Universal-Music-Manager Briegmann "Wir sind aus dem Himmel gestürzt"

Frank Briegmann, Mitteleuropachef des weltgrößten Plattenkonzerns Universal, freut sich über die Erholung des Geschäfts, lobt den Wert seiner Branche für Künstler und fühlt sich beim Kampf um das geistige Eigentum von der Politik allein gelassen.

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Universal Music-Manager Frank Briegmann Quelle: Andreas Chudowski für WirtschaftsWoche

WirtschaftsWoche: Herr Briegmann, die wichtigsten Wochen des Jahres laufen gerade für Sie – das Weihnachtsgeschäft steht bevor. Wie ist das Jahr bislang für Universal gelaufen?

Frank Briegmann: Das erste Halbjahr war wirklich sehr gut für uns – unser Marktanteil an den Charts sowohl bei den Singles wie auch bei den Alben lag bei mehr als 40 Prozent, damit bin ich durchaus zufrieden; das ist eine Größenordnung, die ist super. Es gab Tage, da standen wir überall auf Platz eins. Beispielsweise hatten wir gleichzeitig eine Nummer 1 bei den meistgespielten Songs im Radio mit „Safe and Sound“ von Capital Cities, eine Nummer 1 in den Album-Charts mit Black Sabbath und eine bei den Singles mit „Blurred“ Lines von Robin Thicke. Kreativ gesehen läuft das Jahr also sehr gut. Was das Geschäft betrifft, sieht es auch ganz OK aus. Wir sehen zwar bislang im Gesamtmarkt weltweit einen leichten Umsatz-Rückgang. Das sagt aber nichts Grundsätzliches über die Branchenentwicklung aus, sondern das hängt vor allem mit der Veröffentlichungspolitik zusammen: Kommerziell wichtige Platten wurden auf das kommende Jahr verschoben. Deshalb gehe ich insgesamt davon aus, dass sich die Branche 2013 wie auch die beiden Jahre davor beim Umsatz um den Null-Punkt bewegen wird.

Die Köpfe hinter Universal Music

Null-Wachstum dürfte Ihnen aber doch aber gerade nach dem Kauf von EMI nicht reichen, oder?

Bei uns läuft es besser als im Gesamtmarkt, unser Marktanteil wächst, natürlich auch durch die EMI-Fusion. Unternehmerisch gesehen war die ein großes Stück Arbeit, das wir aber rechtzeitig vor dem wichtigen vierten Quartal abgeschlossen haben. Deshalb werden wir Ende des Jahres mit einem deutlich höheren Marktanteil dastehen als zu Beginn.

Wo sehen Sie den Musikmarkt insgesamt?

Wir haben den Boden jetzt gefunden, dort wird sich das Geschäft konsolidieren, ehe wir in zwei, drei Jahren wieder Wachstum sehen werden. Diese Wachstumsprognose leite ich daraus ab, dass wir im Weltmarkt zuletzt in neun der 20 wichtigsten Märkte Wachstum erlebt haben. Eines der wirklich interessanten Territorien ist dabei Skandinavien. Dort ist der Markt im vergangenen Jahr um mehr als zehn Prozent gewachsen, und wir sehen in den ersten Monaten 2013 sogar noch stärkeres Wachstum, sowohl in Schweden als auch in Norwegen.

Die CD-Verkäufe, die in Deutschland ja noch immer für mehr als 70 Prozent des Umsatzes sorgen, gehen aber weiter runter – wie kompensieren Sie das denn? Gleichen Streamings und Downloads diese Rückgänge aus?

Die Tendenz sieht gut aus: Die Angebote, die wir als Branche den Kunden mittlerweile machen, sind so interessant und so umfangreich in jeder Form – physisch und non-physisch, à la carte, Besitz oder Streaming, werbefinanziert oder im Premiumbereich –, dass für jeden Nutzer etwas dabei ist. Wenn man als Industrie solche Brüche und Transformationsprozesse erlebt, muss man Dinge ausprobieren. Das unterscheidet sicher auch Universal von anderen Unternehmen der Branche – wir haben von Anfang an gesagt, dass wir neue Geschäftsmodelle unterstützen. Wir vergeben Lizenzen an eine ziemliche Bandbreite von Partnern, von start-ups wie Spotify oder Simfy über Deezer, Napster oder Tape.tv bis zu iTunes oder nun iTunes Radio. Wenn wir darin ein Modell sehen, das für den Konsumenten interessant ist und bei dem wir und unsere Künstler einen fair-share bekommen, dann ermöglichen wir das und versuchen, so viele Modelle wie möglich in den Markt zu bringen. An uns soll nichts scheitern.

