Wirtschaftswoche: Norwegian fliegt ab dem kommenden Sommer nach Düsseldorf, obwohl sie da 2012 aufgeben mussten...
Thomas Ramdahl: Moment, wir haben damals nicht aufgegeben. Wir hatten in Düsseldorf keine Aussicht auf genug Startzeiten. Damit konnten wir nicht schnell genug auf eine kritische Größe kommen, mit der wir gegen andere Fluglinien hätten bestehen können. Da wir damals ohnehin nicht genug Flugzeuge hatten, haben wir die Maschinen aus Düsseldorf woanders eingesetzt, wo wir deutlich mehr besser und profitabler einsetzen.
Zur Person
Thomas Ramdahl, 45, leitet beim skandinavischen Billigflieger Norwegian als Chief Commercial Officer die Alltagsarbeit wie das Ertragsmanagement, die Planung neuer Strecken und die Zusammenarbeit mit den Flughäfen. Der Absolvent der Norwegian School of Business kam 2008 zum Unternehmen und arbeitete zuvor für den skandinavischen Lufthansapartner SAS.
Norwegian ist die nach Easyjet und Ryanair drittgrößte europäische Billiglinie. Die Gesellschaft aus Oslo startete als kleiner Regionalflieger. Nach einer Fast-Pleite stieg der damalige Anwalt Björn Kjos aus Aktionär und Vorstandschef ein und trimmte Norwegian auf Low Cost mit ungewöhnlichen Serviceideen wie kostenlosem WLAN. 2013 begann Norwegian als erste europäische Linie Billigflüge auf der Langstrecke und bestellte bis zu 400 neue Flugzeuge.
Warum sollte es diesmal besser laufen? Der Flughafen hat immer noch zu wenig freie Startzeiten. Inzwischen hat sogar Easyjet resigniert aufgegeben.
Der Flughafen Düsseldorf braucht und will dringend eine Low-Cost-Linie von unserer Qualität. Die Region ist zusammen mit Paris und London zwar der Markt mit dem größten Einzugsgebiet in Europa. Doch es gibt fast keinen Low-Cost-Verkehr. Das wird sich ändern. Wir glauben, dass Düsseldorf dank des geplanten Ausbaus bald wieder genug Platz hat, damit wir stark genug zulegen können.
Wenn Sie stark wachsen wollen, warum starten Sie dann so bescheiden mit 18 Flügen pro Woche und ausgerechnet mit fünf Strecken nach Spanien, die bereits andere Linien wie Air Berlin anbieten?
Wir haben uns die Strecken zusammen mit dem Flughafen angesehen und erkannten schnell: Die Nachfrage ist da. Und bevor Sie fragen, daran ändert auch die Nähe zum Flughafen Köln nichts. Auch wenn es dort mehr Low-Cost-Verbindungen gibt, Düsseldorf ist ein anderer Markt mit Kunden aus dem Ruhrgebiet und den Niederlanden. Zudem sind für einen Neuling 18 Flüge auf einen Schlag schon eine Menge. Wir müssen ja erstmal bekannt werden. Aber seien Sie sicher, es wird bald mehr Flüge nach ganz Europa inklusive Skandinavien geben.
Auch auf der Langstrecke? Immerhin haben Sie als erste Linie aus Europa das Billigkonzept in den Fernverkehr gebracht.
Natürlich gehört zu unserem Plan auch die Langstrecke. Wir arbeiten daran, ab 2018 von Düsseldorf aus in die USA zu fliegen. Dafür prüfen wir Routen in bis zu einem Dutzend Städte. Im Prinzip kommen alle unsere – inklusive Puerto Rico – elf Flugziele in Betracht wie New York, Boston oder Los Angeles. Und natürlich noch ein paar Städte mehr.
Auch welche in Asien?
Sicher. Mit unseren Flugzeugen können wir aus Düsseldorf bis nach Indonesien oder Chile fliegen. Aber das wird sich noch etwas länger dauern.
Europas größte Billigflieger
Stammland: Türkei
Größe der Flotte: 64 Flugzeuge
Umsatz: 1,1 Milliarden Euro
Stand (Größe der Flotte): Mai 2016
Quelle: CAPA, Unternehmensangaben
Stammland: Niederlande
Größe der Flotte: 66 Flugzeuge
Umsatz: 1,1 Milliarden Euro
Stammland: Türkei
Größe der Flotte: 67 Flugzeuge
Umsatz: 1,1 Milliarden Euro
Stammland: Ungarn
Größe der Flotte: 67 Flugzeuge
Umsatz: 1,4 Milliarden Euro
Stammland: Deutschland
Größe der Flotte: 89 Flugzeuge
Umsatz: 1,9 Milliarden Euro
Stammland: Norwegen
Größe der Flotte: 98 Flugzeuge
Umsatz: 2,4 Milliarden Euro
Stammland: Spanien
Größe der Flotte: 105 Flugzeuge
Umsatz: 2,0 Milliarden Euro
Stammland: Deutschland/Großbritannien
Größe der Flotte: 108 Flugzeuge
Umsatz: k. A.
