Spieleautomatenhersteller Gauselmann Mit illegalen Parteispenden Lebenswerk verspielt?

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Spiele ohne Grenzen

Schatten auf der Sonne - Gauselmann-Spielhalle in Hamburg Quelle: Laif

Während die Länder die Spiele ohne Grenzen zulassen, begrenzt der Vertrag andererseits die privaten Spielhallenbetreiber. Die erhalten nach einer Übergangsfrist von fünf Jahren nur noch eine einzige Konzession pro Spielhalle. Gauselmann darf damit in jeder seiner Lokalitäten nur noch zwölf Automaten pro Spielhalle betreiben. Das ist im Schnitt ein Viertel seines bisherigen Arsenals. Hinzu kommt, dass die Hallen nachts für drei bis fünf Stunden werden schließen müssen, früher waren sie in den meisten Bundesländern fast rund um die Uhr geöffnet.

Kampf gegen Glücksspielsucht

Gauselmann, der stets beste Kontakte zu Parlamentariern aller Couleur pflegte, fühlt sich nun ausgerechnet von diesen gepeinigt. Für die Politik sind die privaten Spielhallen wie die von Spielekönig Gauselmann leichter einzuschränken. Online-Glücksspielanbieter hingegen sind nicht an Ländergrenzen gebunden und schwer zu regulieren.

Hauptargument der Volksvertreter ist vor allem die Spielsucht, die bei Glücksspielautomaten in Spielhallen und Gaststätten am höchsten sei. Der Fachverband Glücksspielsucht stellt fest, dass rund 80 Prozent der Spielsüchtigen, die Selbsthilfegruppen, Beratungsstellen oder Fachkliniken aufsuchen, Probleme mit gewerblichen Spielautomaten haben.

Übersicht zum Anteil der Glücksspielteilnehmer mit zwanghaftem Spielverhalten (zum Vergrößern bitte Bild anklicken)

Der Bremer Glücksspielexperte Gerhard Meyer beziffert die Zahl der Menschen in Deutschland mit pathologischem Spielverhalten auf knapp 200.000, weitere 170.000 zeigten problematisches Spielverhalten.

Das Dilemma: Auch wenn es weniger Glücksspielautomaten um die Ecke gibt, ist es für Spieler ein Leichtes, auf den illegalen Web-Sites weiterzuzocken. Das droht Gauselmann nun kurz vor dem Lebensabend vom Thron zu stürzen.

Das Glücksspielimperium

Jahrzehntelang schien es, als schaffe der Selfmademan mit den Pflaumen und Zitrusfrüchten in seinen Automaten stets nur den Hauptgewinn. 1957, im Alter von 23 Jahren beginnt der gelernte Fernmelderevisor aus Münster erstmals, Musikautomaten aufzustellen, und tüftelt an neuen Techniken. 17 Jahre später, 1974, eröffnet er die erste Merkur-Spielothek in Delmenhorst bei Bremen, danach baut er seinen ersten eigenen Geldspielautomaten.

Schon damals erweist sich Gauselmann als trickreicher Geschäftsmann. Der Vorschrift, nur drei Automaten pro Spielhalle aufstellen zu dürfen, weicht er schlitzohrig aus. Er installiert Trennwände, baut zusätzliche Eingänge und umgeht so die gesetzliche Begrenzung. Heute beschäftigt seine Unternehmensgruppe 6.000 Mitarbeiter, rund zwei Millionen Spielautomaten stammen inzwischen von ihm.

Von solchen Erfolgen erzählt Gauselmann gern. Doch die aktuelle Diskussion um die Gesetzesänderungen nimmt ihm erkennbar die Freude an der Reminiszenz. Er sitzt in seinem tiefen Sessel in seinem Büro, pafft seinen Zigarillo, spricht ruhig, langsam und wiegt die Worte, um sich zu beruhigen. „Nachts habe ich schon mal eine Baldrian genommen, damit ich mich nicht so aufrege“, sagt er.

Doch dann reißt er die Arme von den Sessellehnen in die Luft, wird laut und wettert nicht nur gegen Online-Spiele, sondern auch gegen das Glücksspiel in den landeseigenen Kasinos: „Der Spielbankbetreiber muss nur nebenan zu seinem Landtagsabgeordneten gehen und sagen, tu mal was dagegen, damit wir konkurrenzlos werden.“ Und auch das Argument der Spielsucht lässt er nicht gelten: „Die haben viele Millionen für Gutachten ausgegeben. So viel Spielsucht, wie darin behauptet wird, gibt es bei uns überhaupt nicht.“

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