Sanierung Jetzt geht's bei Air Berlin ans Eingemachte

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IT ist nicht zeitgemäß

Flugzeuge der Fluggesellschaft Air Berlin in Berlin auf dem Flughafen Tegel Quelle: dapd

Deshalb geht Mehdorn nun verschärft die internen Probleme an, die ihm sein Vorgänger, der „Wirbelwind Achim“ (Branchenspott) hinterlassen hat. Im Mittelpunkt steht die gesamte Datenverarbeitung, die „einer zeitgemäßen IT mindestens zwei Generationen hinterher“ hinke, sagt ein Insider.

Das größte Manko ist hier ein zeitgemäßes Buchungssystem, das die Preise schneller an die Nachfrage anpasst. „Da haben wir viel Geld auf dem Tisch liegen gelassen, weil die Kunden für ihre Flüge auch mehr gezahlt hätten“, heißt es im Unternehmen. Das Prinzip ist einfach: Ist ein Flug besser ausgelastet als geplant oder zu mehr als 85 Prozent ausgebucht, nimmt eine moderne IT automatisch die niedrigeren Preise aus dem Angebot. Sind mehr Plätze frei als gedacht, gibt es mehr Sonderangebote.

Das bisherige System von Air Berlin änderte die Preise oft nur ein, zwei Mal pro Tag. Darum kostet ein Flug von Düsseldorf nach Berlin und zurück drei Tage vor Abflug schon mal weniger als 80 Euro. Und das, obwohl mit dieser Frist vor allem Geschäftsreisende buchen, die klaglos das Drei- oder Vierfache zahlen würden. Denn damit flögen sie vielfach immer noch preiswerter als mit der Lufthansa.

Umschulung statt neu einstellen

Das neue System, das Ende Mai in Dienst gehen soll, wird die Preise im Halbstundentakt anpassen. Zwar kostet die IT erst einmal rund 20 Millionen Euro. Doch das Geld soll sie bereits im Sommer eingespielt haben und nach Schätzung von Fachleuten bis Ende 2012 einen Gewinn von bis zu 40 Millionen bringen. Von 2013 an, so Mehdorns Hoffnung, könnten es pro Jahr noch gut 30 Millionen Euro mehr werden.

Die für das neue System nötigen Mitarbeiter will Mehdorn möglichst nicht neu einstellen, sondern aus der Verwaltung umschulen. Da, so seine Schätzung, könnten bald 150 Stellen frei werden, wenn er Hunolds hemdsärmelige Organisation strafft.

Denn Air Berlin ist seit der Gründung 1978 nicht zuletzt durch die Integration von acht Fluglinien gewachsen: DBA, LTU, Tuifly, GEXX, Luftfahrtgesellschaft Walter, Niki aus Österreich, die Schweizer Belair und einem türkischen Air-Berlin-Ableger. „Aber die Organisationen wurden nie richtig verschmolzen“, so ein ehemaliger Mitarbeiter. Hier will Mehdorn bis zu zehn Millionen Euro Kosten sparen.

Ganze Standorte werden geschlossen

Mehdorns zweiter großer Posten ist ein effizienterer Flugbetrieb. Dazu zählen sparsameres Fliegen mit einer geringeren Geschwindigkeit, zügigeres Abbiegen von der Landebahn in Richtung Terminal und weniger Zeit auf dem Boden. Bei der Lufthansa drücken vergleichbare Maßnahmen die Kosten laut Insidern um deutlich mehr als 100 Millionen Euro pro Jahr. Bezogen auf die Spritrechnung von einer Milliarde Euro bei Air Berlin, könnte Mehdorn dadurch 50 Millionen Euro sparen.

Der dritte große Posten ist das Angebot. Eine Reduzierung könnte schätzungsweise bis zu 20 Millionen Euro bringen. Mehdorn streicht nicht nur unrentable Strecken wie etwa in Köln, wo übers Jahr gut 3000 Flüge wegfallen.

Er schließt auch ganze Standorte wie die vor ein paar Jahren teuer aufgebauten Niederlassungen in Dortmund und Erfurt inklusive der Wartungsbetriebe. Hinzu kommt die Kappung der überdimensionierten Flotte um gut zehn Prozent, was allein pro Jahr mehrere Millionen an Leasinggebühren spart.

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