Nicht selten entdecken die Sortierer in dem zurückgeschickten Anzug noch eine Theaterkarte, oder das Dirndl riecht nach Bier und Zigarettenqualm. Auch Wanderschuhe oder Bikinis werden gerne umgetauscht - allerdings erst nach den Sommerferien. Und selbst Fernseher sollen sich Kunden schon vor großen Fußballspielen geliehen haben.
Für jeden neunten Händler sind diese missbräuchlichen Rücksendungen ein ernstes Problem, ergab eine Umfrage des Kölner Instituts für Handelsforschung (IFH). „Wenn uns ein Kunde auffällt, der die Retouren gezielt ausnutzen will, legen wir die Rücksendungen des Kunden beiseite und benachrichtigen den Hersteller“, erklärt Dienstleister Wiedemann.
Retourenquote nach Zahlungsweise
Rücksendequoten für Mode-Artikeln
Rechnung: 55,65 Prozent
E-Payment: 44,10 Prozent
Vorkasse: 30,15 Prozent
Rücksendequoten für Unterhaltungselektronik
Rechnung: 18,60 Prozent
E-Payment: 13,68 Prozent
Vorkasse: 8,59 Prozent
Quelle: Forschungsgruppe Retourenmanagement, Universität Bamberg
Rücksendequoten für Bücher und Medien
Rechnung: 11,45 Prozent
E-Payment: 8,08 Prozent
Vorkasse: 4,46 Prozent
Der Online-Riese Amazon wollte den Betrug nicht mehr hinnehmen. Vor zwei Jahren sperrte der Versandhändler eine Reihe von Kunden, die durch massenhafte Rücksendungen auffielen. Amazon benachrichtigte die Nutzer mit einer E-Mail - und bemühte sich dabei nicht um Höflichkeit: „Wir müssen Sie darauf hinweisen, dass wir aufgrund der Überschreitungen der haushaltsüblichen Anzahl von Retouren in Ihrem Kundenkonto zukünftig leider keine weiteren Bestellungen entgegennehmen können und Ihr Amazon-Konto mit sofortiger Wirkung schließen."
Der Fall bildet eine Ausnahme, ergab eine Umfrage des Verbraucherzentrums Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr. 200 Onlinehändler schrieben die Verbraucherschützer an, die wenigsten wollten sich überhaupt zu dem Thema äußern. Nur fünf der Händler - darunter der Online-Shop von Tschibo - gaben an, dass sie Nutzer abmahnen und im schlimmsten Fall sperren. Dabei sind die Retouren für die Händler mit immensen Kosten verbunden.
Etwa zehn Euro kostet eine Rücksendung die Internetshops im Durchschnitt, haben die Forscher des EHI ermittelt. Eingerechnet sind die Porto-Kosten, aber auch der Aufwand, die zurückgesendeten Kleider, Bücher oder DVDs zu sortieren, auf Fehler und Gebrauchsspuren zu kontrollieren und eventuell wieder zu reparieren.
Onlinehändler müssen Kosten nicht übernehmen
Immerhin, etwa 70 Prozent der Retouren können weiterverkauft werden. Der Rest ist B-Ware, taugt höchstens noch als Mängelexemplar. "Der Großteil der nicht verkäuflichen Rücksendungen wird vernichtet", sagt Hilka Bergmann. Bei einigen Artikelkategorien, wie etwa Möbeln, ist die Vernichtungsquote noch höher. Kaum eine Schrankwand übersteht zwei Transporte und Auf- und Abbau unbeschadet.
Gesetzlich verpflichtet sind die Onlinehändler eigentlich nur dazu, den Kunden ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu gewähren. Auch die Kosten für die Rücksendungen müssen sie nicht übernehmen. Seit einer Gesetzesänderung im Sommer könnten sie die Retouren dem Kunden in Rechnung stellen.
Geändert hat das kaum etwas: 76 Prozent übernehmen weiter jeden Cent für die Rücksendungen. Damit sind die Onlinehändler bei Rücksendungen noch viel großzügiger als bei der Auslieferung der Ware, bei der ein Großteil der Shops erst ab einem bestimmten Einkaufswert seinen Kunden die Versandkosten erlässt.