Probleme bei Ryanair Alpha-Großmaul O'Leary muss selbst notlanden

Durch eine Pannenserie ist Billigflieger Ryanair ins Gerede gekommen. Doch am Ende hat der Discounter weniger ein Problem mit der Sicherheit seiner Maschinen, sondern mit seinem rücksichtslosen Image.

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Das Schicksal meint es derzeit nicht gut mit Ryanair-Chef Michael O’Leary. Fast täglich muss das Alpha-Großmaul der Flugbranche derzeit eine neue Notlandung vermelden. Mal fehlt mehreren Maschinen in Spanien der Sprit. Dann muss ein Flieger vom deutschen Weeze deutlich vor dem Ziel Mallorca runter, weil es bei heftigen Turbulenzen mehrere Verletzte gab. Am Samstag fiel dann zwischen Großbritannien und Barcelona eines der beiden Triebwerke aus. Gestern schließlich gab es ein nicht näher benanntes technisches Problem zwischen Paris und den Kanaren.

Die Reaktionen kamen prompt und heftig. Die spanischen Aufsichtsbehörden kündigte eine gründliche Untersuchung der Discounterflotte an. Einige Medien zweifeln an der Sicherheit der Maschinen, nicht zuletzt weil auch die deutsche Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit berichtet, Ryanair würde seine Piloten zu besonders knappem Tanken anleiten Schließlich bedeutet mehr Sprit nun mal mehr Gewicht, mehr Gewicht mehr Kosten. Und Kosten kann O’Leary nun mal noch weniger leiden als Umweltschützer und Brüsseler Bürokraten.  

Also müssen nun alle gut 80 Millionen Passagiere, die Ryanair in den kommenden zwölf Monaten wahrscheinlich befördert, nun mit schlotternden Knien in die Maschinen steigen?  Keineswegs.

Zum einen arbeitet wohl keine Branche unter so strenger Aufsicht wie die Fluglinien. Die Luftaufsichtsbehörden prüfen die Flugzeuge, alle Hersteller und Wartungsbetriebe sowie jedes Ersatzteil extrem gründlich. Dazu wird jeder kleine Zwischenfall genau erfasst und gemeldet, auch wenn es am Ende nur ein Fehlalarm war.

Die größten Billigflieger Europas
Die von deutschen Flughäfen aus startenden Billigflieger sind nach einer Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) teurer geworden. Je nach Fluglinie lagen die Durchschnittspreise für einen einfachen Flug im vergangenen Herbst zwischen 70 und 140 Euro brutto, wie das Forschungsinstitut berichtete. Im vorangegangenen Sommer hätten sie noch bei 50 bis 130 Euro gelegen. Insgesamt nutzten im ersten Halbjahr 2014 der Studie zufolge knapp 31 Millionen Passagiere Angebote sogenannte Low Cost Carrier. Im Sommerflugplan 2014 bedienten sie insgesamt 722 Strecken in und ab Deutschland - ein Plus von rund 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Doch verlief die Entwicklung regional sehr unterschiedlich. Die meisten Günstigflieger-Passagiere verzeichneten die Berliner Flughäfen. Auch die Airports Hamburg und Köln/Bonn konnten ihr Passagieraufkommen steigern. Starke Rückgänge gab es dagegen auf Regionalflughäfen wie Weeze oder Hahn, wo sich die gesunkene Präsenz von Ryanair bemerkbar machte. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
Platz zehn: Air Baltic mit 25 FlugzeugenDie lettische Fluggesellschaft Air Baltic belegt mit 25 Flugzeugen, darunter fünf Boeing 737–500, acht Boeing 737–300 und zwölf Q-400 NextGen Platz zehn. Quelle: Presse
Platz neun: Aer Lingus mit 50 FlugzeugenMit 50 Flugzeugen liegt Air Lingus auf Rang neun. Zu der Flotte der irischen Fluggesellschaft zählen je drei Boeing 757-200, Airbus A330-200, Airbus A321-200, jeweils vier Airbus A319-100 und Airbus A330-300 und 33 Airbus A320-200. 2015 sollen außerdem neun Flugzeuge vom Typ Airbus A350-900 an die Fluglinie ausgeliefert werden. Quelle: dpa
Platz acht: Wizz Air mit 54 FlugzeugenDie ungarische Fluglinie Wizz Air hat ihr Streckennetz vor allem in Osteuropa. In Deutschland fliegt sie die Flughäfen in Dortmund, Frankfurt-Hahn, Köln/Bonn, Lübeck und Memmingen an. Wizz Air verfügt über eine junge Flotte mit Flugzeugen vom Typ Airbus 320. Alle 54 Flugzeuge werden von V-2500-Motoren von International Aero Engine betrieben. Quelle: dapd
Platz sieben: Jet2 mit 55 FlugzeugenDie britische Billig-Airline Jet2 gibt es erst seit 2002, trotzdem hat sie mit 55 Flugzeugen eine der größten Flotten unter den europäischen Billig-Airlines. Mit den 23 Boeing 737-300, einer Boeing 737-300F, sieben Boeing 737-300QC und jeweils zwölf Boeing 737-800 und Boeing 757-200 fliegt die Airline viele Urlaubsziele im Mittelmeer und außerdem New York City an. Quelle: Presse
Platz sechs: Germanwings mit 57 FlugzeugenGermanwings schafft es mit einer Flotte von 57 eigenen und 23 Eurowings-Flugzeugen auf Platz sechs unter den Top 10 der europäischen Billig-Airlines. Ab Frühjahr 2015 sollen 64 eigene Flugzeuge der Typen A319 und A320 sowie 23 durch Eurowings betriebene Regionalflugzeuge für Germanwings im Einsatz sein. Quelle: dpa/dpaweb
Platz fünf: Flybe mit 62 FlugzeugenDie britische Airline Flybe betreibt mit 45 Maschinen die größte Flotte an Bombadier DashQ8-400 Maschinen weltweit. Hinzu kommen noch elf Maschinen vom Typ Embraer 175 (vier weitere sind bestellt) sowie sechs Jets vom Typ 195. Flybe hat seinen Sitz in Southhampton und fliegt in Deutschland die Flughäfen in Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Hannover und Stuttgart an. Quelle: Presse

