Nürburgring-Desaster Der Charitonin-Deal und seine Risiken

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Streng geheime Dokumente unterzeichnet

Wild sah sich plötzlich einer Armada von Anwälten gegenüber. Die Insolvenzverwalter Lieser und Schmidt – beide Anwälte, beide in regional durchaus angesehenen Kanzleien tätig, Schmidt sogar zudem Honorarprofessor für Wirtschafts- und Insolvenzrecht an der FH Trier – sahen sich der Situation offenbar alleine nicht mehr gewachsen und hatten sich in der Zwischenzeit selbst anwaltlichen Beistand gesucht. Sie engagierten mindestens drei Anwälten der Kanzlei Weil, Gotshal & Manges – Gerhard Schmidt, Christian Tappeiner und Jasmin Dettmar.

Wann genau Lieser und Schmidt die Weil-Truppe anheuerten, aus welchem Grund und für welche Bereiche, welche Kosten dadurch entstanden sind: Zu alledem wollen sie nichts sagen. „Kein Kommentar“, lautet die schmallippige Antwort. Weil-Partner Gerhard Schmidt bestätigt auf Nachfrage nur: „Ein von mir geführtes Team von Weil Gotshal & Manges-Anwälten ist für die Nürburgring-Gesellschaften tätig.“

Die größten Steuerverschwendungen der Regierung
Deutschland ist Weltmeister im Hopfenexport. Da könnte man meinen, diese Sparte der Landwirtschaft kann auch ohne Subventionen auskommen. Das sieht die Bundesregierung anders: Rund 260.000 Euro zahlt das Landwirtschaftsministerium für die Entwicklung einer automatischen Hopfenernte. Damit kann die Branche in Zukunft ihr Margen erhöhen – zu Lasten der Saisonarbeiter und des Steuerzahlers. Quelle: dpa
Auch der Sportwagenhersteller Porsche springt auf den Trend E-Auto an und arbeitet an einer elektrischen Version des Panamera. Da freut die Bundesregierung sehr – und zahlt Porsche dafür rund 850.000 Euro. Bei einem Gewinn in 2012 von 1,8 Milliarden Euro wohl Peanuts für die Stuttgarter – und umso ärgerlicher für das Gemeinwesen. Und das ist erst der Anfang: Mehr als 22 Millionen Euro Steuergelder fließen in ein E-Auto-Gemeinschaftsprojekt von führenden Industrieunternehmen und Universitäten – auch das ist Porsche mittendrin. Quelle: dpa
Die Deutschen mögen ihren Wein – so sehr, dass sie auch den Winzern unter die Armen greifen. Da Weinberge an manchen Stellen schwer zugänglich sind, geben die Bürger 800.000 Euro für die Entwicklung Roboter-Hubschraubers aus, der eigenständig Pflanzenschutzmittel auf den Reben verteilen soll. Quelle: dpa
Die großen Energieriesen in Deutschland wollen grüner werden – und das nicht nur aus Imagegründen.. Schon allein aus finanziellen Gründen haben die Unternehmen ein Interesse daran, ihre Emissionen zu verringern. Da helfen groß angelegte Forschungsprojekte, etwa an CO2-Filteranlagen für Braunkohlekraftwerke. Ein Glück, das trotz der Milliardenumsätze der Konzerne auch die Bundesregierung ihren finanziellen Beitrag – oder besser, den der Bürger – dazu leisten will: bis 2013 noch gut 4,2 Millionen Euro aus der Staatskasse. Und das für eine etwas saubere Verbrennung eines fossilen Energieträgers. Quelle: dpa
Die Fußball-Fans freuen sich über die Erfolge der deutschen Teams in der Champions League. Gerade Bayern München und Borussia Dortmund begeistern – und das soll auch mit Hilfe von Steuergeldern in Zukunft so bleiben. Denn gerade der BVB ist für die Zukunft gut aufgestellt – mit dem automatisierten Hightech-Trainingsraum Footbonaut. Damit der bald noch besser funktioniert, gibt der Bund rund 572.000 Euro für die Weiterentwicklung des Trainingsroboters aus. Quelle: dpa
Auch der Bau eines neuen Verwaltungsgebäudes für das Bauunternehmen Züblin liegt der Politik an Herzen. Da es als Demonstrationsobjekt für Niedrigstenergie-Gebäude dienen soll, gibt Vater Staat rund 560.000 Euro dazu. Und bevor sich das Säckel wieder schließt, hat sich Züblin – ein Konzern mit Milliardenumsatz – nach den Informationen des Steuerzahlerbundes weitere 600.000 Euro Forschungszuschüsse gesichert. Quelle: dpa
Firmen, die an Energiewende-Projekten arbeiten, profitieren momentan besonders von Subventionen. So gehen etwa 6,4 Millionen Euro an Bxi Innotech, die Brennstoffzellen für Eigenheime entwickelt – und das unternehmerische Risiko federt der Steuerzahler deutlich ab. Quelle: dpa

