Norwegian-Vizechef Ramdahl „Wir starten die wahre Revolution auf der Billig-Langstrecke“

Norwegian will ab 2018 aus Düsseldorf auch Langstrecke fliegen. Im Interview erklärt Vizechef Thomas Ramdahl, wie er Eurowings angreifen will und wie die neuen Mittelstreckenjets von Airbus und Boeing dabei helfen.

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Ein Boeing Dreamliner 787-9 von Norwegian. Quelle: PR

Wirtschaftswoche: Norwegian fliegt ab dem kommenden Sommer nach Düsseldorf, obwohl sie da 2012 aufgeben mussten...

Thomas Ramdahl: Moment, wir haben damals nicht aufgegeben. Wir hatten in Düsseldorf keine Aussicht auf genug Startzeiten. Damit konnten wir nicht schnell genug auf eine kritische Größe kommen, mit der wir gegen andere Fluglinien hätten bestehen können. Da wir damals ohnehin nicht genug Flugzeuge hatten, haben wir die Maschinen aus Düsseldorf woanders eingesetzt, wo wir deutlich mehr besser und profitabler einsetzen. 

Zur Person

Warum sollte es diesmal besser laufen? Der Flughafen hat immer noch zu wenig freie Startzeiten. Inzwischen hat sogar Easyjet resigniert aufgegeben.

Der Flughafen Düsseldorf braucht und will dringend eine Low-Cost-Linie von unserer Qualität. Die Region ist zusammen mit Paris und London zwar der Markt mit dem größten Einzugsgebiet in Europa. Doch es gibt fast keinen Low-Cost-Verkehr. Das wird sich ändern. Wir glauben, dass Düsseldorf dank des geplanten Ausbaus bald wieder genug Platz hat, damit wir stark genug zulegen können. 

Wenn Sie stark wachsen wollen, warum starten Sie dann so bescheiden mit 18 Flügen pro Woche und ausgerechnet mit fünf Strecken nach Spanien, die bereits andere Linien wie Air Berlin anbieten?

Wir haben uns die Strecken zusammen mit dem Flughafen angesehen und erkannten schnell: Die Nachfrage ist da. Und bevor Sie fragen, daran ändert auch die Nähe zum Flughafen Köln nichts. Auch wenn es dort mehr Low-Cost-Verbindungen gibt, Düsseldorf ist ein anderer Markt mit Kunden aus dem Ruhrgebiet und den Niederlanden. Zudem sind für einen Neuling 18 Flüge auf einen Schlag schon eine Menge. Wir müssen ja erstmal bekannt werden. Aber seien Sie sicher, es wird bald mehr Flüge nach ganz Europa inklusive Skandinavien geben.

Thomas Ramdahl ist Vizechef und Leiter des Tagesgeschäfts bei Norwegian Air Shuttle. Quelle: Presse

Auch auf der Langstrecke? Immerhin haben Sie als erste Linie aus Europa das Billigkonzept in den Fernverkehr gebracht.

Natürlich gehört zu unserem Plan auch die Langstrecke. Wir arbeiten daran, ab 2018 von Düsseldorf aus in die USA zu fliegen. Dafür prüfen wir Routen in bis zu einem Dutzend Städte. Im Prinzip kommen alle unsere – inklusive Puerto Rico – elf Flugziele in Betracht wie New York, Boston oder Los Angeles. Und natürlich noch ein paar Städte mehr.

Auch welche in Asien?

Sicher. Mit unseren Flugzeugen können wir aus Düsseldorf bis nach Indonesien oder Chile fliegen. Aber das wird sich noch etwas länger dauern.

Europas größte Billigflieger

Und wann entscheiden Sie das?

Im Laufe des nächsten Jahres. Wir brauchen vor dem Start einer neuen Langstrecke ungefähr neun Monate Vorlauf für den Verkauf der Tickets. Und der beste Zeitpunkt für eine neue Strecke ist das Frühjahr.

"Die meisten Fluglinien denken zu konventionell"

Überschätzen Sie sich da nicht? In Düsseldorf fliegen bereits Lufthansa und Air Berlin. Dazu ist beim Langstreckenverkehr sicher auch Eurowings in Köln eine starke Konkurrenz. Und in Frankfurt baut gerade die Condor ihr US-Geschäft auf.

Wir haben auch in Paris auch gehört, dass die Konkurrenz zu stark für uns sein soll. Tatsächlich läuft es da nicht nur besser als erwartet, sondern gut und profitabel. Denn dank unserer niedrigen Kosten, können wir unsere Tickets mit ab knapp 200 Euro pro Strecke fast ein Drittel billiger verkaufen als etablierte Linien. 

Lufthansa ist aber finanziell stärker und hat niedrigere Kosten als die angeschlagene Air France.

Aber ich bin nicht sicher, dass Lufthansa und Eurowings im Vergleich zu uns so stark sind wie Sie meinen. Denn bei allem Respekt für das, was Eurowings da hinbekommen hat mit ihrer recht komplizierten Organisation und den vielen Unterlinien: Low-Cost ist das nicht. Laut unseren Berechnungen sind wir fast 40 Prozent billiger als der Lufthansa-Konzern.

