Tourismus-Boom in Griechenland Kein Zimmer frei, denn die Chinesen kommen

Die griechischen Hoteliers erwarten dieses Jahr einen neuen Reiserekord. Vor allem die Deutschen zieht es wieder öfters nach Hellas. Nun kommen auch noch die Chinesen.

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Die deutschen Urlauber halten Griechenland offenbar zunächst weiter die Treue. Und auch für Gäste aus Fernost wird das Land als Reiseziel attraktiv. Quelle: dpa

Manolis Papadakis schlürft genüsslich seinen Mokka und blinzelt in die Sonne. „Vergangenes Jahr um diese Zeit saß ich noch bis spätabends im Büro und wartete auf Buchungen“, sagt der 52-Jährige. „Jetzt kann ich mir auch mal eine Pause gönnen.“ Gemeinsam mit seinem Bruder und seiner Schwester betreibt Papadakis ein Drei-Sterne-Hotel auf der Insel Kreta. „Für Juni bis August sind wir komplett ausgebucht, September und Oktober füllen sich auch, und wir bekommen schon Anfragen für 2018“, berichtet der Hotelier zufrieden.

Der Griechenland-Tourismus boomt. Nachdem die hellenischen Hoteliers und Tavernenwirte bereits im vergangenen Jahr mit 27,8 Millionen Besuchern mehr Gäste als je zuvor begrüßten, erwarten sie 2017 mit 30 Millionen ausländischen Urlaubern einen neuen Reiserekord.

Der Tourismus wird damit immer mehr zu einem starken Motor, der Griechenlands Wirtschaft aus der Krise ziehen könnte. Nach einer kurzen Erholung 2014 ist Griechenland unter dem Anfang 2015 gewählten Links-Premier Alexis Tsipras wieder in die Rezession zurückgefallen. Im dritten Quartal 2016 schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 1,2 Prozent, für die ersten drei Monate 2017 meldete die staatliche Statistikbehörde Elstat ein Minus von 0,5 Prozent. Für das Gesamtjahr 2017 erwartet die Regierung jedoch ein Wachstum von 1,8 Prozent – vor allen dank des Fremdenverkehrs.

Steuerte der Tourismus zu Beginn der Krise 2010 noch 15,6 Prozent zum griechischen BIP bei, waren es 2016 nach Berechnungen des World Travel & Tourism Council (WTTC) bereits 18,6 Prozent. Auf den Fremdenverkehr entfallen direkt zwölf und mittelbar sogar 25 Prozent aller Arbeitsplätze. Nach den Prognosen des WTTC wird der Beitrag des Tourismus zum BIP in Griechenland bis 2027 jährlich um 4,6 Prozent wachsen und damit deutlich stärker zulegen als die Gesamtwirtschaft.

Dazu sollen nicht zuletzt die deutschen Gäste beitragen. Sie stellen neben den Briten traditionell die meisten Besucher. Bei den Deutschen steht Griechenland 2017 hoch im Kurs. „Kein anderes Reiseland gewinnt in absoluten Umsatzzahlen derzeit so stark“, ermittelte das Marktforschungsunternehmen GfK jetzt in einer Analyse zum Reiseverhalten der Deutschen. Danach haben sich im Vergleich zum bislang schwächsten Sommer im Jahr 2012, als das Land mit Massenprotesten, Unruhen und Streiks Negativschlagzeilen machte, die Griechenland-Umsätze im Reisebüro mehr als verdreifacht. „Griechenland steigt damit nach den Balearen zum zweitstärksten Urlaubsziel im deutschen Markt auf“, stellt GfK fest.

Bei Europas größtem Touristikkonzern TUI ist Griechenland in diesem Jahr ebenfalls gefragter denn je. Das Unternehmen meldete im Frühjahr 23 Prozent mehr Hellas-Buchungen als 2016. Besonders begehrt sind Reisen nach Rhodos (+26 Prozent) und auf die Halbinsel Peloponnes (+32 Prozent). Die Insel Kos kann sogar um mehr als 40 Prozent zulegen. Marek Andryszak, touristischer Geschäftsführer bei TUI Deutschland sagt: „Wir haben langfristige Pläne in Griechenland und wollen auch in den kommenden Jahren weiter wachsen.“

Die Chinesen kommen

Die griechischen Hoteliers profitieren nicht nur von der prekären Sicherheitslage und den politischen Turbulenzen in der Türkei, sondern auch von eigenen Stärken: „Die Qualität der Hotels und der Service-Level in Griechenland waren noch nie so hoch wie heute“, berichtet TUI-Manager Andryszak. Auch beim Preis-Leistungsverhältnis kann das früher als teuer geltende Hellas mithalten. Im Tourismus-Wettbewerbsranking des World Economic Forum erzielte Griechenland in diesem Jahr 4,51 von sieben möglichen Punkten und stieg unter 136 Ländern vom 31. auf den 24. Rang.

