So verständlich der Frust auch ist, wenn einem – wie auch dem Autor dieser Zeilen – zum dritten Mal in sechs Wochen die Reisepläne auf den Kopf gestellt werden: Die Sache ist dann doch ein wenig komplizierter.
Am Ende ist die Auseinandersetzung sowohl für die Lufthansa (LH) als auch für die Vereinigung Cockpit (VC) ein Gefecht, das angesichts dramatischer Veränderungen die eigene Klientel bei der Stange halten soll, auf dass die sich nicht weiter radikalisiert. „Wir haben da sowohl bei LH wie bei VC einen Trend zum Extremen. Hier fordern von den Auswirkungen wenig betroffene Leute von den Verhandlern im Streit unnötige Härte“, so einer der VC-Funktionär. Eines seiner Gegenüber bei Lufthansa ergänzt unter Anspielung auf die Tea Party genannte Radikalfraktion der Republikanischen Partei aus den USA: "Unsere Hauptaufgabe ist es, diese Tea-Party-sierung auf beiden Seiten zu verhindern, damit am Ende vor lauter Ideologie nicht die Lufthansa unter die Räder kommt."
Das ist nicht leicht. Auf der Lufthansa-Seite gibt es Druck von den Investor Relations genannten Aktionärsbetreuern, die Gewinne endlich zu erhöhen. Während im Wartungsgeschäft bereits bis zu zehn Cent von jedem Euro Umsatz als Gewinn hängen bleiben, sind es beim Kerngeschäft Flug in der Regel bestenfalls drei. Das ist den meisten Investoren zu wenig angesichts der vielen vor allem in Flugzeuge investierten Milliarden und des hohen Risikos. Bei politische Krisen wie nach den Terroranschlägen des 11. Septembers 2001 oder Krankheiten wie der Lungenseuche SARS wurden Mitte des vergangenen Jahrzehnts über Nacht aus Gewinnen ein Verlust, weil plötzlich die Flieger leer blieben.
Welche Rechte Fluggäste bei Streik haben
Die Verbraucherzentrale NRW erklärt, welche Rechte betroffene Fluggäste haben.
Die Airline muss laut EU-Verordnung einen Ersatzflug zum nächstmöglichen Zeitpunkt anbieten. Alternativ können Fluggäste bei Annullierung des Flugs vom Luftbeförderungsvertrag zurücktreten und sich den Flugpreis erstatten lassen.
Bei Ausgleichszahlungen ist die Lage strittig. Nach bislang überwiegender Ansicht gelten Streiks als "außergewöhnliche Umstände", und dann braucht die Fluggesellschaft nicht zu zahlen.
Findet der Flug verspätet statt, sichert die europäische Fluggastrechte-Verordnung folgende Rechte zu: Anspruch auf kostenlose Betreuung besteht ab zwei Stunden Verzögerung bei Kurzstrecken (bis 1500 km), ab drei Stunden bei Mittelstrecken (bis 3500 km) und ab vier Stunden bei Langstrecken. Die Airline muss dann für Mahlzeiten, Erfrischungen, zwei Telefongespräche, Telexe, Faxe oder E-Mails sowie eventuell notwendige Hotelübernachtungen (falls sich der Flug um einen Tag verschiebt) samt Transfer sorgen.
Wollen die Fluggäste die Reise bei einer mehr als fünfstündigen Verspätung nicht mehr antreten, können sie ihr Geld zurückverlangen.
Der Reiseveranstalter ist der erste Ansprechpartner, wenn der ausfallende Flug Teil einer Pauschalreise ist. Auch der Veranstalter hat die Pflicht, schnellstmöglich für eine Ersatzbeförderung zu sorgen.
Erst, wenn der Flieger mehr als vier Stunden verspätet ist, kann je nach Flugstrecke ein Reisemangel vorliegen. Dann können für jede weitere Verspätungsstunde fünf Prozent des Tagesreisepreises vom Veranstalter zurückverlangt werden.
Wenn durch den Streik Reiseleistungen ausgefallen sind, haben Urlauber die Möglichkeit, nach ihrer Rückkehr den Preis der Reise zu mindern.
"Die gängige Ansicht ist: Wenn andere Branchen das schaffen, dann strengt ihr euch wohl nicht genug an und macht zu wenig Druck", beschreibt ein führender Lufthansa-Mitarbeiter die Anleger-Gespräche. Als einfachsten Weg hierzu erscheinen die Pilotengehälter. Die rund 5400 Flugzeugführer verdienen schließlich mit bis zu 255.000 Euro im Jahr mehr als mancher Manager eines Investmentfonds. Dazu ist die gängige Meinung: Und wenn die wehrten Damen und Herren Flugzeugführer trotz der vielen Technik, dank der eine Maschine fast allein starten und landen kann, nicht mehr fliegen können, kriegen die zu allem Überfluss bis zur Rente 60 Prozent vom Lohn ohne was dafür tun zu müssen.
Wer mit Piloten redet, bekommt natürlich ein etwas anderes Bild. Das beginnt beim Gehalt. Sicher, die Flugzeugführer der Lufthansa sind keine armen Leute wie die Fahrer manches Express-Paketdienstes. Sie verdienen gut und unter dem Strich mehr als viele ihrer Passagiere, die sie dieser Tage an den Boden verbannen.