Unister Insolvenz "Eher ein Krimi als eine klassische Pleite"

Lucas Flöther, der vorläufige Insolvenzverwalter von Unister, will den Online-Konzern möglichst schnell verkaufen, Werbeverträge mit Promis durchleuchten und die Hintergründe der Pleite aufklären. Und auch für einen Koffer mit Bargeld interessiert sich der Insolvenzexperte.

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Lucas Flöther. Quelle: PR

Der Mann, der den Online-Konzern Unister retten soll, hat Erfahrung mit Pleitefällen aller Art. Lucas Flöther zählt zu bekanntesten Insolvenzverwaltern des Landes. Seine Kanzlei taucht regelmäßig im Verwalter-Ranking der WirtschaftsWoche auf. 2014 führte er den Fahrradhersteller Mifa aus der Insolvenz. Auch bei Großverfahren wie der Insolvenz des Solarmodulherstellers Sovello und 2006 bei der Pleite der Wohnungsbaugesellschaft Leipzig-West AG war Flöther im Einsatz.

Vor wenigen Tagen wurde er vom zuständigen Amtsgericht Leipzig zum vorläufigen Insolvenzverwalter von Unister bestellt. Flöther steuert nun ein Online-Konglomerat dessen spektakulärer Aufstieg einst den deutschen Reisemarkt umpflügte und dessen Pleite nun die Branche in Atem hält. Denn die Hintergründe des Falls sind mysteriös. Verwalter Flöther jedenfalls fühlt sich eher an einen Krimi als an einen klassischen Insolvenzfall erinnert.

WirtschaftsWoche: Herr Flöther, waren Sie dieses Jahr schon im Urlaub?

Lucas Flöther: Ich komme gerade aus Mallorca. Die Insolvenz des Internetholding Unister war einer der Gründe dafür, dass ich den Urlaub vorzeitig beendet habe. Ich hatte aber ganz klassisch im Reisebüro gebucht, nicht über Unister-Portale wie Ab-in-den-Urlaub oder fluege.de.

In den allermeisten Fällen vermittelt Unister die Reisen nur und führt sie nicht selbst durch. Es besteht für die Kunden daher keine Gefahr, Geld zu verlieren. Die Zahlungen gehen direkt an die Reiseveranstalter.

Wie viel Zeit haben Sie, um das Unternehmen zu stabilisieren?

Es muss jetzt schnell gehen, das ist klar. Anders als zum Beispiel bei einer insolventen Eisengießerei ist der Zeitfaktor im Online-Geschäft entscheidend. Unister braucht rasch einen Investor, aber wir werden auch keinen Notverkauf durchführen. Aber ich bin optimistisch, dass wir eine Lösung finden.

Die Unister-Insolvenz - Ein Wirtschaftskrimi?

Warum?

Bereits innerhalb der ersten 24 Stunden hat sich eine hohe zweistellige Zahl potenzieller Investoren bei mir gemeldet, die sich für das Unternehmen als Ganzes oder für Teile interessieren. Diese Interessensbekundungen müssen wir in den nächsten Tagen filtern und sondieren. Dann kann ein zügiger Investorenprozess starten.

Droht Unister die Zerschlagung?

Streben Sie einen Komplettverkauf an, oder wird Unister zerschlagen?

Das Einfachste und Effektivste wäre es natürlich, Unister als Ganzes zu verkaufen und womöglich sogar einen Investor zu finden, der auch die Holdingstrukturen übernimmt. Aber letztlich sind auch andere Lösungen denkbar. Es geht darum, das Beste für die Gläubiger und die Mitarbeiter heraus zu holen. Dazu muss ich mir jetzt zunächst einen Überblick über den Konzern verschaffen und die einzelnen Untergesellschaften durchleuchten.

Fußballgrößen wie Reiner Calmund und Michael Ballack haben für die Unister-Reisetöchter bislang Werbung gemacht. Bleibt es dabei?

Wir werden uns alle Werbeverträge im Detail ansehen, um zu klären, welche Rechnungen offen sind und wer in der letzten Zeit noch Geld bekommen hat. Danach entscheiden wir, wie es weiter geht.

Unister-Chef Thomas Wagner

Unister-Gründer Thomas Wagner ist vor wenigen Tagen bei einem Flugzeugabsturz gestorben. An der Absturzstelle in Slowenien soll auch ein Koffer mit Bargeld gefunden worden sein. Was waren die Hintergründe der Reise?

Dazu habe ich leider noch keine gesicherten Informationen. Allerdings steht für mich zuerst auch die Rettung des Unternehmens im Vordergrund, die Aufklärungsarbeit folgt später.

Haben Sie Zugriff auf das Geld im Koffer?

Bislang nicht. Es soll von den slowenischen Behörden beschlagnahmt worden sein. Wir prüfen gerade, ob es sich dabei um Unternehmensvermögen handelt. Wenn dem so ist, wird das Geld über kurz oder lang wieder an Unister zurückfließen. Tatsächlich klingt der Vorgang für mich eher nach einem Krimi als nach einem klassischen Insolvenzfall.

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