Neulich in Berlin. Ich brach zu einem Termin in Mitte auf. Der Veranstaltungsort lag keine zwei Kilometer von der Redaktion entfernt. Doch es regnete in Strömen. Zum Glück gibt es um die Ecke einen Taxistand, an dem mehrere Taxen warteten. Ich stieg in das erste in der Reihe ein und nannte dem Fahrer mein Ziel. Er schüttelte daraufhin den Kopf und raunte, dass sich die Fahrt nicht lohne. Ich entschuldigte mich. Die Fahrt dauerte nur wenige Minuten, doch ich fuhr mit schlechtem Gewissen. So weit ist es also schon gekommen. Der Kunde wird zum Sündenbock, weil der Fahrer nicht einverstanden ist.
Solche oder ähnliche Erfahrungen haben schon viele gemacht. Es ist die Folge eines regulierten Marktes, der keinen Wettbewerb zulässt. Das Taxi-Monopol gehört daher dringend abgeschafft.
Uber ist ein Segen für den deutschen Markt der städtischen Personenbeförderung. Zugegeben: Das amerikanische Unternehmen geht mit rabiaten Methoden vor. Das Landgericht Frankfurt hat den Fahrdienst Uber Pop bundesweit verboten. Der Service zielt darauf ab, dass Privatleute mit ihrem eigenen Pkw Kunden ans Ziel bringen. Die Richter werfen der Firma „unlauteres Wettbewerbsverhalten“ vor. Uber will den Dienst weiter anbieten – und nimmt das Risiko von Ordnungsstrafen von bis zu 250.000 Euro in Kauf.
Die Richter haben Recht gesprochen. Sie haben sich an geltenden Gesetzen orientiert. Deshalb müssen diese geändert werden. Denn der Markteinstieg von Uber zeigt die Unzulänglichkeiten des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in Deutschland auf. Taxis sind ein Teil davon. Das Personenbeförderungsgesetz (PbefG) regelt, wer Taxi fahren darf und auch wo und wie.
Zahlreiche Regeln
Es gibt gute Gründe, den Transport von Personen zu regulieren. Das PbefG stellt etwa Anforderungen an die Sicherheit. Wer in ein Taxi steigt, sollte das gute Gefühl haben können, in ein ordentliches Fahrzeug zu steigen. Doch regelt das nicht automatisch die TÜV-Untersuchung, die jeder Inhaber eines Autos alle zwei Jahre erneuern muss? Uber verlangt übrigens, dass die genutzten Autos nicht älter als fünf Jahre alt sind. Mit Schrottkisten darf auch dort keiner unterwegs sein.
Das PbefG verlangt zudem Ortskenntnisse. Ein Taxifahrer darf dann in der Stadt fahren, in der er einen Taxischein abgelegt hat. Für die Prüfung muss er den richtigen Routenverlauf ermitteln, Taxihalteplätze angeben und die Adressen von Behörden, Krankenhäusern und Sehenswürdigkeiten nennen können. Doch sind diese Kenntnisse in Zeiten von Smartphone-Navigation nicht längst obsolet? Bei Uber besitzt jeder Fahrer ein ordentliches Smartphone, allein um schon die Fahrtanfragen anzunehmen.
Das PbefG stellt zudem Mindestanforderungen an die Charaktereigenschaften eines Taxi-Fahrers, etwa ein ärztliches Gutachten, das den Fahrer als „gesundheitlich geeignet“ ausweist. Das mag sinnvoll sein. Für den Taxischein muss er darüber hinaus nachweisen, dass er sich und andere sicher durch den Großstadtverkehr manövrieren kann. Doch hat er das nicht bereits getan, als er die Führerscheinprüfung abgelegt hat? Ein polizeiliches Führungszeugnis und den Punktestand in Flensburg müssen die Fahrer auch bei Uber vorlegen.
Am Taxi-Markt lockt ein Milliardengeschäft
Es ist Zeit, dass das Taxi-Monopol beendet wird. Der Gesetzgeber müsste dafür das PbefG ändern. Doch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will sich mit dem Thema nicht beschäftigen. Derzeit seien „keine Änderungen der Vorschriften zur Personenbeförderung vorgesehen“, heißt es aus seinem Haus. Der Minister verschließt also die lieber Augen vor den neuen Möglichkeiten. Auch in den anderen Parteien wagt es keiner, mehr Freiheiten für den Taxi-Markt zu fordern.
Gericht bremst Fahrdienst Uber aus
Natürlich darf nicht der Fehler gemacht werden, die Dienstleistungen von Uber und Wundercar als niedliche Form der Sharing-Economy einzustufen. Hier geht es nicht darum, dass sich Privatleute ihr Auto mit anderen teilen und alle lieb zueinander sind. Hier geht es um ein knallhartes Milliardengeschäft, das das Zeug hat, die Mobilität in den Städten komplett zu verändern. Hinter Uber steht der Weltkonzern Google.
Emotionen dürfen keine Rolle spielen
Ich mag das überhebliche Vorgehen von Uber, sich über sämtliche Regeln hinweg zu setzen, übrigens nicht. Ich finde das Unternehmen unsympathisch. Doch emotionale Argumente dürfen bei einer ökonomischen Betrachtung keine Rolle spielen.
Ein deregulierter Markt für die Personenbeförderung braucht Regeln, aber eben andere als die heutigen. Die Sicherheit der Dienstleistungen muss gewährleistet sein, auch die Beförderungspflicht ist ein hohes Gut im ÖPNV. Fahrgäste müssen versichert sein – keine Frage. Die fixen Preise mögen sinnvoll sein, doch hier wäre schon mehr Flexibilität besser. Denn die Tarife werden von den Verwaltungen willkürlich festgelegt. Warum eigentlich? Würden die Tarife etwa im Rahmen eines Korridors variieren können, würden auch die Taxifahrer profitieren, indem sie in nachfrageschwachen Zeiten auch mal für einen günstigeren Preis fahren könnten.
Darüber hinaus gilt es, ein Mindestmaß an Qualität sicher zu stellen. Doch hier wäre der Wettbewerb ein viel besserer Regulator. Die Kunden des Uber-Dienstes können die Fahrer beispielsweise nach der Fahrt auf einer Punkteskala von eins (mieser Service) bis fünf (exzellenter Service) bewerten. Es dauert nicht lange, da würde sich die Spreu vom Weizen trennen. Meine letzte Uber-Fahrt war übrigens nicht so einladend, beim nächsten Mal wähle ich vielleicht wieder das Taxi.
Der oben erwähnte Fahrer aus Berlin hätte es in so einem freien Markt aber schwer. Er hätte von mir nur einen Punkt bekommen. Ein Taxifahrer aus Frankfurt hingegen, der mich vor einiger Zeit mal durch die Mainmetropole gefahren hat, würde als Held gefeiert. Auf der Rückbank stand ein Korb mit frischen Säften, Schokoriegeln und Obst. „Bedienen Sie sich“, sagte er. „Ist im Preis inbegriffen“. Wie bitte? Wir kamen ins Gespräch. Die Kunden würden nach der Fahrt deutlich mehr Trinkgeld geben, sagte er. Außerdem habe er mehr Stammkunden als früher, die er etwa regelmäßig zum Flughafen fährt. Der Umsatz sei dadurch um 40 Prozent gestiegen. „Die Kosten für den Korb habe ich mehrfach raus.“