Unesco Wie das Welterbe den Tourismus durcheinander rüttelt

Einmal im Jahr benennt die Unesco neue Welterbestätten, um deren Schutz sicherzustellen. Doch der Titel ist zur begehrten Eintrittskarte in die erste Liga des Tourismus geworden. Erkundungen im Kampfgebiet.

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Die beliebtesten Reiseziele weltweit
Kapstadt, Südafrika Quelle: dpa
Eiffelturm Quelle: dpa
Casa Rosada, Buenos Aires, Argentinien Quelle: dpa
Kolosseum, Rom Quelle: dpa
Tower Bridge, London Quelle: REUTERS
Karlsbrücke, Burg in Prag, Tschechien Quelle: dpa
Pfirsichblüte, Hanoi, Vietnam Quelle: REUTERS

Mitten im Gespräch schaut Silvia Fischer aus dem Fenster und unterbricht ihren Satz. „Da sind schon wieder die Ersten!“, ruft sie, es klingt als würde ein Jäger in der Savanne eine Horde Gnus entdecken. Es ist Mittwochnachmittag, Mittwoch ist Wasserspiele-Tag in Kassel.

Was Fischer sieht, sind Reisebusse, Dutzende von ihnen winden sich die engen Straßen den Hang hinauf. Sie betreibt ein Hotel am Rande des Bergparks am Rande der Stadt, ein ruhiges Geschäft, eigentlich. Stammgäste, Kurgäste, ein paar Geschäftsreisende. Und alle fünf Jahre Documenta. Und sonst? „Seit die Wasserspiele im Bergpark vor zwei Jahren zum Weltkulturerbe ernannt worden sind, ist die Ruhe vorbei“, sagt sie.

Der Bergpark Wilhelmshöhe ist eine beeindruckende, aber auch ziemlich anspruchsvolle Sehenswürdigkeit. Er beginnt an der Endstation einer Straßenbahn. Aber das Highlight, die riesenhafte Herkules-Statue und ihre mechanischen Wasserspiele, befinden sich knapp 250 Höhenmeter weiter oben am Hang. Und dort gibt es nur einen kleinen Parkplatz. „Bis 2013 war das kein Problem“, erinnert sich Fischer. „Der Park wurde vor allem von den Kasselern zur Naherholung genutzt.“

Für ein Weltkulturerbe gelten andere Regeln. Das Reisemagazin des Eurotunnels etwa empfiehlt in einem Best-of Europas zwei deutsche Sehenswürdigkeiten: den Kölner Dom und den Bergpark. Chaotisch geht es auf Zufahrtsstraßen und Parkplätzen seither zu. Es sind die Wachstumsschmerzen einer Tourismusdestination.

Von solchen Schmerzen träumt Götz Ulrich. „Das ist doch wirklich ein toller Blick hier, oder?“, sagt Ulrich, Landrat in Naumburg, Sachsen-Anhalt. Eine Burganlage im Blick liegen hinter ihm Weinberge, unten im Tal die Saale. Postkartenidyll, unverstellt. Denn außer dem Landrat ist sonst keiner da. „Wenn wir Weltkulturerbe werden, bekommen wir endlich einen Platz auf der touristischen Landkarte, den wir verdienen“, spricht er sein lokalpatriotisches Stoßgebet. „Wir werden alles tun, dass es so kommt.“

Der typisch deutsche Urlauber
Eine Familie läuft am Strand Quelle: obs
Eine Reisekauffrau sitz in einem Reisebüro vor Katalogen Quelle: AP
Touristen schwimmen in einem Pool Quelle: dapd
Ein Badezimmer in einem Hotel Quelle: dpa
Ein Mann hakt eine Checkliste ab Quelle: Fotolia
Ein Mann trägt weiße Socken in Sandalen Quelle: dpa

Seit Freitag tritt wieder das Welterbekomitee zusammen, um weitere der ruhmreichen Titel zu vergeben. Vor 43 Jahren hat die Unesco das Prinzip Weltkulturerbe erfunden. Es ging darum, eine Liste der Weltwunder der Neuzeit zu schaffen. Und so ernannte sie die Buddha-Statuen von Bamiyan, das historische Zentrum Roms oder den Aachener Dom. Ausgewählt werden sollte nach möglichst objektiven Kriterien, unabhängig von nationalen Interessen.

