Ryanair-Chef Kasperle O'Leary auf Kuschelkurs

Europas größter Billigflieger wird kundenfreundlich und feiert den nicht ganz freiwilligen Schritt in noblem Ambiente, eng bestuhlt wie in den eigenen Fliegern und mit einer Comedy Show von CEO Michael O’Leary.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Ryanair-Chef Michael O'Leary gibt sich handzahm und will seine Airline familienfreundlich machen. Quelle: dpa

Gratistickets mit fies versteckten Gebühren, Stehplätze an Bord, etwas vulgäre Lästereien über Politiker und Wettbewerber: wenn Michael O’Leary nach fast genau 20 Jahren als Chef des Billigfliegers Ryanair alldem abschwört und den Kundendienst entdeckt, dann wirkt das in etwa so glaubwürdig wie ein Vielflieger mit einer Platinkarte, der sagt „ich fliege gern Ryanair.“

Trotzdem startete das irische Raubein im vergangenen Herbst eine Initiative für eine neue kuschelige Ryanair, nachdem er noch kurz zuvor Passagierwünsche nach Service abmeierte mit Sprüchen wie „Der Kunde hat immer Recht – das ist Unsinn. Der Kunde hat meist Unrecht – und dann das muss man ihm das auch deutlich sagen.“
Doch O’Leary hat nicht nur die mit Abstand schärfste und schmutzigste Zunge der Fliegerei, was in der extrem großmäuligen Branche schon was heißt. Der 53-jährige Ire ist auch ein Mann der Tat und er lebt den Wahlspruch „Was kümmert mich mein Geschwätz von Gestern“ noch konsequenter als der Urheber des Spruchs: Deutschlands erster Bundeskanzler Konrad Adenauer.

Zweites Handgepäck und kulanteres Personal

Darum bat O’Leary in der vorigen Woche Journalisten aus ganz Europa nach London, um ihnen die neue Ryanair 3.0 zu zeigen: der Nachfolger des fast Pleite gegangenen Regionalfliegers Ryan Air der achtziger Jahre und Europas nach Passagieren größtem Flugdiscounter. Künftig will Ryanair den Service verbessern und seine Kunden nicht mehr knechten, „zumindest nicht unnötig“, wie es sich O’Leary trotz aller anerzogenen Milde einfach nicht verkneifen kann.

Stattdessen gibt es besseren Service wie ein kleines zweites Handgepäckstück an Bord. Das bisher eher dominante Schalterpersonal der Iren darf fünf gerade sein lassen bei geringfügig zu großen oder zu schweren Koffern. Und auf dem europäischen Festland landet der Flugdiscounter mit der Harfe am Heck immer öfter auch auf großen Airports wie Rom, Madrid oder Brüssel - statt nur auf abgelegenen Flughäfen, die wie etwa in Deutschland Weeze (für Ryanair ist das Düsseldorf) oder Hahn (Frankfurt) per Flugzeug aus London deutlich schneller zu erreichen sind als etwa per Auto oder gar per Bus aus Düsseldorf oder Frankfurt.

Was Ryanair verbessern will

Das tut die Linie nicht ganz freiwillig. Zwar wächst der Ultrabillig-Verkehr noch. Doch die rund acht zehn Prozent Plus, über die eine Lufthansa oder Air France jubilieren würden, sind den Iren zu wenig, um ihr Geschäftsmodell zu sichern. Bislang beruht dies auf billigen Flugzeugen und noch billigeren Landungen. Denn die Linie lebte bisher weniger vom Fliegen, sondern noch mehr vom Flugzeughandel.

Wachstumsmodell funktioniert so nicht mehr

Ryanair übernahm in jedem Frühjahr bis zu 40 neue Flieger und stieß im Herbst dann rund 30 ältere wieder ab. Weil die Iren als Großbesteller hohe Rabatte bekamen, wurden sie die Maschinen fast zum Einkaufspreis wieder los und flogen quasi ohne Finanzierungskosten allein zehn Prozent billiger als die bei anderen Linien. Dazu hatte O’Leary durch kräftige Wachstumsgarantien seine Flughäfen überzeugt, statt Landegebühren zu erhalten lieber Startbeihilfen an Ryanair zu zahlen.

Doch dem Modell drohen schwächelnde Wachstumsraten. Nach dem Boom der vergangenen gut 15 Jahre landet Ryanair an so vielen Orten, dass sich die Linie am Ende nicht nur mit den seit der Jahrtausendwende deutlich schlankeren Traditionslinien wie Lufthansa, sondern auch quasi mit sich selbst um die am Ende nicht unbegrenzte Zahl der Billigreisenden balgt. Dazu schaut die EU den Provinzairports stärker denn je bei Beihilfen auf die Finger, so dass die jeden bei jedem Euro künftig genau dokumentieren müssen, dass es keine Subvention ist.

