Die Toten Hosen sind geschickter als ihre Wettbewerber. Die 30 Jahre alte Formation ist längst auch zu einer Firma geworden, die den eigenen Reichtum mehrt. So gesehen werden wollen Campino & Co. aber auf keinen Fall. Auch deswegen haben sie gegen die Veröffentlichung eines Artikels in der Wirtschaftswoche über das kleine Imperium der Punk-Gruppe eine einstweilige Verfügung erwirkt. Die „tatsächliche Mentalität“ der Toten Hosen, so ihre Anwälte, sei „eben nicht nur betriebswirtschaftlich ausgerichtet“. Das zeige das „vielfältig ausgestaltete soziale Engagement“ der Band für „verschiedene gemeinnützige Zwecke“. Mag sein. Gegen die Grundaussage, dass die Toten Hosen auch erfolgreiche Kapitalisten sind, können sie allerdings nicht vorgehen.
In den 30 Jahren ihres Bestehens hat Deutschlands erfolgreichste Punk-Gruppe ein Minifirmenimperium aufgebaut, das die Marke nach allen Regeln der Betriebswirtschaft auf eigene Rechnung ausschlachtet.
Wie ein Derwisch fegt Campino über die Bühne. Sein Spagatsprung erreicht noch immer formidable Höhen. Beim Bad in der Menge wirft der Frontmann der Toten Hosen seinen athletischen, pitschnassen Körper in die ausgestreckten Arme der aufgewühlten Fans, die ihn durch das schweiß- und bierschwadengetränkte Hallenrund wuchten.
So kennen ihre Anhänger die Düsseldorfer Punk-Gruppe seit ihrer Gründung im April 1982. Helmut Kohl wurde Kanzler, das Telefon hatte noch eine Wählscheibe, da machten sich fünf picklige, großmäulige Rotzlöffel im Stile einer Schülerband auf die Tour durch Clubs und Hallen.
Geschäfte in eigenen Händen
Als erfolgreiche Multiunternehmer kennt die inzwischen angegrauten Altstars aber kaum jemand. Mehr als 22 Millionen Platten haben Campino, Kuddel, Andi, Breiti und Vom, wie die lautstarken Jungs sich nennen, bis heute verkauft und allein bei ihrer letzten Tournee über 700.000 Fans weltweit angezogen. Einen Großteil des Umsatzes, den sie dabei erzielten, sackt die lärmende Combo selbst ein, indem sie die Marke der Toten Hosen nach allen Regeln der Betriebswirtschaft auf eigene Rechnung ausschlachtet. Gekonnt baute das Quartett rund um seine Songs – ob das Sauflied „Zehn kleine Jägermeister“ oder den Anti-Nazi-Song „Sascha... ein aufrechter Deutscher“ – ein Minifirmenimperium auf. Offen reden will darüber allerdings keiner von ihnen. Kommentar auf Anfrage: „Kein Interesse.“
Das Erfolgsgeheimnis der musikalischen Draufhau-Band lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Nach der Devise „Teilen ist schlecht fürs Geschäft“ nehmen die Berufs-Punker seit Jahren alle lukrativen Geschäftsfelder selbst in die Hand. „Vertikale Integration“ nennen Unternehmensberater das und meinen damit die Herrschaft über die gesamte Produktionskette einschließlich Verzweigungen: in diesem Fall von der Komposition über die Aufnahme der Musikstücke bis zum CD-Verkauf einschließlich Nebenprodukten.