Wenn das Komitee jetzt jährlich nachnominiert, geht es um anderes: Eintrittskarten in die erste Liga des internationalen Tourismus. „Gerade asiatische und amerikanische Reiseveranstalter orientieren sich sehr stark an dieser Liste, wenn sie ihre Routen planen“, sagt Roberto Patuelli, der an der Universität Bologna die Ökonomie des Welterbes erforscht. Dauerhaft steige die Besucherzahl nach der Nominierung um fünf Prozent, so seine Rechnung. Je stärker jedoch der touristische Wert der Welterbestätten zunimmt, desto mehr werden sie zu einem Spielfeld von ökonomischen Interessen und politischen Intrigen.

Begrenztes Angebot, unbegrenzte Nachfrage

In Kassel ist augenscheinlich, was der Ökonom berechnet. Die Wasserspiele sind zum Welterbe ernannt worden, weil sie noch genauso funktionieren, wie sie im 18. Jahrhundert erschaffen wurden. Oben im Park gibt es einen Speichersee, in dem sich über den Winter und Frühling Wasser sammelt.

Das wird verwendet, um per Hand das Schauspiel von Wasserfällen, Kaskaden und Fontänen zu speisen. Die Anzahl der Spektakel ist also begrenzt. „Insgesamt stehen 56 Ladungen zur Verfügung“, sagt Angelika Hüppe, Marketingchefin der Stadt. So findet das Schauspiel nur mittwochs, sonntags und an Feiertagen statt. Entsprechend konzentriert treffen auch die Besucher in Kassel ein.

Die Zahl der Gruppenführungen durch den Park hat sich in den vergangenen Jahren fast verdreifacht. Die Zahl der Übernachtungen in der Stadt ist – lokale Sondereffekte außer Acht gelassen – um gut ein Viertel gestiegen. Auch aus anderen Städten gibt es solche Zahlen. Die Zeche Zollverein in Essen besuchten rund 5000 Menschen im Jahr, bevor sie Welterbe wurde, heute kommen rund 1,5 Millionen Besucher.

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Doch es sind nicht allein diese Besucher, um derentwillen sich Landesfürsten und Stadtväter um den Titel so bemühen. Wer in Deutschland dieses Siegel trägt, wird von der Bundesregierung protegiert. Nationale touristische Werbekampagnen fokussieren sich auf die Welterbestätten. Und bei der Städtebauförderung werden sie bevorzugt. Als der Bund nach der Finanzkrise sein Konjunkturpaket auflegte, gab es für die Welterbestätten einen separaten Titel. 220 Millionen Euro wurden auf die 39 deutschen Sehenswürdigkeiten verteilt. So wertvoll wie der Titel inzwischen ist, so umkämpft ist er auch.

In den Hügeln an der Saale müssten sie reichlich verzagt sein. Denn objektiv betrachtet, sollten die Chancen schlecht stehen, zum Welterbe ernannt zu werden. Der Unesco-Entscheidung vorgeschaltet ist die Prüfung durch den Internationalen Rat für Denkmalpflege (Icomos). Im Frühjahr haben die Gutachter ihre Analyse zu den Denkmälern rund um Naumburg vorgelegt. Fazit: durchgefallen. Landrat Ulrich aber sagt: „Wir glauben fest daran, dass wir eine überzeugende Bewerbung vorgelegt haben, und das wollen wir der Unesco auch beweisen.“