"Universal ist erfolgreicher als noch vor 5 Jahren"

Die erfolgreichsten Musiker der Welt
Elvis Presley - 600 Mio. bis eine Milliarde verkaufte Platten Quelle: dapd
The Rolling Stones - 200 Mio. verkaufte Platten Quelle: dpa
AC/DC - 200 Mio. verkaufte Platten Quelle: dpa
Cher - 210 Mio. verkaufte Platten Quelle: dpa
Céline Dion - 230 Mio. verkaufte Platten Quelle: dapd
The Wailers - 250 Mio. verkaufte Platten Quelle: dapd
Elton John - 250 Mio. verkaufte Platten Quelle: rtr

Was ist denn für Sie interessanter – die Zusammenarbeit mit einem halben Dutzend Streaming-Partnern oder die mit wenigen großen, was Ihnen das Handling erleichtert?

Wie in anderen Märkten ist es sicher auch in diesem für alle Seiten vorteilhafter, wenn keine Monopolisierung oder übertriebene Zentralisierung stattfindet. Deswegen konzentrieren wir uns nicht nur auf einen Anbieter, sondern arbeiten mit einer ganzen Palette von ihnen. Ob und was sich davon im Markt durchsetzt, ist dann immer noch die zweite Frage.

Eigentlich müssten Sie Apple, Spotify und Co. schwer dankbar sein – profitiert die Musikbranche im Moment nicht schlicht davon, dass sich da draußen findige Köpfe neue Geschäftsmodelle ausgedacht haben, die Ihnen nun zu Gute kommen?

Ganz so einfach ist es nicht. Natürlich profitieren wir heute von dieser Entwicklung und auch von Ideen, die von außen an uns herangetragen wurden. Aber der Kern ist doch immer noch unser Produkt: Musik. Inhalte sind der Treibstoff im Wettbewerb digitaler Technologien und innovativer Services. Deshalb war ich auch bereits vor fünf Jahren Optimist, weil ich gesehen habe, dass es die Nachfrage nach unserer Musik immer gab. Wir hatten und haben ein Produkt, das die Leute mögen und haben wollen. Ich hätte mir viel mehr Sorgen gemacht, wenn kein Mensch mehr Musik gehört hätte. Das Gegenteil ist aber der Fall. Also war es erstens unsere Aufgabe, den Menschen unsere Musik so einfach anzubieten, dass sie bereit sind, dafür zu bezahlen. Zweitens: mussten wir parallel dazu – so unpopulär das auch war – unser Eigentum und unsere Rechte, kurz: das Werk unserer Künstler schützen und etwa gegen illegale Nutzung vorgehen. Dafür haben wir uns sehr viel Häme anhören müssen.

Geschäftszahlen der größten Musikkonzerne

Hat die Musikbranche nicht schlicht Jahre lang über ihre Verhältnisse gelebt?

Da ist schon was dran, deshalb haben wir auch drittens an unserer Kostenstruktur gearbeitet. Das bedeutet auch, dass wir heute weniger Menschen beschäftigen können als noch vor fünf Jahren. Wichtig war uns dabei aber, nicht an den Künstlern und unserer Arbeit mit ihnen zu sparen, sondern eher in der Administration oder im physischen Vertrieb. Mehr investiert haben wir dagegen bei Artist & Repertoire – also praktisch bei Forschung und Entwicklung: Wir haben nach wie vor den Ehrgeiz, den besten Inhalt zu finden. Deshalb kann ich mit Fug und Recht sagen, dass Universal heute eine erfolgreichere Firma ist als es sie vor fünf Jahren war.

Trotzdem kann doch heute praktisch jeder preiswert selbst Musik aufnehmen – die Künstler brauchen Sie als traditionellen Musik-Major doch gar nicht mehr?