Ryanair gönnt sich einen Marketing-Vorstand


Die berühmten Sprüche des Ryanair-Chefs
"Jeder Idiot, der irgendwo rausgeschmissen wird, taucht wieder als Berater auf. Ich habe bislang noch jeden erschossen, der in mein Büro gekommen ist." Quelle: REUTERS
"Das Problem mit den Fluglinien-Managern ist doch, dass sie kein Rückgrat haben und sich an ihre Erzfeinde in der Umweltbewegung ranwanzen, statt sie Lügner zu nennen, wie sie es verdienen." Quelle: REUTERS
"Unsere Umsatzrendite von 25 Prozent ist nicht gut, sondern obszön in dieser Branche. Verglichen mit dem Rest sind wir keine Fluglinie, sondern Drogenhändler." Quelle: REUTERS
„Wenn ich abtrete wird sicher unser Marketing-Etat wachsen, weil wir ohne meine Sprüche weniger Aufmerksamkeit bekommen - aber das sparen wir dann an Gerichtskosten, weil uns dann weniger Leute wegen meiner Sprüche verklagen.“ Quelle: REUTERS
„Heute müssen Unternehmen-Chefs sagen, Unsere Beschäftigten sind unser wichtigstes Asset. Was ein Schwachsinn. Die Beschäftigten sind unser größter Kostenblock und viele sind so faul, dass wir sie ständig in den Hintern treten müssen. Das denkt eigentlich jeder Chef, aber keiner will es zugeben.“ Quelle: dpa
„40 Euro wenn wie eine Bordkarte neu ausdrucken, weil jemand sein vergessen oder verloren hat sind nicht zu viel. Eigentlich müssten wir für so viel Blödheit mindestens 60 Euro verlangen.“ Quelle: dpa
"Umweltschützer ärgern wir wo immer wir können. Eigentlich müsste man die erschießen, denn sie wollen fliegen so teuer machen, dass es wieder ein Privileg für die Reichen wird." Quelle: dpa

Also braucht O’Leary neue Kundschaft, die mehr zahlt. Die meisten sind Geschäftsreisende oder auf Komfort bedachte Touristen, die Ryanair bisher mieden wegen der langen Anreise in die Provinz und der Drangsalierungen an Bord und Boden. Und die Klientel gibt es reichlich bei den etablierten Fluglinien, wenn O’Leary eben statt nach Altenburg-Nobitz oder das belgische Charlerois öfter in große Flughäfen kommt und ein Mindestmaß an Service bietet. Dabei helfen ungewollt nicht zuletzt die großen Fluglinien, die immer mehr Flüge abseits ihrer Drehkreuze einstellen, weil sie wegen ihrer hohen Kosten bei Personal und Flotte draufzahlen.

Weil dem Wolf O’Leary aber den Schafspelz und die Kreide in der Stimme keiner abnimmt, der mal mit ihm geflogen ist, braucht er neben besserem Service auch eine Charmeoffensive. Und dazugehören Termine wie vergangene Woche, wo er Journalisten aus ganz Europa anlockte mit Dingen, die er früher nicht mal als Witz in den Mund genommen hätte: Gratisflügen, eine Trend-Location im Design-Museum am Südufer der Themse an der Tower-Bridge, sowie mehrgängiges Mittagessen, Präsentation und abends noch endlos Gratis-Drinks.

O'Leary gibt den galanten Gastgeber...

„Ich leide körperlich für Euch“, begrüßt er die gut 100 Anwesenden. Denn bis heute gab es - wohl um von den genialen bis geschmacklosen Sprüchen O’Learys nicht abzulenken – Ryanair-Termine bestenfalls in einfachen Konferenzräumen im Bahnhofshotel oder für wenige Auserwählte ein Gespräch in seinem sperrmüllverdächtig möblierten Büro im „Weißen Haus“, wie die inzwischen verlassene alte Firmenzentrale am Flughafen Dublin intern hieß. Der Automaten-Kaffee da war mäßig und wer - wie der Autor dieser Zeilen - mal ein persönliches Gratis-Mittagessen mit O’Leary in der Kantine der Geizlinie bekam, erinnert sich lange daran. Weil es so selten war, denn Aromen und Kalorien waren in etwa so fein dosiert wie die Ryanair-Werbung.
Das war vergangene Woche ganz anders. Bereits am Eingang warteten aparte Hostessen und grüßten herzlich. Dann ging es in ein Restaurant mit Holzboden zu einem Menü von veredeltem britischem Pub-Food bis zu mediterran-vegetarisch.