Die zehn schönsten Berge der Welt
Kilimandscharo, TansaniaMit 5895 Metern Höhe ist der Kilimandscharo das höchste Bergmassiv Afrikas. Das Gebirge beeindruckt vor allem durch seine gewaltige Statur inmitten von Frostschuttwüsten, Schneefeldern und dichter Vegetation. Die Landschaft rund um den Berg wurde 1987 zum Unesco-Weltkulturerbe erklärt. Quelle: AP
Mont Blanc, Frankreich / ItalienDer „weiße Berg“ ist mit 4810 Metern der höchste Berg der Alpen. Der Grenzverlauf des Mont Blanc ist seit langem umstritten, sowohl Frankreich als auch Italien haben Anteil an dem Berg. Der Mont Blanc besteht aus Granit und beeindruckt mit seinen zwei völlig unterschiedlichen Ansichten: Die Nordseite ist eher rundlich und vergletschert, während der südliche Teil des Berges wie ein felsiger Klotz wirkt. Quelle: AP
Ayers Rock, AustralienDer Uluru, wie der Berg auch von den einheimischen Aborigines bezeichnet wird, befindet sich inmitten der zentralaustralischen Wüste und begeistert seine Besucher mit seinen verschiedenen Farbtönen: Je nach Sonneneinfall, Tageszeit und Bewölkungsgrad leuchtet der Berg mal braungrau, mal orange, mal rot. Der Ayers Rock ist etwa 350 Meter hoch und gilt bei den Aborigines als heilig. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
Fox-Gletscher, NeuseelandDer Talgletscher, der im Westland-Nationalpark der neuseeländischen Südinsel liegt, erstreckt sich auf einer Fläche von knapp 35 Quadratkilometern. Bis zum Jahr 2007 dehnte sich der Gletscher weitestgehend aus, doch seit 2009 schmilzt er wieder. Quelle: Gemeinfrei
Zuckerhut, BrasilienDer knapp 400 Meter hohe „Pão de Açúcar“ gilt neben der Christusstatue auf dem Berg Corcovado (vorne im Bild) als das Wahrzeichen Rio des Janeiros. Seinen Namen trägt der Felsen aufgrund seiner außergewöhnlichen Form, die an einen Zuckerhut erinnert. Touristen können mit einer Seilbahn auf die Spitze des Berges hinauffahren, um von dort das spektakuläre Stadtbild zu genießen. Quelle: AP
Merapi, IndonesienDer Schichtvulkan auf der indonesischen Insel Java gilt als einer der schönsten, aber auch gefährlichsten Vulkane der Erde. Der Merapi ist fast dauerhaft aktiv – kleinere Eruptionen finden alle zwei bis drei Jahre statt, größere Ausbrüche kommen etwa zehn bis 15 Jahre vor. Am 5. Oktober 2010 brach der Vulkan erneut aus und schleuderte vier Kilometer Asche und Geröll in die Atmosphäre – mehr als 70 Menschen kamen dabei ums Leben. Auf diesem Bild ist der Merapi bei Nacht zu sehen, wie er im Juni 2006 Lava ausspuckt. Quelle: dpa
Les Perrons, Frankreich / SchweizDer 2674 Meter hohe Berg in den Chablais-Alpen zwischen Frankreich und der Schweiz ist ein beliebtes Wander- und Bergsteigerziel in Europa. Zwischen den verschneiten Berggipfeln fließt das türkisblaue Wasser des Lac d'Emosson. Quelle: Creative Commons

Den Kern ihres Vorschlags bildet der Naumburger Dom, in dessen Inneren sich eine der berühmtesten Figurengruppe der Gotik befindet, darunter Uta von Naumburg, die „schönste Frau des Mittelalters“. Das allein hätte für den Titel Welterbe nicht gereicht. Zu viele gotische Sakralbauten stehen schon auf der Liste. So erweiterten die örtlichen Historiker das Konzept auf die umliegenden Flusstäler von Saale und Unstrut, in denen weitere Ortskerne, Klöster und Burgen aus der Zeit stehen. Der Kommentar von Icomos: „Einzigartig“ sei „allein die gewählte Definition, nicht aber die Stätte, mit der diese verbunden wird“.

