Probleme der Lufthansa Sieben Schritte zur Sanierung

Der Lufthansa droht ein Mammutstreik. Konzernchef Spohr darf aber auch die anderen Baustellen nicht aus den Augen verlieren: Mehr Billigverkehr und eine schlanke Organisation sollen die Zukunft der Fluglinie sichern.

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Lufthansa Quelle: dpa

Ein Flugzeugabsturz, schier endlose Arbeitskämpfe mit Piloten und Flugbegleitern sowie ständig neue Kosten durch Flughäfen oder die Luftraumüberwachung – seine gut ein Jahr dauernde Zeit als Lufthansa-Chef hat Carsten Spohr hat wahrscheinlich mehr unangenehme Überraschungen beschert als seinen drei Vorgängern zusammen.

Doch so richtig geärgert hat den 48-Jährigen wahrscheinlich nur eine Sache: Der Eindruck, er habe vor lauter Reaktionen auf Krisen und den ständig verschärften Sparprogrammen seinen beim Amtsantritt verkündeten Umbauplan der sieben Schritte aus den Augen verloren. Darum präsentierte Spohr – einen Tag bevor sich zeigt, ob die Flugbegleiter-Gewerkschaft UFO einen Streik zur Haupturlaubszeit ausruft – noch mal sein Konzept. Unter der Schlagzeile "7to1 – Our way forward" stellte er in der bequemen Lounge am Frankfurter Flughafen nochmals alle Details vor.

Die sechs größten Baustellen der Lufthansa

Lufthansa fliegt nur noch Strecken, die Geld bringen

Die "Fortschritte und Maßnahmen auf den sieben Handlungsfeldern" sind wesentlich lebendiger und konkreter als es die Einladung versprach. Damit Lufthansa auch in zehn Jahren noch zu den Marktführern gehört, will er zum einen den Service neu denken. Lufthansa soll weiter rund 2,5 Milliarden Euro pro Jahr investieren, aber nur noch Strecken fliegen, die Geld bringen. Für mehr Gewinn sorgen soll – neben Sparprogrammen und einem Fokus auf profitable Geschäfte – auch eine neue Organisation mit weniger Führungsebenen und mehr Verantwortung für Mitarbeiter. Und zu guter Letzt will Spohr die Lufthansa digitaler aufstellen.

Der Wandel ist bitter nötig. Das von ihm als quasi als Chefassistent des vorherigen Konzernchefs Christoph Franz geprägte Effizienzprogramm Score bringt zwar nach drei Jahren mehr als die geplanten gut zwei Milliarden Euro ein. Doch am Ende kletterte der Überschuss nur um ein paar hundert Millionen Euro. Denn fast genauso schnell wie Spohr und seine Leute Ausgaben kürzen und die Kunden zu zusätzliche Ausgaben verführen oder zwingen, wachsen neue Ausgaben nach oder zwingen effizientere Wettbewerber zu mehr Rabatten.

So bleiben am Ende zwar noch 1,5 Milliarden Euro operativer Gewinn. Das klingt nach viel. Doch es ist zu wenig, um durch besseren Service, mehr Marketing und neue Routen Billigfliegern oder trotzen.

Lufthansa zieht sich aus Düsseldorf zurück

Für die Mitarbeiter bedeutet das härtere Zeiten. Glaubten viele Mitarbeiter, allen voran die Piloten, noch vor einem Jahr, durch Streiks verhindern zu können, dass Spohr immer mehr Verkehr von der klassischen Lufthansa auf die Billigtöchter verlagert, so ist nun klar: der drahtige Konzernlenker will eher mehr als weniger verlagern. Er hat kein Problem, die Zahl der Flieger der Marke Lufthansa von einst geplanten 480 Maschinen nicht nur auf die heute 310 Jets zu schrumpfen, sondern kann sich auch 250 Flugzeuge und weniger vorstellen. Selbst dass sich die Marke Lufthansa ganz auf Langstreckenflüge beschränkt und Zubringer von Billigtöchtern innerhalb oder außerhalb des Konzern erledigen lässt, ist nicht mehr undenkbar.

Denn das, glaubt Spohr, ist immer noch besser als Strecken und Kunden komplett der Konkurrenz zu überlassen. Dafür ist Spohr auch bereit, neue Fluglinien zuzukaufen oder bei der Billigtochter Eurowings Investoren von außerhalb zuzulassen.

Ängste der Piloten werden real

Was Spohrs Vorgabe "Perspektive statt Privilegien" bedeutet, erleben gerade Kunden und Belegschaft in Düsseldorf. Vom drittgrößten – und lange lukrativsten – Flughafen im Netz zieht sich die Lufthansa als Marke weitgehend zurück. Nachdem sie auf der Kurzstrecke bereits alle Flüge – außer denen nach Frankfurt und München – an ihre Billigtochter Germanwings übergeben hat, kappt sie nun die verblieben Langstrecken auf eine Route nach New York. Und das liegt nicht an der Macht der Golflinien, sondern an den US-Linien Delta und American mit ihrem Partner Air Berlin, die besonders in der Economy-Class deutlich effizienter und damit für Kunden preiswerter fliegen.

Dazu praktiziert Eurowings konsequent eine neue Tarifpolitik. Wen sie noch neu einstellt, der bekommt statt eines besser dotierten Lufthansa-Arbeitsvertrags nun einen einfacheren von Eurowings mit weniger Grundgehalt und schmaleren Zulagen.

Das Vorbild scheint zu wirken. Hatten es die Gewerkschaften gerade angesichts der Erfolge der Piloten in den vergangenen Jahren nicht leicht in ihrem Werben für Kompromisse, so ist die Bedrohung nun real.

Noch ist freilich offen, ob sein Konzept Spohrs Belegschaft genauso schnell überzeugt wie die Investoren. Denn von der bequemen Lounge eilte Spohr zurück an seinen Schreibtisch mit der direkten Leitung zum Krisenstab. Er habe sich für heute Abend erstmal nichts vorgenommen, ließ er verlauten.

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