Das erste Zeichen, dass die alte Ryanair noch lebt, folgt dann im Konferenzraum im Obergeschoss. Die Metallstühle stehen mindestens so eng so wie in einer Ryanair-Boeing und mit ihren harten Rändern sind sie auch nicht bequemer. Und auch O’Leary ist der Alte. „Ja wir sind die neue Ryanair und darum haben wir euch alle hierher eingeladen“, strahlt er zunächst. „Tolles Essen, ein toller Blick und hinterher Gratisdrinks – es ist so teuer, dass ich wahrscheinlich heute Abend auf dem Weg zum Flughafen erstmal an der Börse einen Zettel mit einer Gewinnwarnung einwerfen muss und ich als Aktionär weniger Dividende bekomme.“ Und hat natürlich die Lacher auf seiner Seite.

... und beginnt mit seiner One-Man-Show

Dann beginnt die Präsentation mit einem Foto, wo O’Leary so versteinert lächelt wie ein Fernsehprediger und einen kleinen Hund im Arm hält. „Ihrer?“ fragt einer aus dem Publikum. „Um Gottes willen. Den kleinen Sch…, äh Liebling habe ich bei dem Foto das erste und das letzte mal getroffen. Das ist ein Symbol“, sagt der Manager.

Und dann kommt die alte O’Leary-Show, bei der er ohne Punkt und Komma wie ein Maschinengewehr losrattert. „Wir haben Europas Reisenden im Vergleich zu den Großen wie Lufthansa und British Airways im Schnitt 112 Euro pro Flug gespart, macht gut neun Milliarden Euro pro Jahr. das sind zwei Eurotunnel, zwölf Olympiastadien und 22 Wayne Rooneys“, sagt O’Leary an Anspielung auf den Stürner von Manchester United. „und wie der derzeit meist spielt sogar 44.“ Und weiter: „Wir sind die größte, die pünktlichste, sicherste und kundenfreundlichste Airline.“ Als der Saal lacht, unterbricht er. „He, das stimmt, also bisher und nach unserer Definition: die wenigsten Verspätungen und Flugabsagen, 29 Jahre keinen Zwischenfall und verlieren die wenigsten Koffer. Aber künftig auch nach eurer, wartet es ab.“

Es folgt eine gespannte Stille. „Doch dieses neue Servicedings, mit so zeug wie Markenkraft und allem, das kann hier ohne Schmerzen nur eine Einziger vorstellen: unser neuer Marketing-Vorstand. Nicht Lachen, den haben wir wirklich“, sagt O‘Leary.