Klar kann heute jeder Musik aufnehmen. Das ist relativ einfach, und auch das Veröffentlichen und Vermarkten kann man theoretisch selbst hinbekommen. Wenn Sie dann aber sehen, welche Flut von Inhalten da draußen verfügbar ist, dann stellt sich doch für jeden Künstler die Frage: Wie werde ich überhaupt gefunden? Und vor allem: Will ich mich damit tatsächlich befassen? Oder überlasse ich das nicht lieber Menschen, die das beruflich machen, und nutze meine Zeit eher schöpferisch? Wir haben das schließlich gelernt und besitzen die Erfahrung. Deshalb wissen wir, wie man die Aufmerksamkeit der Konsumenten und Käufer erreicht. Außerdem sorgen wir dafür, dass Abrechnungssysteme funktionieren und die dazugehörige Administration. Wir verhandeln Verträge mit Dritten und erledigen einfach vieles, zu dem Künstler in der Regel wenig Lust haben. Und meistens auch keine Zeit.

Streaming-Angebote auch auf dem deutschen Markt

Die größten Mediendeals
Washington PostAmazon-Gründer Jeff Bezos kauft das Traditionsblatt Washington Post. 250 Millionen Dollar bezahlt er für die Tageszeitung. Der Chef des Washington-Post-Konzerns, Donald Graham, entschloss sich nach eigenen Worten Anfang des Jahres zu einem Verkauf, um der Zeitung die Chance zu einem Neustart zu geben. Daraufhin habe die Investmentbank Allen & Co rund ein Dutzend mögliche Interessenten angesprochen - darunter Bezos, der zunächst nicht als wahrscheinlichen Käufer galt. "Ich nannte einen Preis und Jeff war einverstanden." Die "Post" befand sich seit 80 Jahren im Besitz der Familie Graham und ist eine der einflussreichsten Zeitungen in den USA. In den 1970er Jahren enthüllte sie unter der Herausgeberin Katherine Graham den Watergate-Skandal, der zum Rücktritt von US-Präsident Richard Nixon 1974 führte. Quelle: dpa
Springer-Funke-DealDer Axel Springer Verlag verkauft Ende Juli 2013 die Berliner Morgenpost, das Hamburger Abendblatt und eine Reihe von TV- und Frauen-Zeitschriften, darunter Bild der Frau, Funk Uhr und Hörzu an German publisher Axel Springer an die Funke Mediengruppe - ehemals WAZ-Gruppe. Funke bezahlt 920 Millionen Euro für die Titel. Springer setzt damit seine Strategie, das führende digitale Medienunternehmen zu werden, konsequent um. Man wolle sich noch stärker auf die Kernmarken Welt- und Bild-Gruppe mit den dazugehörigen Zeitschriftenmarken Auto-Bild, Computer-Bild und Sport-Bild konzentrieren. Außerdem will Springer die Online-Rubrikenmärkte und digitalen Vermarktungsplattformen weiter ausbauen. Quelle: REUTERS
Boston GlobeBoston-Red-Sox und FC-Liverpool-Eigentümer John Henry kauft Anfang August 2013 für 70 Millionen Dollar den „Boston Globe“. Die Traditionszeitung erschien bisher im Verlag der New York Times. Die Gruppe hat in den vergangenen Monaten bereits Beteiligungen an mehreren anderen Lokalzeitungen abgestoßen, um sich auf ihre Kernmarke zu konzentrieren. Quelle: dpa
NewsweekDas Newsweek-Magazin war einmal eines der einflussreichsten Nachrichtenblätter der USA. Anfang August 2013 kaufte das Online-Verlagshaus IBT Media den Titel von IAC. Die Marke soll überleben, allerdings nur im Internet. Die letzte Printausgabe war bereits im Dezember 2012 erschienen. Ursprünglich gehörte das Magazin zur Washington-Post-Gruppe. 2010 übernahm der kalifornische Milliardär Sidney Harman das Magazin für den symbolischen Preis von einem Dollar. Newsweek hat zu diesem Zeitpunkt bereits rund 30 Millionen Euro Schulden. Unter Harman verschmolz die Online-Ausgabe der Newsweek mit dem Nachrichtenportal "The Daily Beast" der IAC. Quelle: dpa
Frankfurter RundschauDie Qualitätszeitung aus dem DuMont-Verlag meldet am 12. November 2012 Insolvenz an. Das Blatt hat Verluste in Höhe von 16 Millionen Euro eingefahren. Ende Februar 2013 stimmt das Bundeskartellamt einer Übernahme durch neue Gesellschafter zu. Ab 1. März erscheint die FR in der unabhängigen Verlags- und Redaktionsgesellschaft „Frankfurter Rundschau GmbH“ . Gesellschafter sind mit 55 Prozent der Anteile die Frankfurter Societät GmbH, mit 35 Prozent der Verlag dieser Zeitung, die Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, und mit zehn Prozent die Karl Gerold Stiftung. Quelle: dpa
Ein ZeitungsimperiumWarren Buffett - der drittreichste Mann der Welt kauft seit Ende 2011 gezielt US-Zeitungen auf, vornehmlich Regionalzeitungen ohne Wettbewerber. 28 Tageszeitungen hat er seitdem für die Mediensparte seines Konzerns Berkshire Hathaway erworben. Im Schnitt hat er nur zwölf Millionen pro Marke ausgegeben. Fast siebzig Zeitungen gehören zu Buffetts Reich. Berkshire Hathaway hat schon immer in Tageszeitungen investiert und ist als größter Einzelaktionär der Washington Post Mediengruppe auch an der Washington Post beteiligt. Quelle: AP

