Der Nürnberger Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl wünscht sich zum Geburtstag eine neue Fluglinie. Bescheiden ist anders. Doch Wöhrl hat nur Gutes im Sinn – zumindest nach eigenen Angaben. Auf seiner Facebook-Seite schreibt er: „Für mich geht es bei dem Versuch die Air Berlin zu erhalten, um sehr viel Herzblut. Wenn mir dies gelingen würde, dann wäre es das schönste Geschenk zu meinem 70. Geburtstag!“
Doch wer ist der selbsternannte Retter eigentlich? Hans Rudolf Wöhrl hat sich schon in jungen Jahren für die Luftfahrt interessiert und erwarb seinen ersten Pilotenschein bereits mit 18 Jahren. Da er sich in den 1970er Jahren ums Familiengeschäft kümmerte, musste die Flugbranche warten. Wöhrl übernahm damals mit seinem Bruder das Modehaus „Rudolf“, das zu der Zeit fünf Filialen vorwies. 2002 wurde daraus die Rudolf Wöhrl AG, die dreistellige Millionen-Umsätze macht und gegenwärtig in dritter Generation von der Unternehmerfamilie geführt wird. Wöhrl verkaufte seine Anteile am Familiengeschäft 2011.
1974 gründete Wöhrl den Nürnberger Flugdienst (NFD), bei der er selbst auch als Pilot im Cockpit saß. Als sein Flugdienst 1992 mit dem Reise- und Industrieflug (RFG) in Dortmund zusammenschmolz, verkaufte Wöhrl seine Anteile. Allerdings stieg er kurz darauf bei der Saarland Airlines ein. Diese meldete bereits ein Jahr später Insolvenz an. Anschließend blieb Wöhrl der Flugbranche zehn Jahre lang als Pilot und Berater treu. Im Sommer 2003 kaufte der Unternehmer die defizitäre British-Airways-Tochter Deutsche BA, später dba, für einen symbolischen Euro. Als bekannt wurde, dass Wöhrl auch für Air Berlin bietet, stand dieser Betrag deshalb häufiger im Raum. Nachdem Wöhrls Firma Intro 2006 alle Anteile des Lufttransportunternehmens (LTU) erwarb, führte der Unternehmer einen Sanierungsplan ein, der binnen neun Monaten erfolgreich war.
Das ist Air Berlin
Die 1978 gegründete Fluggesellschaft Air Berlin ist mit dem Boom der Billigflieger groß geworden. Erfolg hatte Deutschlands zweigrößte Airline zunächst mit Flügen von Berlin nach Mallorca. 2002 nahm sie Linienflüge in europäische Städte ins Programm.
Nach einem radikalen Expansionskurs geriet das Unternehmen in eine Krise. Seit 2008 schreibt Air Berlin - mit einer Ausnahme durch den Verkauf des Vielfliegerprogramms - rote Zahlen. Im Jahr 2016 betrug der Verlust rund 782 Millionen Euro, der Schuldenberg wuchs auf knapp 1,2 Milliarden Euro. Jahrelang hielt der arabische Großaktionär Etihad, der 29,2 Prozent der Anteile besitzt, die Airline mit Finanzspritzen in der Luft.
Im August 2017 zieht Etihad die Reißleine: Der Hauptaktionär erklärt, keine weitere finanzielle Unterstützung zur Verfügung zu stellen. Air Berlin stellt daraufhin beim zuständigen Amtsgericht Berlin-Charlottenburg einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung.
2006 gab es den ersten Kontakt zwischen Air Berlin und Hans Rudolf Wöhrl. Air Berlin übernahm die deutsche Fluggesellschaft (dba), unter anderem, von der Intro-Verwaltungs GmbH, die dem Nürnberger Unternehmer gehörte, für 120 Millionen Euro. Der Verkauf der LTU an Air Berlin erfolgte im Jahre 2007. Nachdem Wöhrl seine Anteile an der Rudolf Wöhrl AG verkauft hatte, investierte er wieder verstärkt ins Fluggeschäft. Im Januar 2011 gründete er eine neue Fluggesellschaft namens flynext, die er schon im Oktober desselben Jahres an die Germania verkaufte. Diese ist heute bekannt unter Germania Express. Seit 2012 hat Hans Rudolf Wöhrl in verschiedene Fluggesellschaften investiert, darunter auch die österreichische InterSky.
Ob Wöhrl sein gewünschtes Geburtstagsgeschenk in Form der Air-Berlin-Übernahme erhält, ist abzuwarten. Denn Interessenten können noch bis Ende kommender Woche Angebote für Air Berlin vorlegen – die Übernahme kann in Teilen oder komplett erfolgen. Als Quelle des Geldes nennt Wöhrl auf seiner Facebook-Seite „langjährige Partner und Leute, die ihm vertrauen“. Durch diese Menschen, die er nicht näher definiert, sei außerdem eine erste Ratenzahlung in Höhe von 50 Millionen Euro möglich. Den Restbetrag in Höhe von 450 Millionen Euro wolle er in Tranchen nach und nach abbezahlen. Im Vorfeld seien andere Flugunternehmen, wie Lufthansa, Tui, Germania, Condor sowie Niki Lauda darüber informiert worden, dass sie sich an der Wöhrl-Übernahme beteiligen könnten. Auf seiner Facebook-Seite betont der Unternehmer, dass er auch ohne die genannten Fluggesellschaften mithilfe seiner Investoren in der Lage sei, die Übernahmesumme aufzubringen. Laut Wöhrl soll für Air Berlin „bereits das Sommerprogramm 2018 kostendeckend sein“.