Weil Gotshal ist eine internationale Anwaltskanzlei, zu den Spezialgebieten des deutschen Ablegers zählen Restrukturierungen. Eine diskrete Sozietät, die weit weniger PR betreibt als andere Kanzleien und auf Nachfragen am liebsten wenig, am allerliebsten gar nichts sagt. Die Kanzlei gilt aber auch als knallhart und besonders Gerhard Schmidt, der Kopf des deutschen Ablegers von Weil Gotshal, Partner in Frankfurt und München, hat den Ruf, keine Gefangenen zu machen. Genau das erlebte auch Robertino Wild.

Am 13. August musste Wild in Frankfurt vorstellig werden und im Beisein eines Notars zwei streng geheime Dokumente unterzeichnen: Eine Stundungsvereinbarung und eine Sicherungsvereinbarung. Nicht einmal die Existenz dieser Vereinbarungen darf offen gelegt werden, so steht es in beiden Dokumenten, der Inhalt natürlich erst recht nicht. Der WirtschaftsWoche liegen beide inzwischen vor. Was sich in Frankfurt abspielte, waren Szenen einer Selbstentmündigung.

Wild musste alle Ansprüche und Rechte der CNBG aus dem Nürburgring-Kaufvertrag an einen Treuhänder abtreten. Für das operative Geschäft hatte die CNBG eine Betriebsgesellschaft gegründet, die Capricorn Nürburgring GmbH (CNG), eine 100-prozentige Tochter. Auf die Anteile an der CNG musste Wild eine Option einräumen, die es dem Treuhänder ermöglichte, die CNG-Anteile an Dritte weiterzuverkaufen. Zudem musste Wild sich verpflichten, alle Kosten zu übernehmen, die im Zusammenhang mit der Stundungs- und Sicherheitsvereinbarung entstanden, und weitere Sicherheiten stellen.

Zu diesen zählte unter anderem seine private Kunstsammlung, bestehend aus 82 Objekten. Es sind durchaus Namen bekannter Künstler darunter, Joseph Beuys etwa, Max Ernst, Candida Höfer, Gerhard Richter oder Damien Hirst. Doch was Wild von Künstlern dieses Kalibers kaufen konnte, waren eher Nebenbei-Arbeiten als Meisterwerke. Diverse Werke erscheinen durchaus ambitioniert bewertet. Die höchsten Bewertungen haben zwei quadratische „Farbkörper“ in rot und schwarz von Gotthard Graubner mit je 120.000 Euro.

Die EU-Kommission, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht entschieden hatte, informierten die Insolvenzverwalter über den Zahlungsaufschub und über die von Wild gestellten Sicherheiten. Bei der Kommission gingen derweil weitere Beschwerden unterlegener Bieter ein, so vom milliardenschweren US-Finanzinvestor HIG Capital und dem US-Technologieunternehmen Nexovation. Beide rügten den Zahlungsaufschub bei der zweiten Rate und meldeten Zweifel an der Finanzierung über die Deutsche Bank an. Zum Zahlungsaufschub teilten die Insolvenzverwalter der Kommission laut deren Beschlussvorlage mit, es sei – neben anderen Gründen – kein Problem, die Zahlungsverpflichtung zu schieben und „andere werthaltige Sicherheiten zur Sicherung des Kaufpreises“ einzusetzen.

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