Sicher, Ryanair hat Zwischenfälle auf seinen Flügen. Doch die haben andere auch. Bislang war keiner der Iren so schlimm, wie Anfang des Monats als eine US Linie eine Tür verloren hat. Von einem Absturz ganz zu schweigen. Und wenn Ryanair im Moment mehr Ausfälle hat, liegt das nicht zuletzt daran, dass der Geizcarrier in den vergangenen Jahren einfach verdammt groß geworden ist. Die Linie hat fast 300 Flugzeuge und macht damit 1600 Flüge am Tag oder eine mehr als eine halbe Million Start pro Jahr. Da ist die Wahrscheinlichkeit, dass eines der viele Millionen Teile im Flugzeug oder einer der Piloten einen Fehler haben relativ hoch.

Also alles OK bei Ryanair?

Also alles OK bei Ryanair?

Wenn der Jet zum Walfisch wird
Condor und Tigerente Quelle: Sebastian Dahmer
Boeing 737 mit Adler Quelle: Pressebild
Der Sunshine-State-Flieger Quelle: Pressebild
Der Wal am Himmel Quelle: Pressebild
Die patriotische Idee Quelle: Pressebild
Der Wunsch-Flieger Quelle: Pressebild
Das Zeichen für die Rugby-Stars Quelle: Pressebild

Nicht ganz. Denn die unfreiwilligen Schlagzeilen sind am Ende doch ein Problem für die Linie. Dass ihre Fehler deutlicher wahrgenommen werden als bei andere Linien, hat vor allem einen handfest Grund: die brutale Öffentlichkeitsarbeit der Linie. Wer grundsätzlich alle anderen für Idioten hält, Passagieren mit immer neuen Tricks das Geld aus der Tasche zieht und auch berechtigte Kundenansprüche verzögert oder ganz abbügelt sowie immer nur auf geiz setzt, darf sich nicht wundern, wenn ihm die Kunden alles zutrauen.

„Wer dauernd auf Kosten der Kunden spart, dem traut man auch zu, er könne auch auf Kosten der Sicherheit sparen“, sagt der Hamburger Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt. „Und wer alle verärgert, darf sich nicht wundern, wenn ihm am Ende keiner zur Seite springt.“  

Diese Lehre gilt für Ryanair, aber am Ende auch für alle anderen Fluglinien, die in Zeiten der Not aus Kostengründen in Sachen Kundendienst ans „ryanairen“ denken. Denn das trübt nicht nur das Image, sondern auch die wirtschaftlichen Aussichten der Linie. Ryanair jedenfalls wird nach der Pannenserie nun erst mal ein paar Wochen besonders genau unter die Lupe genommen.

Vieles was O'Leary sagt ist Unsinn

Das beste Mittel dagegen wäre nun ein anderes Auftreten. Ein stereotypes Bekenntnisse zur Sicherheit hilft den Iren da wenig, zumal O’Leary das gleich mit kräftigen Attacken gegen die spanischen Aufsichtsbehörden, die Gewerkschaften und, und, und, verbindet.

Seine beliebteste Ausrede ist immer, das sei nun mal seine Natur. Sanftes oder gar sachliches Reden sei nicht seine Sache, sondern die eines Nachfolgers, wann immer der mal kommt. Denn sein Vize Michael Cawley ist zumindest ebenso schroff, nur ohne O’Learys Humor.

Wer O’Leary näher kennt, weiß: das ist Unsinn, wie so vieles was der kantige Manager in Jeans und Karohemd sagt. Auf seinen Hauptversammlungen kann der gelernte Wirtschaftsprüfer schließlich durchaus sachlich und fundiert argumentieren – und das nicht nur für seine Rabaukenverhältnisse.

Gut, das gelingt ihm auch höchstens eine Stunde lang. Aber für eine angemessene Reaktion auf die Zwischenfälle im Flug wäre das aber sicher genug.

Am Ende ist es auch billiger das Geholze. Und das sollte selbst O’Leary überzeugen.

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