Rickmers-Anleihe Böses Erwachen für die Anleger

Die nächste Mittelstandsanleihe platzt: Rickmers bittet seine Gläubiger um Hilfe. Die Anleger sollen auf den Großteil ihres Geldes verzichten. Schicken sie die Reederei in die Insolvenz, bleibt kaum was übrig.

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Das Hamburger Museumsschiff

Die nächste Mittelstandsanleihe enttäuscht ihre Emittenten: Auch die Anleger von Rickmers werden einen Großteil ihres Geldes nicht wiedersehen. Insgesamt 275 Millionen Euro hatte sich die Reederei bei ihnen geliehen und dafür 8,875 Prozent Zinsen versprochen. Im Juni nächsten Jahres wäre das Geld fällig gewesen. Doch schon heute ist klar: Das kann die Reederei nicht zahlen. Vielleicht reicht es nicht mal mehr für die 24 Millionen Euro an Zinsen, die im Juni fällig würden.

In einem Brief fordert Rickmers seine Gläubiger nun auf, über die Sanierungspläne der Reederei abzustimmen. Vom 8. bis zum 10. Mai sollen die Anleger ihre Stimme per Post, Fax oder E-Mail abgeben können. Es ist eine Wahl zwischen einem großen und einem noch größeren Übel: Stimmen sie der Sanierung zu, bleibt kaum noch etwas übrig. Schicken sie die Reederei in die Insolvenz, ist es noch weniger.

Der Plan der Reederei sieht vor, einen Teil der Bankschulden und die Anleiheschulden in einer Luxemburger Tochterfirmer zu bündeln, der LuxCo. An die LuxCo will Eigentümer Bertram Rickmers dann 75,1 Prozent der Unternehmensanteile übertragen, die dadurch den Anleihen-Gläubigern, der HSH und gegebenfalls einem "weiteren Gläubiger gehören", wie es in dem Papier heißt. Nach Informationen der WirtschaftsWoche handelt es sich dabei um die UniCredit, die noch keine Zustimmung zu den Sanierungsplänen gegeben haben soll.

von Jacqueline Goebel, Henryk Hielscher, Saskia Littmann

Die Anleger sollen die Mehrheit an dem Konstrukt erhalten: Mindestens 57,6 Prozent. Der HSH würde dann nach derzeitigem Stand 36,1 Prozent der LuxCo gehören, der UniCredit maximal 6,3 Prozent.

Bertram Rickmers will seine Gläubiger dann auszahlen, indem er die LuxCo spätestens in drei Jahren an einen Investoren verkauft. Allerdings würden die Anleihen-Gläubiger deshalb nicht automatisch auch die Mehrheit des Verkaufspreis erhalten: Wie aus dem Papier hervorgeht, haben die Banken ein Vorrangsrecht auf 54,1 Millionen Dollar. Wie hoch der Kaufpreis sein könnte, darüber lässt sich ohnehin nur spekulieren.

Der Brief enthält noch weitere brisante Details. So gehörte dem Unternehmen unter anderem eine Yacht. Die soll Rickmers im März nun für 600.000 Dollar verkauft haben. Ein kleineres Containerschiff mit einer Kapazität von 1850 Standardcontainern konnte die Reederei für 3,8 Millionen Dollar verkaufen. Damit schrumpft die Flotte der Reederei weiter.

HSH will verpfändete Gelder freigeben

Ohnehin ist bisher unklar, was von der Rickmers Gruppe nach der Sanierung noch übrig bleiben würde. Laut des Papiers will die Reederei einen Teil ihrer Schiffe verkaufen. Mit dem Geld aus den Verkäufen sollen dann Hypothekendarlehen bei der HSH beglichen werden. Um wie viele Schiffe es dabei geht, ist nicht bekannt.

Bertram Rickmers Imperium zerfällt. Noch gehört ihm das Unternehmen ganz allein, stimmen die Anleger zu, würden ihm nur noch 24,9 Prozent bleiben. Rickmers will außerdem rund 30 Millionen Euro aus seinem Privatvermögen einzahlen, und auf ein Drittel seiner Aufsichtsratsbezüge verzichten. Auch seine Vorstände wollen auf einen Teil ihrer Boni verzichten.

Und auch die Mitarbeiter müssen wohl mit Einschnitten rechnen. So will Rickmers bei "Beratungs- und Personalkosten" sparen. Im Juni 2016 beschäftigte Rickmers rund 500 Mitarbeiter an Land und weitere 1700 auf dem Wasser.

Immerhin, im Gegenzug zu den Maßnahmen verpflichtet sich nun die HSH als größter Gläubiger dazu, bereits verpfändete Gelder von Rickmers wieder freizugeben. Sonst könnte die Reederei im Juni nicht mal mehr die Anleihezinsen zahlen. Damit will Rickmers die Anleger nun ködern.

Bis zum 10. Mai können sie nun entscheiden, ob sie diesen Plan unterstützen wollen. Allerdings ist die Abstimmung nur gültig, wenn die Wähler mindestens die Hälfte aller Anleihen-Anteile halten. Sonst müsste ein zweites Treffen stattfinden, bei dem dann nur noch 25 Prozent der Gläubiger vertreten sein müssen.

Im Fall einer Insolvenz, warnt Rickmers seine Gläubiger, blieben wohl auch im besten Szenario nicht mal genug Geld übrig, um die Zinsen zu zahlen - also weniger als 24 Millionen Euro von ursprünglich mal 275 Millionen Euro plus Zinsen.

Das Anlegergeld bliebe damit für immer verschollen, irgendwo im Bermuda-Dreieck der Mittelstandsanleihen.

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