Billigflieger erkennt Gewerkschaften an Ryanair knickt ein

Ryanair Quelle: REUTERS

Die Billigfluggesellschaft Ryanair gibt dem wachsenden Druck ihrer Flugzeugführer nach – und erkennt Gewerkschaften an. Jetzt will man über einen Tarifvertrag sprechen. Ob das reicht, um Streiks abzuwenden, ist unklar.

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Am Ende ging es dann doch schneller als erwartet. Das Management der irischen Billigfluggesellschaft Ryanair hat sich bereiterklärt, die Arbeitnehmerbündnisse, die sich in den zurückliegenden Wochen in mehreren europäischen Ländern gebildet haben, doch als Vertretung der Cockpit-Besatzungen und damit wohl auch als Tarifpartner anzuerkennen. Man habe die Pilotengewerkschaften in Irland, Großbritannien, Deutschland, Italien, Spanien und Portugal zu Gesprächen eingeladen.

Die Ankündigung ist eine deutliche Kehrtwende, die wohl der Drohung von Piloten in zahlreichen Ländern gezollt ist, noch vor Weihnachten ihre Arbeit niederzulegen. Streiks in der Hauptreisezeit im Winter sind ein Horror für jede Fluggesellschaft. Noch am Mittwoch dieser Woche hatte sich das Management nach der Streikdrohung hart gezeigt. Man werde nicht mit Gewerkschaften verhandeln, egal was diese auch planen würden. Nun klingt das ganz anders.

Die Frage ist, ob das den Piloten und Gewerkschaften reicht. Schon für diesen Freitag haben Piloten und Flugbegleiter von Ryanair in Italien zu einer vierstündigen Arbeitsniederlegung aufgerufen. Ob der Streik nun abgeblasen wird, ist zur Stunde noch nicht klar. In Deutschland müssen die Passagiere nach früheren Angaben der VC jederzeit mit Ausständen und damit mit Flugausfällen rechnen. Ausgenommen seien nur die Weihnachtstage selbst. Auch hier ist noch offen, wie es nach dem Einlenken des Managements weitergehen wird. Man prüfe das Ganze gerade, erklärte ein Sprecher der VC. Am Mittag will man sich mit Details äußern.

Ryanair koppelt das Gesprächsangebot an eine Bedingung. Man werde nur mit Piloten verhandeln, die selbst für Ryanair fliegen, heißt es. Grundsätzlich sollte das kein Problem sein. In Deutschland gibt es solche Piloten. Tina Hausmann ist etwa eine solche, fliegt seit elf Jahren für Ryanair und ist Mitglied der Tarifkommission. Sie könnte die Gespräche auf Arbeitnehmerseite führen. Doch ob sich die europäischen Pilotengewerkschaften flächendeckend auf die Bedingungen einlassen werden, ist offen.

Ryanair hatte Gewerkschaften wie etwa die deutsche VC plump als Gewerkschaft der Lufthansa bezeichnet. Mit Gewerkschaften von Rivalen werde man aber nicht verhandeln. Zwar wurde die VC tatsächlich zunächst als Vertretung von Lufthansa-Piloten gegründet. Sie ist aber längst auch bei anderen Airlines aktiv. Zudem ist sie eine anerkannte Berufsorganisation, die sich auch grundsätzlich um Belange von Piloten kümmert.

Sowieso ist die Aufnahme von Gesprächen nur ein kleiner erster Schritt. Die Verhandlungen selbst dürften hart und äußerst schwierig werden. Denn es geht um viel. Die Piloten wollen zum einen ihre eigenen Arbeitsbedingungen verbessern. Dabei spielt Geld eine Rolle, noch viel mehr aber geht es um die Rahmenbedingungen. So beschäftigt Ryanair viele Flugzeugführer über komplexe Konstruktionen, die Arbeitnehmerrechte weitgehend ausklammern. Die Piloten müssen eine eigene kleine Firma nach irischem Recht gründen, ihre Arbeitskraft dann an Broker geben, die diese wiederum an Ryanair vermittelt. Damit gibt es kein direktes Arbeitsverhältnis, die Airline kann das Flugpersonal nur dann bezahlen, wenn es auch fliegt. In der Winterzeit sind viele deswegen ohne Beschäftigung.

Das Management dürfte versuchen, diesen Status soweit es geht zu verteidigen. Denn die extrem günstigen Personalkosten sind ein elementarer Bestandteil des Geschäftskonzeptes und die Basis für das rasante Wachstum. In wie weit das aber gelingen, ist offen. Denn die Piloten und ihrer Vertreter haben kräftigen Rückenwind. Die Luftfahrt wächst stark, auch in Europa. Immer neue Gesellschaften versuchen sich mit neuen Geschäftsmodellen am Markt. Und die brauchen Flugzeugführer. Deshalb droht in Europa ein Mangel an Piloten. Ryanair leidet wegen seiner Arbeitsbedingungen eh schon traditionell unter einer hohen Fluktuation. Die VC schätzt, dass in diesem Jahr bis zu 25 Prozent der rund 4000 Cockpit-Mitarbeiter das Unternehmen verlassen werden.

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