Starberater bei McKinsey Das große Aufräumen beim schlauesten Unternehmen der Welt

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Geistige Elite mit Fehlern

Wer schon anderes gesehen hat, ist außerdem weniger formbar. Kaum ein Unternehmen prägt die Denkweise so stark wie McKinsey. Selbst Manager, die schon viele Jahre in Konzernen arbeiten, erkennen Kollegen mit der gleichen Vergangenheit sofort: an der Sprache, an der Art, wie sie Probleme strukturieren, Präsentationen aufbauen. Und am Anspruch, nicht aufzuhören, wenn ein Konzept einigermaßen in Ordnung ist, aber noch nicht wirklich gut.

Der hohe Anspruch verbindet, man zählt sich zur geistigen Elite, Berater vergleichen sich selbst mit den Jesuiten oder der US-Spezialeinheit Navy Seals. Kaum ein anderes Unternehmen ist so stolz auf seinen Wertekanon. Geprägt hat den vor allem Marvin Bower. Der Wirtschaftsanwalt aus dem ländlichen Ohio führte das Unternehmen von 1950 bis 1967 und verordnete ihm Prinzipien, auf die es sich heute noch beruft. McKinsey-Berater sollen ausschließlich auf Faktenbasis entscheiden, zuerst an das Wohl der Kunden denken, nur nach Leistung befördert werden und ethisch handeln.

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Es gibt nicht mehr nur ein McKinsey

Der Anspruch ist mehrfach in Gefahr geraten. 2002 brach der US-Energiehändler Enron zusammen, den McKinsey als Muster eines innovativen Unternehmens empfohlen hatte. In der Finanzkrise ab 2007 gerieten Banken in die Bredouille, die Ratschlägen der Berater gefolgt waren. Den schwersten Schlag gab es 2014, als der frühere Weltchef Rajat Gupta eine zweijährige Haftstrafe wegen Insiderhandels antreten musste. Die Kunden erschütterte das mäßig, intern aber führte der Skandal zu heftigen Diskussionen.

Die sind nicht verstummt. So fragen sich Insider, ob das Unternehmen die Grenzen des gesunden Wachstums überschritten hat, ob sich seine Größe mit dem elitären Anspruch vereinbaren lässt. Zumal es heute nicht mehr nur ein, sondern viele McKinseys gibt. Die Beratung zerfällt in Praxisgruppen, Ländergesellschaften und Spezialabteilungen. Ein Ableger wie McKinsey Solutions hat wenig mit dem Kerngeschäft zu tun: Experten programmieren Software zur Datenanalyse, die der Kunde anschließend behält.

Neue Geschäftszweige sind unerlässlich, um zulegen zu können, zehn Prozent des Umsatzes macht McKinsey mit Angeboten, die es vor drei Jahren noch nicht gab. Ein neuer Ableger hat Anfang des Jahres in Berlin eröffnet. Dort leitet Markus Berger-de León das Digital Lab der Beratung. Berger de Leon ist ein deutscher Internet-Pionier. Er hat 1999 das Auktionshaus Econia mitgegründet, später war er Chef des Klingeltonverkäufers Jamba, der Handwerkervermittlung MyHammer und des Netzwerks StudiVZ. Diese Erfahrungen soll er nun für McKinsey nutzen.

Bei Softwareentwicklung spät dran

Aktuell arbeiten zehn Leute im Digital Lab, bis Ende 2015 sollen es 30 sein. Sie sind keine klassischen Berater, sondern Spezialisten, etwa für Datenbanken und Softwareentwicklung. „Wir zeigen Unternehmen, wie sie vom Start-up-Umfeld profitieren können“, sagt Berger de Leon. Er und seine Kollegen digitalisieren die Ansprache von deren Kunden, entwickeln Prototypen für Apps und analysieren, welche Start-ups das etablierte Geschäftsmodell bedrohen oder ergänzen. Es ist ein angesagtes Thema, bei dem McKinsey ziemlich spät dabei ist. Wettbewerber BCG war mit einer ähnlichen Einheit Monate früher am Start.

Die Favoriten der Wirtschaftswissenschaftler
EZB Quelle: dpa
Ernst & Young Quelle: dapd
Platz 18: Hugo Boss6,7 Prozent der befragten Wirtschaftswissenschaftler wünschen sich Hugo Boss als Arbeitgeber. Quelle: dpa
Robert Bosch Quelle: REUTERS
Platz 16: Boston Consulting Group6,9 Prozent der befragten Wirtschaftswissenschaftler wünschen sich die Boston Consulting Group als Arbeitgeber. Quelle: Presse
 L'Oreal Quelle: REUTERS
Unilever Quelle: dpa

Dabei soll der digitale Wandel einer der großen Wachstumstreiber sein. McKinsey stürzt sich auf Themen wie das intelligente Haus, das intelligente Stromnetz und intelligente Uhren, die Gesundheitsdaten sammeln. All das halten die Berater für unglaublich bedeutsam, und natürlich laufen deutsche Unternehmen Gefahr, die Dynamik zu unterschätzen. „In Zukunft werden viele Unternehmen vor allem aus Softwareabteilungen bestehen“, sagt Berger de Leon.

Um den Wandel geht es nicht nur im Digital Lab, sondern auch bei jenem Termin in München. Dort hat Schumachers Kollege Jan Hildebrand übernommen. Der trägt keine Krawatte und doziert auch nicht drauflos, sondern fragt die Zuhörer erst mal, was sie zuletzt im Internet gekauft haben. Hildebrand geht es um den Weg zum Ziel, er will erklären, wie Unternehmen digital auf sich aufmerksam machen.

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