Ist das so kompliziert?

Ja sicher: Allein in Deutschland haben wir gut 70 legale Download-Anbieter. Alle haben ein eigenes Abrechnungsmodell – das kann der Künstler natürlich theoretisch alleine in Angriff nehmen. Praktisch muss er es aber dann auch erst einmal hinkriegen. Denn das Thema ist im Detail alles andere als trivial. Dazu muss man eine eingespielte Logistik und Administration besitzen. Und das bei teilweise kleinsten Cent-Beträgen, aus denen sich in der Summe ein Honorar zusammensetzt. Deshalb sagt heute die Mehrzahl der Künstler: Bitte – nehmt uns das ab! Nicht nur an dem Punkt definieren wir uns heute viel stärker als Serviceunternehmen für unsere Künstler als das früher vielleicht der Fall war.

Aber über Facebook, Twitter und andere Angebote können sich Bands heute auch gut ohne Ihre Hilfe einen Namen machen?

Auch hier gilt: Sie müssen erst einmal bekannt werden. Natürlich kann sich jeder einen Twitter- oder Facebook-Account zulegen. Aber das machen wir auch, und das in weit größeren Dimensionen: Jeden Monat haben wir mit unseren eigenen und den Künstlerseiten, die wir betreuen, 300 Millionen Kontakte mit Fans und Verbrauchern.

Das ist erst mal nur eine Zahl…

Ja, aber dieses Potential muss man auch erst einmal aufbauen. Und vor allem wissen wir, es auch für uns und unsere Künstler zu nutzen. Das hilft beispielsweise, in der Werbung, viel Geld zu sparen.

Top 10 Meistverkaufte Singles in Deutschland 2012

Wie das?

Wir gehen nicht mehr von vornherein in die Vollen und buchen vom Start weg eine teure Marketing-Kampagne, sondern wir testen einen neuen Künstler und seine Musik bzw. die Resonanz, die sie auslösen, erst einmal online. Um zu gucken: Wo greift eigentlich was, wo passiert was? Danach richten wir dann unsere Marketing-Spends aus. Erst, wenn wir Online so was wie Traktion spüren, gehen wir in den Mainstream und planen entsprechend hohe Budgets ein.

Die Branche knüpft große Hoffnungen an die noch recht jungen Streaming-Anbieter wie Spotify oder Simfy. Deutschland hinkt allerdings Schweden sehr weit hinterer. Woran liegt das?

