Post-Chef Frank Appel "Was macht Amazon anders als wir? Nichts!"

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"Man muss mit Kopf, Herz und Bauch führen."

Dann würden es sich Unternehmen leichter machen, wenn sie genauere Gewinnziele nennen würden?

Für die interne Führung macht es vieles einfacher. Bei uns stellt im Vorstandskollegium keiner mehr die Frage nach der Höhe der Messlatte. Es gibt allenfalls noch Gespräche darüber, wie wir sie erreichen können. Deshalb sind wir auch in der Lage, uns so wie im vergangenen Jahr eine gewisse Zeit zur Transformation zu nehmen. Im vergangenen Jahr mussten wir unsere Gewinnziele zweimal senken. Die Diskussion mit Mitarbeitern und Anlegern wäre ganz anders gelaufen, wenn wir unsere langfristigen Vorgaben nicht gehabt hätten. Dann wäre die Unsicherheit viel größer gewesen, wie es im nächsten Jahr weitergeht.

Post-Chef Appel: „Das war das beste Quartal, das wir je hatten“

Sehen Sie gar kein Risiko?

Wir haben einen Korrekturbedarf gehabt, im Zusammenhang mit der IT-Erneuerung unserer Frachtsparte. Unser Projekt „New Forwarding Environment“ hat nicht die Ergebnisse gebracht, die wir uns erhofft haben. Deshalb haben wir es gestoppt und mussten einen Großteil der Investitionen abschreiben.

Wo lag der Fehler?

Wir wollten zu viel auf einmal. Wir haben die IT geändert, wir haben die Organisationsstruktur geändert, wir haben die Prozesse geändert. Heute wissen wir, dass die Organisation damit überfordert war. Wenn man viele Entscheidungen treffen muss, kann auch einmal eine falsche dabei sein. Dann ist es wichtig, die Entscheidung rasch zu korrigieren. Und deshalb habe ich in dieser Sparte zwischenzeitlich auch selbst die Führung übernommen. Wir sind davon überzeugt, dass wir jetzt auf dem richtigen Weg sind.

Wie viel Prozent des Wegs sind Sie schon gegangen?

Wir werden dieses Jahr eine deutliche Ergebnisverbesserung sehen, und beim IT-Thema haben wir eine sehr klare Vorstellung davon, was passieren muss. Aber bis wir alle Schritte umgesetzt haben, kann es mehrere Jahre dauern.

Wie wollen Sie ohne neue IT zur Konkurrenz aufschließen? Die Margen Ihrer Wettbewerber sind viel höher.

Unsere Konkurrenten haben auch ihre Probleme. Wir sind immer noch Weltmarktführer, und wir haben immer noch die besten Leute. Deshalb sehe ich keinen Grund, warum wir nicht auch wieder die besten Margen erreichen sollten.

Sie führen die Frachtsparte jetzt selbst. Bleibt das so?

Bis wir jemanden Neues gefunden haben, mache ich das weiter. Wenn wir jemanden haben, werden wir das verkünden.

Streetscooter: 2000 Exemplare des selbst entwickelten Elektrolieferwagens will die Post 2016 produzieren. Quelle: Presse

Meinen Sie damit einen neuen Vorstandskandidaten oder einen Käufer für einen Teil der Sparte?

An dem Verkaufsgerücht ist nichts dran. Ich weiß nicht, wo das herkommt.

Sie räumen jetzt seit einem Jahr in der Frachtsparte auf. Was haben Sie in der Zeit über Ihr eigenes Führungsverhalten gelernt?

Es hat sich für mich eher bestätigt, was ich schon seit Jahren sage. Man muss mit Kopf, Herz und Bauch führen. Das heißt, man muss rational über Ziele führen. Man muss analysieren, was die Stärken einer Organisation und die Stärken einer Person sind. Menschen sind dann gut, wenn sie ihre Stärken ausleben können, wenn ihnen eine Aufgabe leichtfällt. Man darf seine Leute nicht auf den falschen Posten setzen. Nicht jeder kann jeden Job.

Wie oft haben Sie in Personalfragen bereits die falsche Entscheidung getroffen?

Das passiert immer wieder einmal. Bei zehn Beförderungen hat man vielleicht zwei Fehlentscheidungen.

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