Slapstick mit O’Leary


Die größten Billigflieger Europas
Die von deutschen Flughäfen aus startenden Billigflieger sind nach einer Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) teurer geworden. Je nach Fluglinie lagen die Durchschnittspreise für einen einfachen Flug im vergangenen Herbst zwischen 70 und 140 Euro brutto, wie das Forschungsinstitut berichtete. Im vorangegangenen Sommer hätten sie noch bei 50 bis 130 Euro gelegen. Insgesamt nutzten im ersten Halbjahr 2014 der Studie zufolge knapp 31 Millionen Passagiere Angebote sogenannte Low Cost Carrier. Im Sommerflugplan 2014 bedienten sie insgesamt 722 Strecken in und ab Deutschland - ein Plus von rund 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Doch verlief die Entwicklung regional sehr unterschiedlich. Die meisten Günstigflieger-Passagiere verzeichneten die Berliner Flughäfen. Auch die Airports Hamburg und Köln/Bonn konnten ihr Passagieraufkommen steigern. Starke Rückgänge gab es dagegen auf Regionalflughäfen wie Weeze oder Hahn, wo sich die gesunkene Präsenz von Ryanair bemerkbar machte. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
Platz zehn: Air Baltic mit 25 FlugzeugenDie lettische Fluggesellschaft Air Baltic belegt mit 25 Flugzeugen, darunter fünf Boeing 737–500, acht Boeing 737–300 und zwölf Q-400 NextGen Platz zehn. Quelle: Presse
Platz neun: Aer Lingus mit 50 FlugzeugenMit 50 Flugzeugen liegt Air Lingus auf Rang neun. Zu der Flotte der irischen Fluggesellschaft zählen je drei Boeing 757-200, Airbus A330-200, Airbus A321-200, jeweils vier Airbus A319-100 und Airbus A330-300 und 33 Airbus A320-200. 2015 sollen außerdem neun Flugzeuge vom Typ Airbus A350-900 an die Fluglinie ausgeliefert werden. Quelle: dpa
Platz acht: Wizz Air mit 54 FlugzeugenDie ungarische Fluglinie Wizz Air hat ihr Streckennetz vor allem in Osteuropa. In Deutschland fliegt sie die Flughäfen in Dortmund, Frankfurt-Hahn, Köln/Bonn, Lübeck und Memmingen an. Wizz Air verfügt über eine junge Flotte mit Flugzeugen vom Typ Airbus 320. Alle 54 Flugzeuge werden von V-2500-Motoren von International Aero Engine betrieben. Quelle: dapd
Platz sieben: Jet2 mit 55 FlugzeugenDie britische Billig-Airline Jet2 gibt es erst seit 2002, trotzdem hat sie mit 55 Flugzeugen eine der größten Flotten unter den europäischen Billig-Airlines. Mit den 23 Boeing 737-300, einer Boeing 737-300F, sieben Boeing 737-300QC und jeweils zwölf Boeing 737-800 und Boeing 757-200 fliegt die Airline viele Urlaubsziele im Mittelmeer und außerdem New York City an. Quelle: Presse
Platz sechs: Germanwings mit 57 FlugzeugenGermanwings schafft es mit einer Flotte von 57 eigenen und 23 Eurowings-Flugzeugen auf Platz sechs unter den Top 10 der europäischen Billig-Airlines. Ab Frühjahr 2015 sollen 64 eigene Flugzeuge der Typen A319 und A320 sowie 23 durch Eurowings betriebene Regionalflugzeuge für Germanwings im Einsatz sein. Quelle: dpa/dpaweb
Platz fünf: Flybe mit 62 FlugzeugenDie britische Airline Flybe betreibt mit 45 Maschinen die größte Flotte an Bombadier DashQ8-400 Maschinen weltweit. Hinzu kommen noch elf Maschinen vom Typ Embraer 175 (vier weitere sind bestellt) sowie sechs Jets vom Typ 195. Flybe hat seinen Sitz in Southhampton und fliegt in Deutschland die Flughäfen in Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Hannover und Stuttgart an. Quelle: Presse

Dann tritt ein schlanker etwas hagerer Herr mit sehr hohem Haaransatz auf die Bühne. Es ist Kenny Jacobs, ehemals leidender Vermarkter der Handelskette Tesco – und plötzlich kommen statt hastiger Aufzählungspunkte wohlgeordnete Grafiken auf den Schirm mit Worten wie „Tolles Kundenerlebnis“ oder „zum Gernhaben“.

Jacobs präsentiert relativ entspannt erst einen Imagefilm vom Bau einer Ryanair-Boeing 737 im Zeitraffer und mehrere Minuten lang eine schier endlose Liste von Neuerungen: Schnellere Buchung im Internet, kostenlose Stornierung innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Buchung, weniger Strafzahlungen für verlorene Bordkarten und zu schwere Koffer, keine Werbeansagen mehr im Flieger am frühen Morgen, zweites Handgepäckstück gratis, fest zugewiesene Sitzplätze, ab April eine neue Webseite sowie ein Familienservice, im Mai ein besseres Angebot für Geschäftsreisende sowie Bordkarte auf Handys und Tablets ab Juni.

"Ich erschieße den, der das programmiert hat"

Während Jacobs redet, wippt O’Leary auf seinem etwas flachen Stuhl mit jeder Minute spürbar unruhiger – bis es er endlich wieder dran ist. „Und jetzt zeigen wir euch mal den Unterschiede anhand der Buchungsmaschine“, sagt er. „Hey, bleibt hier, das wird spannend. Denn die neue Seite zeigt natürlich Kenny und die alte natürlich ich, als das Symbol für die alte Ryanair.“

Zur Person

Es beginnen fünf Minuten Slapstick, bei denen O’Leary versucht, im eigenen Haus einen Flug London – Warschau zu buchen – und immer lauter schimpft. „Wie heißt denn dieses Warschau in unserer Liste? Warschau oder Modlin oder was?“ „Warschau“, hilft Jacobs. Es folgt wildes Klicken „Was haben wir da für eine Mist-Webseite“, schimpft O’Leary weiter, als sich bei der Eingabe das Flugdatum verändert, dann „ich erschieße den, der das programmiert hat“ und als kurz vor dem Abschluss auf einmal aus allem wieder aus London-Warschau die Anfrage Birmingham – Rom wird, kommt ein: „jetzt habe ich endgültig den Willen zum Leben verloren.“

