Russische Touristen Hilfe, die Russen kommen nicht mehr

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Russen folgen Aufforderung ihrer Regierung

Russische Patienten zahlen je nach Eingriff zwischen 5000 und 30.000 Euro, sagt ein Vermittler von russischen Kunden, der anonym bleiben will. Dass russische Medizintouristen Deutschland in diesem Jahr meiden, zeigt sich am deutlichsten in der Uniklinik Freiburg. Dort werden die meisten Russen in Deutschland behandelt, fast jeder zweite ausländische Patient kommt aus dem größten Land der Welt.

Die beliebtesten Reiseziele weltweit
Kapstadt, Südafrika Quelle: dpa
Eiffelturm Quelle: dpa
Casa Rosada, Buenos Aires, Argentinien Quelle: dpa
Kolosseum, Rom Quelle: dpa
Tower Bridge, London Quelle: REUTERS
Karlsbrücke, Burg in Prag, Tschechien Quelle: dpa
Pfirsichblüte, Hanoi, Vietnam Quelle: REUTERS

Die Mitarbeiter im internationalen Büro haben dieses Jahr aber deutlich weniger zu tun: Bis Mitte November verzeichnete die Freiburger Uniklinik einen Rückgang von Patienten aus Russland von etwa 30 Prozent, also 500 Klinikaufenthalte weniger als noch im Vorjahr. In der Uniklinik Stuttgart ist der Rückgang ähnlich dramatisch. Eine Sprecherin teilte auf Anfrage mit: „Ein Grund dürfte auch die Aufforderung der russischen Regierung an die Bevölkerung sein, sich im eigenen Land behandeln zu lassen.“

Hotels: mindestens 100 Millionen Euro Verlust

In den vergangenen Jahren wurde Deutschland als Reisedestination für Russen immer beliebter, der jährliche Zuwachs lag fast durchgehend im zweistelligen Bereich. Doch dieses Jahr folgte ein dramatischer Rückgang: Rund 900.000 Übernachtungen weniger werden von russischen Gästen kommen. „Der Einbruch ist bedauerlich, weil sich der Markt in den Vorjahren dynamisch entwickelt hat“, sagt eine Sprecherin des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft. Und der Rückgang ist wirtschaftlich spürbar: Jeder dritte Russe schläft gern in 4- und 5-Sterne-Hotels. Das zeigt eine Studie der Deutschen Zentrale für Tourismus. Eine Nacht in gehobenen Hotels kostet laut statistischem Bundesamt durchschnittlich mindestens 120 Euro pro Person, der Rückgang der russischen Touristen könnte die deutsche Hotelwirtschaft also mehr als 100 Millionen Euro kosten.

Die Top 15 Quellmärkte der deutschen Kliniken Quelle: Hochschule Bonn-Rhein-Sieg

Besonders hart trifft es die Hotelmanager in den Top-Städten für russische Touristen: Berlin, München, Düsseldorf, Frankfurt und Dresden. Die Luxushotelkette Kempinski teilte auf Anfrage mit, dass die Zahl der Übernachtungen von russischen Hotelgästen in diesem Jahr um ein Achtel gefallen ist. Ein Sprecher der Tourismusbehörde Sachsen sagte in Bezug auf die Verluste in der Hauptstadt Dresden: „Wir mussten erhebliche Einbußen hinnehmen, vor allem in der Hotellerie, im Einzelhandel und in den Museen.“

Wo Hotels richtig teuer und wo sie billig sind
Das Urlaubsportal Trip Advisor hat ein Ranking der teuersten und günstigsten Reiseziele der Welt aufgestellt. Auf Platz drei der teuersten Ziele liegt: Paris. In der französischen Metropole kostet ein Hotelzimmer ohne Frühstück im Schnitt 327,80 Euro.Die Studie wurde im Auftrag des unabhängigen Marktforschungsunternehmens Ipsos durchgeführt. Quelle: dpa
Eine Empfehlung der Experten ist das Hotel Augustin (Foto). Hier kostet ein Zimmer im Schnitt 163 Euro. Quelle: Tripadvisor
Die japanische Hauptstadt Tokio liegt auf Platz zwei der teuersten Ziele. Hier kostet ein Hotelzimmer ohne Frühstück im Schnitt 340 Euro. Quelle: dpa
Eine Empfehlung der Experten ist das Hotel Ryumeikan. Hier liegt der Durchschnittspreis für ein Zimmer bei 189 Euro. Quelle: Tripadvisor
New York ist das teuerste Reiseziel der Welt. Im Schnitt müssen Besucher hier für ein Hotelzimmer ohne Frühstück sage und schreibe 439 Euro. Quelle: dpa
Eine Empfehlung der Experten ist das Hotel 414 in der Nähe des Time Square. Hier kostet ein Zimmer im Schnitt 316 Euro. Quelle: Tripadvisor
San Jose in Costa Rica liegt auf Platz drei der günstigsten Reiseziele der Welt im Trip Advisor Ranking. Hier kostet ein Hotelzimmer im Schnitt 79 Euro. Eine Empfehlung ist das Hotel Casa Cambranes, wo ein Zimmer schon für 65 Euro zu haben ist. Quelle: Tripadvisor

Im kommenden Jahr ist keine schnelle Erholung in Sicht, einige Experten glauben sogar, dass der Ölpreis noch stärker fallen könnte und mit ihm der Rubel – sodass die Kaufkraft der Russen im Ausland weiter sinkt. Die Tourismusbranche gibt jedoch Entwarnung: In Deutschland bringen jetzt Touristen aus anderen Ländern das Geld rein. „Unterm Strich betrachtet kompensieren Touristen aus Ländern wie etwa den arabischen Golfstaaten den Verlust der russische Gäste“, sagt eine Sprecherin des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft. Das lässt sich besonders gut in der deutschen Skihochburg Garmisch-Patenkirchen beobachten: Dort kommen dieses Jahr die meisten Ausländer aus den arabischen Ländern, ihre Zahl ist um zwei Drittel zum Vorjahr gewachsen.

Viele Russen werden ihren Winterurlaub in dieser Saison in Sotschi verbringen, der Inlandstourismus ist aus finanziellen Gründen auf dem Vormarsch. Und eine Sprecherin der russischen Tourismusagentur Rosturism weiß, woran das liegt: „Die Leute in Russland bereisen jetzt immer häufiger ihr Heimatland und stellen fest, dass es hier gar nicht so schrecklich ist, wie sie dachten.“

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