Olympische Spiele Sotschi wird zum Milliardengrab

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Angst vor Putin

Als Russland 2006 den Zuschlag für die Spiele bekam, war die Erinnerung an die Demontage des einst reichsten Russen Michail Chodorkowski noch frisch. Seit der Ölmagnat wegen seines Widerspruchs gegen Putin verhaftet, verurteilt und sein Yukos-Konzern zerschlagen wurde, neigen mächtige Konzernlenker zum Kuschen vor dem Kremlboss. Roman Abramowitsch entwickelt die abgelegene Region Tschukotka im Fernen Osten mit Privatgeldern, Wiktor Wekselberg baut eine Eliteuni vor Moskaus Toren – und die Clique der Superreichen muss gemeinsam in Sotschi ran:

  • Oleg Deripaska, dessen Kerngeschäft die Produktion von Aluminium und die Fertigung von Kleinlastern ist, hat im Schwarzmeer-Städtchen Adler den internationalen Flughafen erneuert und muss ihn über ein Tochterunternehmen trotz geringer Auslastung auch betreiben. Außerdem baute seine Holding Basic Element das Olympische Dorf in Krasnaja Poljana und einen Hafen in Sotschi, für den es keinen kommerziellen Bedarf gibt.

  • Wiktor Wekselberg, der über seine Holding Renova Anteile an Maschinenbau-, Energie- und Rohstoffunternehmen besitzt, pumpte 340 Millionen Euro in den Bau eines Hotelkomplexes unter der Marke Park Inn an der Schwarzmeer-Küste. Dort stehen 3600 der 25.000 Hotelbetten, die zu den Olympischen Spiele neu geschaffen wurden. Dabei sind Sotschis Hotels ohne Olympia selten ausgelastet.

  • Iskander Machmudow ist am Ural mit der Förderung von Kupfer und Zink reich geworden. In Sotschi hat sein Unternehmen UGMK die Eissporthalle gebaut. Sie sollte nach den Spielen abgebaut und in Wladikawkas als Halle für einen Werksclub wieder aufgebaut werden. Als Putin vorschlug, dass der Staat den Sportpalast übernehmen könnte, versprach ein Manager von UMGK die Schenkung. So war er immerhin die Folgekosten los.

  • Wladimir Potanin, der mit Norilsk Nickel den größten Nickelhersteller der Welt besitzt, hatte bloß ein großes Skigebiet bauen wollen, aber die Regierung nahm ihn für den Bau von Straßen und Zuwegen in die Pflicht. So summierte sich die Investition auf mehr als zwei Milliarden Dollar.

Sie alle lassen sich vor den Karren spannen, um die Geltungssucht von Putin zu befriedigen. Er will der kritischen Weltöffentlichkeit zeigen, zu welch schicken Spielen sein Land in der Lage ist. Westliche Gäste sollen den Hut ziehen vor Putins Russland, das noch immer der Phantomschmerz plagt wegen des Niedergangs der einst glorreichen Sowjetunion. Allein, für die Oligarchen zählen derlei politische Kategorien nicht, zumal Putin mit seiner Anti-Homosexuellen-Politik den möglichen Imagegewinn für Russland zu verspielen droht. Die Oligarchen wollen Geld verdienen – und das wird schwierig.

Potanin war der Erste, der sich beschwerte. Er ließ verlauten, Rosa Chutor kein zweites Mal bauen zu wollen, wenn er die Wahl hätte. Sergej Bachin, Direktor des Resorts, beklagte monatliche Verluste von 3,2 Millionen Dollar allein, weil das Skigebiet für Testfahrten des IOC ständig geschlossen werden müsse. Die WirtschaftsWoche erfuhr aus dem Umfeld des Unternehmens, dass das Erreichen der Gewinnzone in 12 bis 15 Jahren möglich sei – sofern der Staat an der Zinslast mittrage. Potanin hatte vorgeschlagen, ganz Sotschi in eine Sonderwirtschaftszone umzuwandeln, damit Rosa Chutor über Steuervorteile schneller profitabel werden kann. Putin sagte: „Njet.“

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