Streiks bei der Lufthansa Piloten sind nicht so abgehoben wie man denkt

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Beide Seiten könnten besser agieren

Streik an deutschen Flughäfen - Lufthansa streicht fast 600 Flüge

Doch auch die Piloten machen es sich mit ihrer Haltung etwas einfach. Ein Kritikpunkt ist, dass die Lufthansa mit ihrem Beschluss in diesem Jahr wieder Dividende zu zahlen, die Investoren auf Kosten der Beschäftigten beglückt. Das ist purer Unsinn. Denn will die Lufthansa auch künftig wachsen und in neue Flieger und Sitze investieren, muss sie so viel verdienen, dass ihre Geldgeber und Aktionäre eine Rendite auf ihr Geld bekommen. Das kann sie aber bereits bei den heutigen Kosten kaum, weil ihr Billigflieger und die Fluglinien vom persischen Golf nicht zuletzt dank niedrigerer Arbeitskosten die Kunden mit Kampfpreisen abjagen.

„In ein Papier mit der Rendite eines Sparbuchs, aber dem Risiko eines Windparks, würde ich natürlich auch nicht investieren“, gibt ein Pilot zu. Das bedeutet, dass die Piloten sich künftig höhere Gehälter oder Sozialleistungen durch längeres oder produktiveres Arbeiten verdienen müssen. Da mag sich mancher Pilot nun betrogen fühlen. Aber wer den Job seit dem Jahr 2000 begonnen hat, konnte sich die Entwicklung leicht ausmalen.

Somit müssen sich beide Parteien bald annähern – wenn auch erst, nachdem sie gegenüber der Gegenseite eine für ihre eigenen Extremisten überzeugende Härte gezeigt haben. Doch klar ist, erstmal müssen die Piloten Abstriche machen. Das haben viele bereits erkannt. Immerhin laufen die aktuellen Runden zur Gehaltserhöhung bereits zwei Jahre, ohne dass die Piloten gestreikt hätten.

Doch auch die Fluglinie könnte besser agieren. „Die Lufthansa sollte auch mal anerkennen, dass andere Gewerkschaften wie die IG Metall oder Verdi bei einem offenen Tarifvertrag keine zwei Jahre ruhig geblieben wären“, sagt ein Pilot.

Dazu muss sich auch die Lufthansa bei der Altersvorsorge bewegen, weil nun mal mit jedem Jahr länger im Cockpit das Risiko der Berufsunfähigkeit steigt. Dazu sollte sie Kompromisse aus Pilotensicht etwas früher und offener anbieten. „Und zwar auch am Verhandlungstisch, bevor wir einen Streik verkünden und nicht nachher und nur in Pressemitteilungen“, heißt es bei der Pilotengewerkschaft.

Denn egal, worauf sich die Kontrahenten in absehbarer Zeit einigen, sie sehen sich bald wieder. Die gegenwärtig umkämpfte Lösung regelt nur die Zeit bis zum Rentenalter 65 Jahre. Über die Folgen der beschlossenen Rente mit 67 haben die Seiten noch gar nicht geredet.

Es ist also zu befürchten, dass die Rituale gegen die eigenen Radikalen noch ein paar Jahre weitergehen. Und das zu Lasten der Kunden, vor allem derer, die noch nicht abgewandert sind zu Konkurrenten, bei denen – wie bei Emirates aus Dubai – nicht mit Streiks zu rechnen ist.

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