Nach den Prognosen des WTTC sollen die Erlöse im griechischen Tourismus von 14,7 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr bis 2027 auf 24,6 Milliarden Dollar steigen. Allein mit Gästen aus den europäischen Ländern und den USA ist das allerdings nicht zu schaffen. Die griechische Tourismuswirtschaft setzt deshalb verstärkt auf neue Märkte. Eine Schlüsselrolle soll China spielen. Im vergangenen Jahr kamen 150.000 Gäste aus dem Reich der Mitte nach Griechenland. Jim Jiannong Qian, Vizepräsident der chinesischen Fosun International Ltd., will diese Zahl mittelfristig auf 1,5 Millionen verzehnfachen. Zum Fosun-Portfolio gehört seit Anfang 2015 der Cluburlaub-Anbieter Club Méditerranée. Außerdem hält Fosun rund acht Prozent an Europas zweitgrößtem Reiseveranstalter Thomas Cook. Über Thomas Cook werde man speziell auf die chinesische Kundschaft zugeschnittene Griechenland-Angebote anbieten, kündigte Qian jetzt bei einem Besuch in Athen an. „Griechenland ist ein sehr sicheres Reiseziel“, unterstrich der Fosun-Vizechef.

Das sind Deutschlands umsatzstärkste Hotels
Platz 10: Sport- und Kurhotel Sonnenalp, OfterschwangBislang war das Sport- und Kurhotel in Ofterschwang der Platzhirsch unter den Ferienhotels. Doch das Haus musste belegungsbedingte Umsatzeinbußen hinnehmen und landet deshalb mit einem Netto-Erlös von 38, 6 Millionen Euro in 2016 nur auf Platz zehn im Ranking der „Allgemeinen Hotel- und Gastronomiezeitung“. Sie erfasst seit 32 Jahren die Ergebnisse der umsatzstärksten Einzelhotels in Deutschland. Die Daten beruhen hauptsächlich auf Eigenangaben der Hoteliers sowie auf Marktdaten und Fakten aus den im Bundesanzeiger veröffentlichten Lage- und Geschäftsberichten. Häuser, die im Vorjahr im Ranking erschienen sind, aber in diesem Jahr keine Angaben machten, wurden auf Basis der errechneten Durchschnittswerte der teilnehmenden Häuser geschätzt. Quelle: Sonnenalp
Platz 9: Ferienpark Weissenhäuser Strand Quelle: Screenshot
Platz 8: The Westin Grand München Quelle: PR
Platz 7: Hilton Berlin Quelle: PR
Platz 6: Kempinski Hotel Vier Jahreszeiten, München Quelle: PR
Platz 5: Hotel Intercontinental Berlin Quelle: PR
Platz 4: Sheraton Frankfurt Hotel & Towers Quelle: PR

Fosun, das größte private Konglomerat Festlandchinas, ist in Griechenland bereits stark engagiert: Die Beteiligungsgesellschaft hält Anteile am griechischen Schmuck- und Lifestyle-Konzern Folli Follie. Gemeinsam mit dem griechischen Immobilienentwickler Lamda Development und dem Investor Al-Maabar aus Abu Dhabi ist Fosun auch an einem Joint Venture zur Entwicklung des früheren Flughafengeländes Ellinikon bei Athen beteiligt. Auf dem Areal, das mit 620 Hektar zweimal so ist wie der New Yorker Central Park, sollen Hotels, ein Kasino, Einkaufszentren, Wohnungen, Konferenzeinrichtungen und eine Parklandschaft entstehen - mit einem geplanten Volumen von rund acht Milliarden Euro die größte private Investition in Griechenland. Das Projekt soll auch zu einem Magnet für Touristen werden.

Nicht nur Fosun hat Griechenlands Tourismuspotenzial entdeckt. Auch die bevorstehende Privatisierung des Athener Flughafens weckt chinesisches Interesse. Der griechische Staat hält bisher 55 Prozent an der Flughafengesellschaft AIA. 40 Prozent liegen beim kanadischen Pensionsfonds PSP, fünf Prozent bei der griechischen Unternehmerfamilie Copelouzos. Auf Druck der internationalen Kreditgeber soll sich der Staat in diesem Jahr von seinen Anteilen trennen. Als einer der Interessenten gilt die chinesische Shenzhen Airport Group. In einem Joint Venture mit der Friedmann Pacific Asset Management Ltd. wollen die Chinesen den Athener Flughafen zur Drehscheibe für den Luftverkehr zwischen China und Europa ausbauen.

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