Doch dann schafft er es und hat seinen Flug. „Da seht ihr, warum Ryanair künftig so erfolgreich ist“, sagt O’Leary und lächelt mit dem untrüglichen Timing eines Komikers in die Runde. „Wenn sich im vergangenen Jahr fast 82 Millionen Kunden den Tort angetan haben, nur um billig mit uns zu fliegen, wieviel kommen wohl, wenn sie ihr Ticket in fünf Klicks haben und keine unliebsame Überraschung mehr fürchten müssen?“, fragt er in die Runde? „Na 120 Millionen bis 2018. Und jetzt noch Fragen?“

Dann folgt für gut eine Stunde die typische O’Leary-Show als Mischung beinharter Antwort und Kasperle-Theater – nur etwas kuscheliger, pro Antwort mit höchstens drei, vier Sätzen und einem seiner beliebten Flüche mit drei Buschstaben nach dem „F“ oder dem „S“.

Meutern ihre Piloten nicht, weil sie die misshandeln?
Nein, denn wir sind die einzigen die ihnen nicht die Löhne kurzen. Ok bei Lufthansa steigen die Löhne, weil sich streikende Piloten und die neuen Traditionalisten-Runde im Management gegenseitig ins Grab schaufeln. Danke Jungs, aber das wäre doch nicht nötig gewesen, die Hilfe brauchen wir nicht.

"Ich bin ganz bescheiden"



Wollen Sie Ihren Weg an große Flughäfen mit dem Kauf von Air Berlin beschleunigen?
Deren Flugzeiten Plätze kriegen wie sowieso. Aber wir könnten jede Airline kaufen in Europa. Auch die Lufthansa und auch gleich bar bezahlen aus unserem Vermögen. Nur eine nicht: Aer Lingus aus Irland, die wir wollen, aber wegen der EU nicht dürfen (tut als ob er heult).
Was kostet denn der Umbau zu neuen Ryanair?
Auf den ersten Blick verdammt viele von mir, äh natürlich von uns allen hart erarbeitete Euros und 30 Millionen im Marketing. Aber am Ende nichts, denn wir haben das Geld fast schon verdient. Seit wir im November angefangen haben, sind unsere Flieger jetzt gut zwei Prozent voller. Und das ist, eine Menge Geld, sonst wäre ich heute nicht hierher gekommen.
Welche Verbesserungen wollen Sie Familien bieten?
Wir denken an geringere Gebühren für Gepäck oder Sitzplatzreservierungen und den Kinderrucksack gratis. Ich wollte ja, dass wir die Väter im Flieger so weit weg wie möglich von den Kindern platzieren, wie ich es mag um meine Ruhe an Bord zu haben und Rubbellose zu kaufen. Aber damit konnte ich mich nicht durchsetzen.
Warum sind Sie der richtige Chef für die neue mitfühlende Ryanair?
Weil ich ganz bescheiden bin, von meinen wirklich ganz ganz ganz wenigen Fehlern gelernt habe und Wettbewerber oder Politiker nur noch verdientermaßen beleidige. Ach, ja und gut vier Prozent der Aktien besitze.
Wo bleibt ihr Mitgefühl, wenn Sie ihre Hostessen heute zwingen in diesen dünnen Blusen am Eingang in der Kälte zu stehen?
Nun, das sind nicht unsere Angestellten. Aber fragen wir sie (holt eine Hostess). Nun sag mal Sky, frierst Du (sie schüttelt den Kopf). Darf ich Dich wärmen (seufzt und tut als ob er sich den Ehering auszieht).

Was planen Sie an Neuerungen für Geschäftsreisende?

Könnte ich Ihnen sagen, aber dann müsste ich euch erschießen, ich meine natürlich freundlich wie ich jetzt bin, einsperren bis wir das im Mai verkünden. Das wird euch die, äh, Socken weghauen. Und die Hostessen werden dann auch nicht frieren, gell Sky?


So geht es eine halbe Stunde weiter, bis O’Leary dann sagt. „Also ich rede natürlich gerne noch ewig weiter, aber der alte Michael O’Leary hätte jetzt gerne was zu trinken, und zwar so viel, das ich über die Kosten nicht mehr nachdenke.“ Also öffnet sich der Raum und die Kellner strömen hinein. Nur O’Leary stürzt sich gleich in eine große Gruppe. Als dann am Ende um 18 Uhr die Sonne untergeht und malerisch über die Themse scheint, stürmt O’Leary wild Hände schüttelnd hinaus - kurz herrscht eine merkwürdige Ruhe.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%