Politik statt Profession

Doch die Entscheidung ist damit noch nicht gefallen. Eine Woche lang treffen sich die Unesco-Botschafter für ihre Jahrestagung, erst zum Schluss stimmen sie über neue Stätten ab. Genug Zeit, um aus einer wissenschaftlichen Entscheidung eine politische zu machen. „Ich werde natürlich die ganze Zeit vor Ort sein“, sagt Landrat Ulrich. Im Gepäck hat er eine Erklärung von neun Wissenschaftlern von Harvard bis zur Sorbonne, in der sie die „Einzigartigkeit der Kulturlandschaft an Saale und Unstrut“ preisen. Wie es dazu kam? „Wir haben die anerkannten Wissenschaftler eingeladen, sich vor Ort ein Bild von der Region zu machen“, sagt Ulrich. So klingt Wahlkampf nach Fifa-Manier, sagen andere.

"Vintage-look" statt wahrem Alter

In dem Komitee, das den Mehrheitsbeschluss fällt, sitzen keine Experten, sondern Unesco-Botschafter und damit Diplomaten. Die treffen meist sehr bewerberfreundliche Entscheidungen. So hatte Icomos 2014 für 10 von 26 Bewerbungen eine Aufnahme empfohlen. 18 Bewerber wurden dann direkt aufgenommen, allen anderen wurde eine spätere Aufnahme in Aussicht gestellt. Sogar der Meeresarm von Dubai mit seiner nahezu komplett rekonstruierten „Altstadt“ in der Pufferzone darf noch hoffen.

So wächst das Erbe der Menschheit in beeindruckendem Tempo. In Italien gibt es bereits 50 Stätten. In Deutschland wären es, wenn dieses Jahr neben Naumburg auch die Hamburger Speicherstadt Erfolg hat, 41. Die Gründerväter der Welterbekonvention wollten einst höchstens 100 Stätten vermerkt sehen, bereits im vergangenen Jahr wurde die Schallmauer von 1000 durchbrochen.

Zehn skurrile Sehenswürdigkeiten
Sandskulpturen-Festival, Belgien: Ein Künstler vermisst eine der riesigen Disney-Skulpturen aus Sand, die im Sommer 2014 zum ersten Mal in der belgischen Hafenstand Ostende zu sehen waren. Das Sandskulpturen-Festival, das zuvor jahrelang in Blankenberge stattgefunden hat, ist in diesem Jahr nach Ostende umgezogen. Auf mehr als 8000 Quadratmetern erschaffen die Künstler Gebäude und Attraktionen aus den Disney-Comics. Im Zentrum des Ganzen erhebt sich das „Sleeping Beauty Castle“. Quelle: REUTERS
„Die Welt steht Kopf“, Deutschland: In Trassenheide auf der Insel Usedom wurde 2008 Deutschlands erstes auf dem Kopf stehendes Haus eingeweiht. Die Idee dazu hatten die beiden polnischen Unternehmer Klaudiusz Gołos und Sebastian Mikiciuk, die aus einer anfänglichen Stammtisch-Alberei eine echte Touristenattraktion machten: Das Kopfüber-Haus zieht Besucher aus aller Welt auf die Ostsee-Insel. Besonders faszinierend: die vollständige Einrichtung, die selbstverständlich auch verkehrtherum steht. Weltweit gibt es mehrere dieser sogenannten „Upside Down Houses“, unter anderem in China, Russland und Österreich. Quelle: AP
„Carhenge“, USA: Das Kunstwerk von Jim Reinders befindet sich im Bundesstaat Nebraska und ahmt die steinzeitlichen Megalithkreise von Stonehenge in England nach. Statt aus Steinen besteht „Carhenge“ jedoch aus 38 amerikanischen Autos, die mit grauer Farbe besprüht sind. Die Oldtimer stehen in einem Kreis von 29 Metern; einige von ihnen sind senkrecht im Boden verankert. Obwohl das Kunstwerk bereits 1987 entstand, wurde erst im Jahr 2006 ein öffentliches Besucherzentrum eingerichtet.Foto: Nobi-nobita, eigenes Werk. Lizenz Creative Commons Attribution 3.0 Quelle: Creative Commons
Iglu-Dorf, Schweiz: Hier laufen Besucher durch die schmalen Gänge des Iglu-Dorfes Engelberg in der Schweiz. Auf 1800 Höhenmetern können die Touristen durch das Innere der Eis-Welt laufen, die dort errichteten Kunstwerke betrachten und sogar im Dorf übernachten. Inzwischen gibt es mehrere dieser faszinierenden Eisgebäude, vor allem in den kühlen Regionen Skandinaviens, Kanadas und Alaskas. Übernachtungen sind jedoch recht teuer. Quelle: dpa/dpaweb
„Floating Dutchman“, Niederlande: Seit Sommer 2011 gibt es in Amsterdam eine neue Besucherattraktion: Ein als Kanalschiff umgebauter Reisebus bringt die Touristen durch die Grachten bis zum internationalen Flughafen Schiphol. Der „Schwimmende Holländer“ ist 14 Meter lang, etwas mehr als drei Meter hoch und seine Bauweise wurde speziell an die Amsterdamer Grachten angepasst. Quelle: dpa
„Big Lobster“, Australien: Der 17 Meter hohe Riesen-Hummer, der auch „Larry, the Lobster“ genannt wird, zieht jährlich Millionen Besucher ins südaustralische Kingston. Die Konstruktion aus Stahl und Glasfaser wurde 1979 von Paul Kelly entworfen und sollte ursprünglich für regionale Meeresspezialitäten werben. Der „Big Lobster“ wiegt rund vier Tonnen.Foto: riana_dzasta - eigenes Werk. Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Quelle: GNU
„Xiushan Island Mud Theme Park“, China: Junge Leute toben im Schlamm. Im Jahr 2005 eröffnete im Südosten Chinas der sogenannte „Mud Theme Park“ – ein Park, indem die Besucher im Matsch baden und sich damit bewerfen können. Der Themenpark liegt in der Provinz Zhejiang, direkt am Strand des Ostchinesischen Meeres. Der Meeresschlamm eignet sich übrigens nicht nur zum Bewerfen, sondern ist gleichzeitig auch noch gesund: Die darin enthaltenen Mineralien und Salze sollen – so heißt es – eine schöne Haut machen und sogar Rheuma vorbeugen. Quelle: AP

