Stefan Pichler So tickt der neue Air-Berlin-Chef

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Was Stefan Pichler auszeichnet

Stärken und Schwächen

Überall zu Hause Nur wenige Manager können von sich sagen, solche Einblicke zu haben. Im Alter von 13 Jahren schlug Pichler sich als Austauschschüler ohne Eltern durch Paris. Die Arbeit in der Zentrale des weltgrößten Sportartikelherstellers Nike im US-Bundesstaat Oregon brachte ihm die globale Sicht der Dinge – und verhalf ihm zum Blitzaufstieg bei der Lufthansa, wo er zunächst das Frankreich-Geschäft und später den Vertrieb leitete.

Zugleich hat sich Pichler in Branchen außerhalb der Luftfahrt eingearbeitet – als Kontrolleur des Frankfurter Flughafens, der Steigenberger Hotels, der Deutschen Bank, von Messegesellschaften und der Deutsche Sporthilfe. Wie schön wäre es da, wenn er nicht mehr so schneidend und ausfallend wie früher wäre.

Freunde und Gegner

Pichler polarisiert wie wenige andere. „Das liegt daran, dass er schroff auftritt und wenige an sich heran lässt“, sagt ein Vertrauter. Im Ausland landet er damit eher, etwa beim Gründer der US-Reisebürokette Travel Leaders, Mike Batt, oder bei James Hogan, auch wenn dieser ihm den Job als Etihad-Chef wegschnappte. Zu den deutschen Freunden zählt Karlheinz Kögel, Gründer des Lastminute-Veranstalters L’Tur. Pichler wendet sich von Freunden ab, wenn sie ihn enttäuschen.

So brach er mit Ex-Lufthansa-Chef Jürgen Weber, als der ihn bei Thomas Cook – offenbar trotz gegenteiliger Bekundungen – nicht mehr stützte. Doch der Wechsel funktioniert auch anders herum. So galt Air-Berlin-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Körber als Pichlers Gegner, weil er den Karrieremenschen angeblich als Air-Berlin-Chef ablehnte. „Jetzt ist das Verhältnis recht positiv“, sagt ein Air-Berlin-Insider.

Vorbilder

Ex-Kollegen lästern gerne, bei den Umgangsformen habe sich Pichler wohl an Alfred Tetzlaff orientiert, dem TV-Ekel der Siebzigerjahre. Mit Sicherheit inspiriert wurde der Ex-Profilangläufer von afrikanischen Marathonläufern und deren Motto „Easy Going“. Soll heißen: Die Leistungsfähigkeit steigt, wenn ein Läufer bei hoher Belastung möglichst entspannt bleibt.

Auch wenn Pichler auf Fotos noch so grimmig blickt wie früher, die Zeit beim australischen Billigflieger Virgin Blue von 2004 bis 2009 hat ihn wohl verändert. „Wer Stefan von damals kennt, erkennt ihn kaum wieder“, so ein Freund. So nennt Pichler als wichtigstes Vorbild Nelson Mandela, den ehemaligen Präsidenten Südafrikas, den er mehrfach traf. Der sei trotz aller Widerstände motiviert und bescheiden geblieben.

Ebenso zu Pichlers Leitbildern gehört der französische Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry. Der riet: Wer ein Schiff bauen wolle, der teile die Männer nicht zur Arbeit ein, sondern „lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer“.

Vorlieben

Auch wenn er heute beteuert, vor allem die Kochkünste seiner australischen Ehefrau Leonie begeisterten ihn: Bei wenigen Managern verschmelzen Sport und Arbeit derart zur Passion. Pichler startete nach dem Abitur eine Karriere als Profilangläufer, die ihn dank zwei Stunden zwölf Minuten im Marathon in die deutsche Leichtathletik-Nationalmannschaft brachte.

Es folgte eine Managerkarriere beim US-Sportartikelhersteller Nike. Die erhoffte Stelle beim Konkurrenten Adidas hatte ihm der heutige Konzernchef Herbert Hainer weggeschnappt. Seitdem hat sich Pichlers Faible für Sport erweitert. Er machte nach dem Rauswurf bei Thomas Cook auf den Seychellen eine Ausbildung zum Tauchlehrer. Heute springt er auch mit dem Fallschirm und müht sich beim Triathlon.

Ziele und Visionen

Verbissener Einsatz Leistung und Veränderung – auf den ersten Blick hat Pichler die gleichen Ziele wie viele andere Manager. Doch der ehemalige Sportprofi verfolgt sie eine Spur konsequenter und mit größerem Einsatz. „Wenn er sich in eine Sache verbeißt, dann lässt er nicht locker, egal, wie unbeliebt er sich macht“, sagt ein Weggefährte. Nachdem er mit seiner Art in Deutschland gescheitert ist, hat er sich offenbar geändert. Dazu trugt seine Zeit als Vizechef beim australischen Billigflieger Virgin Blue bei. Dort lernte er von Hauptaktionär Richard Branson, dass es effektivere Mittel als brachiales Auftreten gibt.

Von dem britischen Multiunternehmer nahm Pichler die Erkenntnis mit, dass er am Ende weiter kommt, wenn er seine Ziele anderen nicht einfach aufzwingt, sondern seine introvertierte Art aufbricht und die Leute mitreißt. Mit diesem Vorsatz tritt Pichler nun seinen neuen Job an. „Er will den durch Stillstand und Sparrunden gelähmten Air-Berlin-Spirit neu beleben“, sagt ein Vertrauter.

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