Uber Der Fahrdienst gerät ins Schleudern

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Weltweiter Boykott

Die Ingenieurin Susan Fowler schrieb Mitte Februar in ihrem Blog, sie sei von Vorgesetzten zum Sex gedrängt und nach einer Beschwerde in der Personalabteilung systematisch gemobbt worden. Hunderte Mitarbeiter haben seitdem die Atmosphäre bei Uber beklagt. Das Gesamtbild: Bei Uber herrsche eine vergiftete und testosterongeladene Arbeitsatmosphäre, in der sich eine Günstlingskaste umso mehr herausnimmt, je näher sie dem Co-Gründer Kalanick steht. Regeln gebe es kaum. Frauen würden als Freiwild betrachtet, Erfolge gerne mit Alkohol und Kokain gefeiert. Kalanick bestreitet all das.

Eine „Kultur mangelnden Respekts, exklusiver Cliquen und der Duldung von Mobbing und Belästigung jeder Art“ werfen Mitch und Freada Kapor den Uber-Bossen vor. Das prominente Investorenpaar gehört zu den ersten Geldgebern Ubers. Mitch Kapor, der mit Lotus Software selbst ein Milliardenunternehmen hochzog, ist es leid, immer nur Entschuldigungen von Kalanick zu hören: „Real verändert sich nichts“, sagt er.

Dass sich Investoren der Schar der Kritiker anschließen, mag auch damit zu tun haben, dass Ubers Machokultur nicht mehr folgenlos bleibt fürs Geschäft: Weltweit rufen vor allem Frauen zum Boykott auf. Auch weil Kalanick sich, wie Elon Musk, Peter Thiel und andere Silicon-Valley-Alphamänner, im Beraterstab Donald Trumps engagierte, hagelte es Kritik. Der Kundenprotest eskalierte, als Taxifahrer in New York geschlossen wegen Trumps Einreiseverbot für Muslime streikten und Uber den Streikbrecher gab. Tausende Kunden löschten daraufhin die Uber-App von ihren Smartphones. Uber soll zudem Handy- und Kreditkartendaten auswerten, die auf Polizisten schließen lassen. Damit die nicht den Uber-Fahrern Verstöße nachweisen können, werden sie als Fahrgäste abgelehnt.

Uber fehlten „der moralische Kompass und die Strukturen, um einen solchen zu etablieren“, meint Silicon-Valley-Wagnisfinanzierer Ram Srinivasan. In so einer Atmosphäre sei es schwierig, dauerhaft Erfolg zu haben, weil man gute Mitarbeiter kaum halten könne. Lise Buyer, die Architektin von Googles Börsengang, warnt: „Wenn die Kultur als vergiftet oder unfair empfunden wird, ist das im Silicon Valley, wo ein harter Konkurrenzkampf um Ingenieure und Programmierer tobt, nahezu unmöglich.“

Während die Uber-Manager noch damit beschäftigt sind, den Imageschaden einzudämmen, kommt die nächste Breitseite: Google hat Uber nun verklagt. Die Google-Mutterholding Alphabet ist, wie die Kapors, einer der ältesten Uber-Geldgeber: 2013 investierte Google Ventures 250 Millionen Dollar in Uber. Nun aber beklagt Google, Ubers Technologie für selbstfahrende Autos, erst 2016 für 680 Millionen Dollar von einem Start-up namens Otto gekauft, beruhe auf geklauten Google-Patenten. Stimmt das, wäre dies für Uber ein empfindlicher Schlag: Selbstfahrende Taxis und Lieferwagen sind Kern von Ubers Geschäftsvisionen. Kalanick bestreitet auch diese Vorwürfe. Doch Google wird in seiner Klageschrift sehr konkret. Der Ex-Google-Manager und Otto-Gründer Anthony Levandowski habe kurz vor seiner Kündigung 14.000 technische Dokumente Googles entwendet.

Entwicklungshemmnis: Gegen Anthony Levandowski gibt es Klagen. Quelle: Laif

Google als Gegner

Überhaupt wird der einstige Partner zum Konkurrenten. Mit seiner Navigations-App Waze greift Google sogar Ubers Herzstück an, den in Deutschland verbotenen Amateur-Mitfahrdienst UberPool. Seit Anfang vergangener Woche können sich Autofahrer mit Waze zu Fahrgemeinschaften zusammentun; die Mitfahrer bezahlen die Fahrer – wie bei UberPool. Und: Anders als viele erfolgreiche Start-ups, etwa AirBnB, Palantir oder Spotify, dominiert Uber auch acht Jahre nach seiner Gründung noch immer nicht sein Kerngeschäft. US-Konkurrent Lyft läuft Uber in einigen US-Städten inzwischen gar den Rang ab. Weltweit gerät das Kerngeschäft an Wachstumsgrenzen: In China musste Uber sich dem staatlich gestützten Konkurrenten Didi Chuxing geschlagen geben, verkaufte dort sein Geschäft gegen eine Finanzbeteiligung von 20 Prozent an Didi. Noch vor Kurzem wurde China Investoren als großer Wachstumsmarkt präsentiert. In Indien, dem diese Rolle nun zugefallen ist, hinkt man der ebenfalls bestens politisch verdrahteten Ola hinterher. „Wir müssen schlicht den besseren Service bieten“, gibt sich Uber-Indien-Manager Christian Freese kämpferisch. In einigen europäischen Ländern, darunter Deutschland, sind große Teile der Uber-Dienste bereits ganz verboten.

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