 1988 im Besitz von VW, kletterten die Verkäufe um 22 Prozent auf 8510 Fahrzeuge.
Bei Massenware tobt die Rabattschlacht – und bei Autos mit Preisen im sechsstelligen Bereich kämpfen die Käufer darum, das begehrte Stück überhaupt geliefert zu bekommen. Denn die Hersteller halten das Angebot zum Teil künstlich knapp. Von dem 750 PS starken Veneno etwa produziert Lamborghini nur vier Exemplare. Doch kaum war das Auto auf dem Genfer Automobilsalon präsentiert, waren die schon verkauft – zum Stückpreis von drei Millionen Euro. Vor Steuern, versteht sich.
Auch Ferrari sorgt sich nicht darum, für die 499 Exemplare des eine Million Euro teuren Hybridautos La Ferrari Käufer zu finden: Kaum enthüllt, lagen die ersten Orders für das Modell vor – auch von VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch, der den Kauf per Handschlag mit Ferrari-Chef Luca di Montezemolo besiegelte.
Whirpool im Jet
Gegen so viel Glamour nimmt sich die Welt von Lufthansa Technik am Südende des Hamburger Flughafens geradezu bieder aus. Ölgeruch hängt in der Luft, ein Kran surrt, und am Himmel dröhnen dumpf die Flugzeuge. Doch hier betreibt die Lufthansa ihr edelstes Geschäft: den Innenausbau von Flugzeugen zu fliegenden Palästen für Ultrareiche aus Russland oder Saudi-Arabien. Die Umbauten sind teure Maßanfertigungen und müssen von den Luftfahrtbehörden zugelassen werden. So kostet die Einrichtung etwa der beiden Jumbos Boeing 747-8 im Besitz saudischer Geschäftsleute, die gerade in Hamburg parken, laut Insidern mit einer halben Milliarde Euro mehr als das Flugzeug selbst.
Trotzdem stehen die Kunden Schlange und warten nicht selten zwei Jahre auf den Umbau. Denn in ihrer Branche ist die Lufthansa-VIP-Sparte Weltmarktführer und lässt so gut wie keine Wünsche offen. Ob Whirlpool, Konferenzraum oder Kronleuchter: Die 500 Techniker der Lufthansa-Edelsparte haben schon fast alles gebaut. Die Sparte bringt rund 15 Prozent Umsatzrendite, der Gesamtkonzern kommt nicht mal auf zwei Prozent. Das ist typisch: Ob Flugzeugausstatter, Top-Galeristen oder Edelkarossenbauer – sie alle verdienen besser als die meisten Unternehmen, die mit Normalbürgern Geschäfte machen.