Tourismus und Terror Die Angst im Gepäck

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Reisewarnungen halten Touristen fern

Urlauber, so lautet eine Regel der Branche, kommen irgendwann immer wieder. "Katastrophen und Terroranschläge sind in der nächsten Saison oft vergessen", sagt Tourismusforscher Martin Lohmann vom NIT-Instituts in Kiel. Erst eine Reisewarnung bringt den Strom der Touristen zum Versiegen. Sobald das Auswärtige Amt die offizielle Warnung ausspricht, fliegen die Urlaubsveranstalter ihre Kunden in Massen aus. Dann dürfen Reisende auch ihren bereits gebuchten Urlaub kostenlos stornieren oder umbuchen.

Für die Türkei, durch das Ausbleiben der russischen Touristen ohnehin schon angeschlagen, wäre das eine Katastrophe. Bisher hat das Auswärtige Amt seine Reisehinweise für die Türkei nur verschärft und rät Reisenden in den Großstädten, Menschenmengen auf öffentlichen Plätzen und an Sehenswürdigkeiten zu meiden.

Doch die Anschläge in Istanbul erinnern an die Anschläge in der tunesischen Hauptstadt Tunis vor einem Jahr: Als dort im März 24 Menschen bei einem Anschlag auf das bei Touristen beliebte Bardo-Museum starben, trübte das die Reiselust der Urlauber nur mäßig. Sie sonnten sich weiter an den Ressorts an der Mittelmeerküste. Doch nur wenige Monate später eröffnet ein tunesischer Attentäter das Feuer auf Touristen an einem Hotelstrand in der Nähe von Sousse. Das Hotel gehört zur Riu-Kette, an dem auch Tui beteiligt ist.

Für das Land hatte das gravierende Folgen: Die Hotelkette Riu hat sich mittlerweile komplett aus Tunesien zurückgezogen, wie viele andere internationale Ketten auch. Die örtlichen Hotels kämpfen um ihr Überleben - wenn sie nicht schon aufgegeben haben. Die Arbeitslosigkeit ist gestiegen. "Tunesien hat es schwer", sagt Joussen. Nach dem arabischen Frühling sei Tunesien der Hoffnungsträger für stabile Strukturen und Demokratie in der Region gewesen. Jetzt bleiben die Urlauber fern. "Es ist momentan keine wirkliche Destination mehr", sagt Joussen.

Die Türkei verschärft nun ihre Sicherheitsmaßnahmen. Kurz nach den Anschlägen nahm die türkische Polizei drei russische Staatsbürger fest, die im Verdacht stehen, Kontakt zur Terror-Gruppe "Islamischer Staat" zu haben. Und auch im zentralanatolischen Konya verhafteten die Beamten vier mutmaßliche Unterstützer des "Islamischen Staats", die Kämpfer und Anhänger des IS beim Grenzübertritt nach Syrien geholfen haben sollen.

Die Verunsicherung der Urlauber bleibt. Bei vielen Reiseveranstalter - neben Tui auch Thomas Cook, Der Touristik oder L'Tur - können Reisende ihre Flüge nach Istanbul nun kostenlos stornieren oder umbuchen. Einen Schritt weiter geht der Düsseldorfer Reiseveranstallter Alltours: Das Unternehmen bietet seinen Kunden noch bis Ende März an, ihre Katalog-Urlaube bis 30 Tage vor der Anreise kostenlos umzubuchen - unabhängig vom Ziel, unabhängig von den Gründen. Einzige Bedingung: Die Urlauber müssen einen von Alltours gecharterten Flug gebucht haben. Der Grund: Mehr Flexibilität für die Urlauber - und mehr Sicherheit.

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