„Das System weist wachsende Zeichen der politischen und bürokratischen Verknöcherung auf“, kritisiert Henry Cleere, Icomos-Berater und Dozent an der London School of Economics. Maria Böhmer, Staatsministerin im Auswärtigen Amt und Vorsitzende des Welterbekomitees, räumt ein: „Die Entscheidungen sind in den vergangenen Jahren zu stark politisiert worden.“ Sie will die anderen Mitglieder von Reformen überzeugen. „Ich schlage vor, die Zahl der Bewerbungen pro Jahr auf rund 25 zu begrenzen“, so Böhmer. „In Zukunft sollten sich Mitglieder des Komittees für die Dauer der Amtszeit mit Bewerbungen zurückhalten.“

Vielleicht ist es für solche Reformen längst zu spät, und aus der Welterbeorganisation ist ein gigantisches Nullsummenspiel geworden. Die Gelder des „Welterbefonds“ der Unesco, der dem Erhalt der Stätten in ärmeren Ländern dienen soll, geht zu 80 Prozent für die Evaluierung drauf – und verbleibt damit in der Organisation. Und Ökonom Patuelli hat nicht nur ausgerechnet, wie sich das Welterbe auf den Tourismus vor Ort auswirkt, sondern auch, ob benachbarte Regionen profitieren. Ergebnis: „In Nachbarregionen hat das Welterbe sogar einen negativen Einfluss.“ Wenn vor der Auszeichnung die Hälfte der Touristen in Nordhessen nach Kassel gefahren wäre und die andere nach Marburg, so fahren danach zwar mehr nach Kassel – aber weniger nach Marburg.

In Kassel sind solche Rechnungen weit weg. Die meisten Bewohner sind so stolz wie erstaunt, dass die Plakette diesen Boom auslöste. „Wir versuchen jetzt, die Touristen aus dem Park auch in die Stadt zu holen“, sagt Stadtvermarkterin Hüppe. Im Herbst öffnet die Grimm-Welt, ein „Museum mit Erlebniselementen“ rund um die Schriften der Gebrüder Grimm. Die sind seit 2005 „Weltdokumentenerbe“ der Unesco.

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