Reisekonzern Tui AG will Tui Travel schlucken

Tui-Konzernchef Friedrich Joussen bereitet seinen größten Coup vor: Die deutsche Tui AG soll die britische 54-Prozent-Tochter Tui Travel übernehmen.

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Touristikkonzern TUI Quelle: dpa

Das größte europäische Reiseunternehmen ist auf bestem Weg, zum größten Touristikkonzern der Welt zu werden: Die Tui AG will den Aktionären der Tui Plc bis zum Herbst ein Übernahmeangebot unterbreiten. Schon heute hält die in Hannover ansässige Holding 54 Prozent der britischen Tochter. Gelingt der Coup, wäre Konzernchef Friedrich Joussen seinem Ziel, das Unternehmen zu sanieren und zukunftsfest zu machen, einen großes Stück näher gekommen.

Die bisherige Zweiteilung ist ein Geburtsfehler der Tui. Als der Reiseveranstalter im Frühjahr 2007 die britische First Choice Travel übernehmen wollte, reichte das Geld nicht, um das gesamte Unternehmen zu kaufen. Als Kompromiss gründeten die beiden Partner die Tui Travel Plc. Die Tui AG übernahm gut die Hälfte der Anteile an der neuen Tochter, die übrigen 46 Prozent der Aktien blieben bei den First-Choice-Eigentümern.

Damit war eine neue Doppelstruktur ohne betriebswirtschaftlichen Sinn entstanden: Sämtliche Veranstalteraktivitäten – und damit der weitaus größte Teil des Geschäfts – wurden in Großbritannien abgewickelt, bei der Holding in Deutschland verblieben lediglich die – überschaubaren - konzerneigenen Hotelbeteiligungen, die Konzernfluggesellschaften, die Incoming Agenturen, Reisebüros, die Beteiligung an der defizitären Containerreederei Hapag-Lloyd und die Hälfte an dem neuen und erfolgreichen, aber noch kleinen Kreuzfahrt-Joint Venture Tui Cruises, an dem die US-Kreuzfahrtreederei Royal Caribbean die anderen 50 Prozent hält.  

Marktanteile von Reiseveranstaltern und Internet-Portalen Quelle: TUI-Geschäftsbericht 2012,2013

Joussen, vor eineinhalb Jahren zum Vorstandsvorsitzenden und damit zum Nachfolger des langjährigen, aber meist glücklosen Tui-Chefs Michael Frenzel berufen, hat damit die entscheidenden Schritte eingeleitet, die den Geburtsfehler beheben – und ganz nebenbei seine eigene Machtposition stärken und festigen. Bisher musste Joussen sich bei seinen Entscheidungen mit Peter Long abstimmen. Der Tui-Plc-Chef war als Hauptverdiener des Gesamtkonzerns der natürliche Gegenspieler von Joussen.

Mit der Übernahme von Longs Reich wäre der Machtkampf entschieden. Zwar soll der Brite gesichtswahrend bis 2016 zum Co-Vorstandschef des neuen Großkonzerns aufrücken. Die Demission ist aber schon terminiert: Ab 2016 wird Joussen das Unternehmen allein führen, Long übernimmt dann den Aufsichtsratsvorsitz. Die neue Tui AG hat weltweit rund 30 Millionen Kunden, ist mit mehr als 230 Hotels und Resorts der größte Ferienhotelbetreiber der Welt und hat 74000 Mitarbeiter in 130 Ländern.

Die jetzt angekündigte Übernahme war schon mehrmals in der Diskussion, auch Joussen-Vorgänger Frenzel hatte mögliche Szenarien mehrfach durchspielen lassen. Das Vorhaben scheiterte allerdings stets an den fehlenden Finanzen. Die sind bei Joussens Deal kein Thema: Die Übernahme soll über die Bühne gehen, ohne dass ein einziger Euro fließt. Auszahlen will Joussen die Plc-Altaktionäre mit AG-Aktien, deren Kurs seit seinem Amtsantritt kräftig gestiegen ist – durch die von ihm eingeleiteten Sanierungsschritte ebenso wie durch das allgemein aktienfreundliche Börsenklima.

Damit der Deal auch von den Arbeitnehmervertretern im Tui-Aufsichtsrat durch gewunken wird, soll der künftige Sitz des Konzerns in Hannover bleiben. Notiert werden soll die Aktie an der Londoner Börse, später auch in Frankfurt.

Wenn Joussen jetzt in absehbarer Zeit auch noch die restlichen Anteile an der Containerreederei Hapag-Lloyd halbwegs gewinnbringend losschlägt, hätte er sein Ziel erreicht.

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