Stammland: Großbritannien
Größe der Flotte: 249 Flugzeuge
Umsatz: 6,3 Milliarden Euro
Stammland: Irland
Größe der Flotte: 351 Flugzeuge
Umsatz: 6,5 Milliarden Euro
Und wann entscheiden Sie das?
Im Laufe des nächsten Jahres. Wir brauchen vor dem Start einer neuen Langstrecke ungefähr neun Monate Vorlauf für den Verkauf der Tickets. Und der beste Zeitpunkt für eine neue Strecke ist das Frühjahr.
"Die meisten Fluglinien denken zu konventionell"
Überschätzen Sie sich da nicht? In Düsseldorf fliegen bereits Lufthansa und Air Berlin. Dazu ist beim Langstreckenverkehr sicher auch Eurowings in Köln eine starke Konkurrenz. Und in Frankfurt baut gerade die Condor ihr US-Geschäft auf.
Wir haben auch in Paris auch gehört, dass die Konkurrenz zu stark für uns sein soll. Tatsächlich läuft es da nicht nur besser als erwartet, sondern gut und profitabel. Denn dank unserer niedrigen Kosten, können wir unsere Tickets mit ab knapp 200 Euro pro Strecke fast ein Drittel billiger verkaufen als etablierte Linien.
Lufthansa ist aber finanziell stärker und hat niedrigere Kosten als die angeschlagene Air France.
Aber ich bin nicht sicher, dass Lufthansa und Eurowings im Vergleich zu uns so stark sind wie Sie meinen. Denn bei allem Respekt für das, was Eurowings da hinbekommen hat mit ihrer recht komplizierten Organisation und den vielen Unterlinien: Low-Cost ist das nicht. Laut unseren Berechnungen sind wir fast 40 Prozent billiger als der Lufthansa-Konzern.
Eurowings sieht den Unterschied eher bei unter zehn Prozent.
Sollen sie das denken. Der Unterschied ist höher. Unsere Verwaltung ist effizienter, weil wir weniger selbst machen und mehr bei Dienstleistern einkaufen. Dazu kommen die recht alten Eurowings-Flugzeuge vom Typ Airbus A330. Wir bekommen viele neue Langstreckenmaschinen vom Typ Boeing 787 Dreamliner. Und alle haben bis zu 20 Prozent niedrigere Betriebskosten als heutige Maschinen. Und das beim heutigen Kerosinpreis. Wird das Flugbenzin wie erwartet im kommenden Jahr wieder spürbar teurer, wächst unser Vorteil sogar noch deutlich. Dazu kommt es gerade beim Low-Cost-Verkehr auch auf eine gewisse Flottengröße an. Um konkurrenzfähig zu bleiben, müsste Eurowings mehr neue Flugzeuge bestellen. Und das haben sie bislang nicht mal angekündigt, geschweige denn getan.
Sie hingegen bekommen neben den Langstreckenmaschinen auch mehr als 200 Kurzstreckenjets. Sind das nicht zu viele, um sie alle unterzubringen?
Nein. Wir nutzen die Maschinen anders als andere. Wir packen die neu motorisierten Modelle wie die Boeing 737Max oder der Airbus Neo A321LR nicht nur nach Europa, obwohl auch da noch viel Platz wäre. Wir fliegen damit auf der Langstrecke. Wenn wir dann immer noch mehr Maschinen haben als wir profitabel einsetzen können, vermieten wir sie über unsere Leasing-Tochter an andere Gesellschaften.
Skytrax-Ranking: Die besten Airlines der Welt
Hainan Airlines
Vorjahr: Rang 12
Etihad Airways
Vorjahr: Rang 6
Lufthansa
Vorjahr: Rang 10
EVA Air
Vorjahr: Rang 8
Cathay Pacific
Vorjahr: Rang 4
Emirates
Vorjahr: Rang 1
ANA All Nippon Airways
Vorjahr: Rang 5
Singapore Airlines
Vorjahr: Rang 3
Qatar Airways
Vorjahr: Rang 2
Was ist der Vorteil der kleinen Maschinen auf der Langstrecke?
Die meisten Fluglinien denken zu konventionell. Sie nutzen die Ersparnis von 20 Prozent beim Treibstoffverbrauch nur dafür, um bisherige Routen günstiger zu fliegen. Wir hingegen nutzen die Ersparnis, um weiter zu fliegen. Am Ende ist besonders die A321LR auch ein kleines Langstreckenflugzeug für Routen von Düsseldorf bis in den mittleren Westen der USA oder nach Indien. Wie mit Abstrichen die Boeing 737MAX ist die A321LR pro Flug nochmal 20 Prozent effizienter als ein Dreamliner. Mit bis zu 240 Plätzen ist sie so klein, dass sich auch Nebenstrecken lohnen, auf denen sich Großraumflugzeuge mit bis zu 300 Sitzen nur schwer füllen lassen. Damit starten wir die wahre Revolution auf der Low-Cost-Langstrecke.