Pikant ist schon die Doppelrolle von Weil als anwaltliche Berater der Insolvenzverwalter und zugleich Eigentümer des unabhängigen Treuhänders, der die Anteile von Wild übernahm. „Ein Interessenskonflikt bestand nicht“, sagt Weil-Mann Gerhard Schmidt auf Nachfrage hierzu. Dem Zweifel an der europarechtlich brisanten Frage, wie unabhängig der Treuhänder war, geben die Eigentumsverhältnisse neue Nahrung. „Ich habe erhebliche europarechtliche Bedenken“, sagt der CDU-Abgeordnete Langen, „die gesamte Konstruktion diente offensichtlich nur dazu, das Europarecht auszuhebeln. Die Verflechtungen sind hoch problematisch.“
Zusätzlich genährt werden die Zweifel noch, wenn man neben der Gesellschafterebene auch den operativen Bereich betrachtet. Nach der Abberufung von Wild als CNBG-Geschäftsführer ernannte die Gesellschafterversammlung als neuen Geschäftsführer Gerhard Jörg Wysotzki. Auch zu diesem Namen äußern sich Lieser und Schmidt auf mehrfache Nachfragen nicht. Er steht allerdings im Handelsregister. Der Grund für das Schweigen liegt auch hier nahe: Nach Recherchen der WirtschaftsWoche handelt es sich bei Gerhard Wysotzki um einen Nürburgring-Mitarbeiter und vermutlich auch um einen Lieser-Mann.
Nach der Nürburgring-Pleite haben die Insolvenzverwalter die Belegschaft in eine neue Betriebsgesellschaft transferiert. Mehrere Mitarbeiter haben der WirtschaftsWoche bestätigt, dass Wysotzki der „letzte Mohikaner“ sei, sprich der einzige verbliebene Mitarbeiter der insolventen Nürburgring GmbH, der für die Insolvenzverwalter den dort noch anfallenden Schreibkram für Sachwalter Lieser erledige. „Wir haben uns gewundert, dass einer wie Wysotzki plötzlich Geschäftsführer wurde“, heißt es bei den anderen Mitarbeitern. Die Insolvenzverwalter teilen auf Nachfrage zur Beförderung Wysotzkis mit, sie würden „zu internen Vorgängen der CNBG keine Stellung“ nehmen.
Die europarechtliche Argumentation der Insolvenzverwalter zum Weiterverkauf der Wild-Anteile an Charitonin gerät vor diesem Hintergrund schwer ins Wanken. Sie betonen, der Kaufvertrag mit der CNBG sei nicht berührt worden, lediglich auf der Gesellschafterebene der CNBG habe es einen Wechsel gegeben, und dieser sei alleine über den unabhängigen Treuhänder gelaufen. Zudem bestreiten Lieser und Schmidt energisch, mit Interessenten verhandelt zu haben und an der Auswahl des Charitonin-Konsortiums beteiligt gewesen zu sein. War das der Fall?
Bei der WirtschaftsWoche haben sich mehrere Kaufinteressenten gemeldet die bekunden, direkt mit Lieser über einen Erwerb der Wild-Anteile gesprochen zu haben. Der Insolvenzverwalter-Sprecher teilt auf Nachfragen hierzu mit: „Die Unterstellung, dass Lieser über die beim Treuhänder liegenden Gesellschaftsanteile verhandelt haben sollte, ist eine falsche Tatsachenbehauptung. Herr Lieser hat keine Verfügungsbefugnis über die bei dem Treuhänder liegenden Geschäftsanteile der Käuferin. Wenn es Verhandlungen gibt/gegeben hat/oder geben sollte, dann ist es der Treuhänder, der diese Verhandlungen führt.“
Der WirtschaftsWoche liegen allerdings Aussagen und Dokumente vor, die eine andere Deutung nahe legen. In der zweiten Oktoberwoche stellte sich eine Interessentengruppe von vier Investoren in den Räumen der KPMG in Frankfurt vor. Auch sie hatte Interesse am Zwei-Drittel-Anteil von Wild, bei den vier Interessenten handelte es sich um vermögende Unternehmer, die dem Vernehmen nach auch am Bilster Berg beteiligt sind. Wie aus Verhandlungskreisen zu hören ist, nahm neben KPMG-Vertretern auch Jens Lieser an dem Gespräch teil, weder der Treuhänder noch Wild oder Heinemann seien zugegen gewesen. Bei Gesprächen des Konsortiums am Nürburgring sei ebenfalls Lieser dabei gewesen.