Durch Amazon könnte die Nachfrage sprunghaft ansteigen.
Das kann nur funktionieren, wenn man diese Leistung sehr günstig anbietet. Ein Kurier, der nur ein Buch oder ein Spiel innerhalb einer Stunde ausliefern soll, kostet zehn Euro. Wer das macht, muss irgendwann seine Preise erhöhen.
Warum macht Amazon es dann?
Da müssen Sie in Seattle nachfragen. Es klingt natürlich erst mal sexy, wenn man Zustellung binnen 90 Minuten ankündigt. Das verschafft Aufmerksamkeit, das haben wir auch bei unseren Drohnen-Lieferungen erlebt. Aber auch die bedienen nur einen Nischenmarkt. Übrigens sind wir mit unserem Paketcopter wesentlich weiter als Amazon mit seiner Drohne.
Sind Sie innovativer als Amazon?
Wir haben jedenfalls nie die Angst gehabt, uns selbst zu kannibalisieren. Ich dränge meine Mitarbeiter immer: Wenn ihr eine Kannibalisierungsidee habt, dann setzt die um. Sonst könnte irgendwer anderes auf die Idee kommen. Wir haben als Erste Packstationen aufgestellt, andere kamen damit erst Jahre später. Wir haben als Erste einen Paketkasten angeboten, nicht der Wettbewerb. Und wir haben auch Elektroautos selbst entwickelt. Jetzt produzieren wir sie bereits in Serie.
Sie glauben nicht, dass Amazon Ihren Markt aufrollt?
Nein, das glaube ich nicht. Amazon war für den stationären Handel disruptiv, weil ihr Internetshop Transparenz und eine größere Auswahl ermöglicht hat. Das Amazon-Smartphone war nicht disruptiv. Da ist Amazon in einen Markt eingetreten, in dem Apple, Samsung und andere bereits sehr kundenfreundliche Angebote hatten. Das hat nicht funktioniert. In München hat Amazon jetzt ein Lager gebaut und liefert Pakete aus. Was machen die dort anders als wir? Nichts! In der Zustellung gibt es keine Disruption. Und das Gleiche gilt für das Fliegen der Pakete. Amazon hat jetzt eigene Flugzeuge, aber das sind die gleichen Flieger, die UPS, FedEx und wir nutzen. Und die haben genauso zwei Piloten im Cockpit sitzen wie wir.
Ihr Konkurrent Royal Mail hat anders reagiert. Als Amazon in Großbritannien seinen Markteintritt verkündet hat, musste Royal Mail seine Prognose um die Hälfte kürzen. Was unterscheidet Sie so sehr?
Mit unserem deutschen Paketgeschäft sind wir weltweit ein Maßstab für Zustellqualität. Dieses Feedback erhalten wir übrigens auch von Amazon. An unsere Leistungsfähigkeit reichen andere nicht heran.
Trotzdem haben Sie Ihre langfristigen Ziele im vergangenen Jahr noch mal überdacht.
Und wir haben sie bestätigt. Unsere Strategie 2020 basiert auf zwei Grundannahmen: Die erste ist, dass wir uns in einer grundsätzlich attraktiven Industrie bewegen. Da fühle ich mich durch das Interesse von Unternehmen wie Amazon eher bestätigt. Die zweite ist, dass wir eine sehr gute Marktposition haben und deshalb organisch wachsen können.
Was die Post mit ihrer Strategie 2020 erreichen will
Auch der Kohlenstoffdioxid-Ausstoß soll verringert werden: Bis 2020 will die Post ihre Energie-Effizenz um 30 Prozent verbessern. Vor kurzem kaufte der Dax-Konzern zum Beispiel den deutschen Elektroauto-Entwickler Streetscooter auf.
Die Aktie Gelb soll weiter steigen: Post-Chef Frank Appel möchte zur ersten Wahl für Anleger werden. Zwischen 40 und 60 Prozent des Nettogewinns sollen die Aktionäre jährlich als Dividende ausgeschüttet bekommen.
Auch die Kundenzufriedenheit soll steigen - auf über 80 Prozent. Nach Recherchen der WirtschaftsWoche beschwerten sich allerdings vor allem deutsche Großkunden zuletzt über die Briefzustellung.
Der Gewinn ist die wichtigste Ziellinie in der Strategie 2020: Bis zum Ablauf der Frist will Appel fünf Milliarden Euro Plus machen. Dazu müsste er pro Jahr den Gewinn um acht Prozent steigern. Die Brief- und Paketsparte, die ihren Umsatz vor allem in Deutschland macht, soll drei Prozent Gewinnsteigerung pro Jahr dazu beisteuern - das Expressgeschäft, die Logistik- und Speditionssparten müssen zehn Prozent mehr im Jahr verdienen.
Kein anderer Dax-Konzern hat so konkrete und zugleich so ehrgeizige Ziele.
In Deutschland hat der durch den Onlinehandel ausgelöste Paketboom die Deutsche Post weit nach vorne getrieben. Jetzt will der Bonner Konzern diesen Effekt auch in den Schwellenländern mitnehmen: Bis 2020 soll sich der Marktanteil in diesen Regionen von 22 auf 30 Prozent erhöhen. Der Fokus liegt dabei auf Brasilien, Indien, China, Russland und Mexiko.
Auch bei den Mitarbeitern möchte die Post die erste Wahl sein. Ziel des Vorstand ist es, in den Mitarbeiterbefragung eine Zustimmungsquote von über 80 Prozent zu erlangen. Zuletzt lag die Quote bei ungefähr 70 Prozent.
Es gibt keine Dax-Firma, deren Ziele so konkret sind wie Ihre: fünf Milliarden Gewinn bis 2020. Sie haben detaillierte Vorgaben, welche Sparte wie viel erwirtschaften soll. Warum setzen Sie sich so viel Druck aus?
Dabei geht es nicht um Druck, auch nicht um Ehrgeiz, sondern um klare Ausrichtung und Transparenz. Zum einen erleichtern diese Ziele die Diskussion mit den Anlegern und auch den Mitarbeitern, weil sie uns an konkreten Zielen messen können und nicht das Gefühl haben müssen, einen Blick in die Glaskugel werfen zu müssen. Und das Zweite ist: Die konkreten Ziele, über die wir uns ja im Vorhinein sehr intensiv mit dem Aufsichtsrat verständigen, halten uns auf Kurs.