Was Piloten bei Lufthansa, Condor & Co. verdienen
Pilot müsste man sein: Die ganze Welt sehen und dafür noch ordentlich Geld bekommen. Doch Pilot ist nicht gleich Pilot. Zwischen den einzelnen Fluggesellschaften gibt es ein deutliches Preisgefälle. Laut Pilotenvereinigung Cockpit bekommt ein Erster Offizier oder Kopilot anfangs ein Monatsgehalt zwischen 1500 Euro und 5000 Euro brutto. „Ein Kapitän – das wird man nach etwa 3 bis 20 Jahren als Erster Offizier – erhält je nach Luftverkehrsgesellschaft ein Anfangsgehalt zwischen 3000 Euro und 10.000 Euro“, so die Gewerkschaft. Quelle: dpa, Handelsblatt, Unternehmen Quelle: dpa
RyanairDie Piloten des irischen Billigfliegers gehören im Vergleich eher zu den Niedrigverdienern der Branche. 25.000 Euro bezahlt Ryanair seinen Kopiloten zu Beginn. Flugkapitäne ab dem 12. Berufsjahr erhalten anfangs 53.000 Euro. Ihr Maximalgehalt beläuft sich auf 85.000 Euro. Quelle: dpa
Air BerlinDie zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft zahlt seinen Kopiloten zum Einstieg 45.000 Euro. Piloten bekommen bei Air Berlin zu Beginn 80.000 und in der Spitze bis zu 115.000 Euro. Quelle: dpa
Condor5050 Euro bekommt ein Condor-Kopilot zum Einstieg im Monat. Das macht eine jährliche Gesamtvergütung von 60.600 Euro. Ein Kapitän verdient zunächst 8700 Euro im Monat beziehungsweise 104.400 Euro im Jahr. In der Spitze kann sein Gehalt auf 135.600 Euro klettern. Quelle: dpa
British AirwaysDas Einstiegsgehalt der BA-Co-Piloten liegt bei 61.000 Euro. Piloten ab dem 12. Berufsjahr erhalten zunächst 77.000 Euro im Jahr. Im Laufe der Zeit kann ihr Gehalt auf bis zu 181.000 Euro steigen. Quelle: REUTERS
LufthansaLufthansa-Kapitäne gehören zu den Bestverdienern und können in der Spitze ein Jahresgehalt von bis zu 255.000 Euro bekommen – Zulagen inklusive. Schon zum Einstieg verdient ein Erster Offizier / Kopilot rund 55.500 Euro, mit Zulagen bis zu 73.000 Euro. Das Einstiegsgehalt eines Flugkapitäns ab dem 12. Berufsjahr beträgt 120.000 Euro. Quelle: dpa

Eurowings sieht den Unterschied eher bei unter zehn Prozent.

Sollen sie das denken. Der Unterschied ist höher. Unsere Verwaltung ist effizienter, weil wir weniger selbst machen und mehr bei Dienstleistern einkaufen. Dazu kommen die recht alten Eurowings-Flugzeuge vom Typ Airbus A330. Wir bekommen viele neue Langstreckenmaschinen vom Typ Boeing 787 Dreamliner. Und alle haben bis zu 20 Prozent niedrigere Betriebskosten als heutige Maschinen. Und das beim heutigen Kerosinpreis. Wird das Flugbenzin wie erwartet im kommenden Jahr wieder spürbar teurer, wächst unser Vorteil sogar noch deutlich. Dazu kommt es gerade beim Low-Cost-Verkehr auch auf eine gewisse Flottengröße an. Um konkurrenzfähig zu bleiben, müsste Eurowings mehr neue Flugzeuge bestellen. Und das haben sie bislang nicht mal angekündigt, geschweige denn getan. 

Sie hingegen bekommen neben den Langstreckenmaschinen auch mehr als 200 Kurzstreckenjets. Sind das nicht zu viele, um sie alle unterzubringen?

Nein. Wir nutzen die Maschinen anders als andere. Wir packen die neu motorisierten Modelle wie die Boeing 737Max oder der Airbus Neo A321LR nicht nur nach Europa, obwohl auch da noch viel Platz wäre. Wir fliegen damit auf der Langstrecke. Wenn wir dann immer noch mehr Maschinen haben als wir profitabel einsetzen können, vermieten wir sie über unsere Leasing-Tochter an andere Gesellschaften.

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Was ist der Vorteil der kleinen Maschinen auf der Langstrecke?

Die meisten Fluglinien denken zu konventionell. Sie nutzen die Ersparnis von 20 Prozent beim Treibstoffverbrauch nur dafür, um bisherige Routen günstiger zu fliegen. Wir hingegen nutzen die Ersparnis, um weiter zu fliegen. Am Ende ist besonders die A321LR auch ein kleines Langstreckenflugzeug für Routen von Düsseldorf bis in den mittleren Westen der USA oder nach Indien. Wie mit Abstrichen die Boeing 737MAX ist die A321LR pro Flug nochmal 20 Prozent effizienter als ein Dreamliner. Mit bis zu 240 Plätzen ist sie so klein, dass sich auch Nebenstrecken lohnen, auf denen sich Großraumflugzeuge mit bis zu 300 Sitzen nur schwer füllen lassen. Damit starten wir die wahre Revolution auf der Low-Cost-Langstrecke.

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