Vor allem daran, dass die Voraussetzungen auf den skandinavischen Märkten ganz andere sind als hierzulande. Erstens ist mobile Hardware dort deutlich verbreiteter. Zweitens ist auch die Internet-Nutzung viel größer. Und drittens ist Payment kein Problem; digitales Kreditkarten-Payment klappt dort, während dagegen hierzulande noch viele Ressentiments bestehen. Hinzu kommt, dass der populärste Streaming-Anbieter Spotify aus Schweden kommt, und das Thema auch deshalb dort einen ganz anderen Stellenwert besitzt. Aber ich glaube schon, dass sich solche Angebote auch auf dem deutschen Markt entwickeln werden. Es wird noch mehr mobile Endgeräte geben, der Breitband-Zugang wird sich verbessern und ich erwarte auch beim Thema Payment deutliche Fortschritte. Das ist ja ein Thema, das nicht nur die Musikbranche, sondern alle Inhaltegeschäfte wie etwa den Journalismus betrifft: Wie bekomme ich die Leute überhaupt in ein Bezahlmodell hinein?

"Die Branche ist aus dem Himmel gestürzt"

Die bekanntesten Musik-Portale im Internet
Amazon startet Prime Music in Deutschland und Österreich - als Bestandteil von Amazon Prime ohne zusätzliche Kosten. Quelle: obs
Apple Music Quelle: dpa
Die seit März 2012 existierende Plattform Spotify bietet mehr als 30 Millionen Songs an. Eine Gratis-Version erlaubt das Anhören der Musik mit Werbeunterbrechungen. Zusätzliche Premiumfunktionen wie das Downloaden von Liedern sind wie bei den meisten Streaming-Angeboten kostenpflichtig. Nach eigenen Angaben hat Spotify mehr als 75 Millionen Nutzer, 20 Millionen von ihnen zahlen. Der Streaming-Dienst ist in 58 Ländern verfügbar.Preis: kostenlos bis 9,99 Euro monatlich
Die Streaming-Plattform Deezer ist vor allem in Frankreich sehr beliebt. 2007 startete sie als erster Gratis-Streamingdienst auf dem Markt. Heute kostet eine Mitgliedschaft, wie auch bei vielen anderen Diensten, Geld. Kostenlos gibt es nur ein Radio-Angebot und Lied-Ausschnitte. Die Plattform ist mittlerweile in mehr als 180 Ländern verfügbar.Preis: kostenlos bis 9,99 Euro monatlich Quelle: Screenshot
Mit Ampya versucht die ProSiebenSat.1 Media seit 2011 auf dem boomenden Markt der Streaming-Dienste Fuß zu fassen. Beflügelt durch viel Werbung auf den TV-Kanälen des Medienunternehmens zählt Ampya zu den bekanntesten Diensten in Deutschland. 2014 wurde Ampya von Deezer mit dem Ziel übernommen, in Europa noch weiter zu wachsen.Preis: kostenlos bis 9,99 Euro monatlich Quelle: Screenshot
Seit 2012 ist WiMP aus der Bethaphase heraus. Gegründet wurde der Musikstreamingdienst in Norwegen, wo sein Mutterkonzern "Aspiro" sitzt. WiMP gibt es bis jetzt in fünf Ländern zu hören: Deutschland, Norwegen, Dänemark, Schweden und Polen. "Aspiro" spielt schon mit dem Gedanken WiMP auch in Finnland, Portugal, Österreich und der Schweiz zu etablieren. Mit einer hohen Sound-Qualität (gegen Aufpreis) und einem eigenen Redaktionsteam, das Musik empfiehlt, will sich WiMP von der Konkurrenz abheben.Preis: 4,99 bis 19,90 Euro monatlich
Napster startete als Musiktauschbörse und wurde schnell zur Plattform für illegale Raubkopien. Auf rechtlichen Druck der Musik-Industrie wurde die Plattform 2001 geschlossen. Der legale Streaming-Dienst gleichen Namens bietet mehr als 25 Millionen Songs und ist damit einer der größten überhaupt. Nach einer kostenlosen Testphase gibt es den Dienst allerdings nur noch gegen Geld.Preis: 7,95 bis 9,95 Euro monatlich Quelle: AP

Und, wie denn?

Indem ich die Eintrittsbarriere erst einmal niedrig halte, Inhalte durch Werbung refinanziere und erst im zweiten Schritt upgrade. Erst Freemium-Modelle oder eben werbefinanzierte, dann Premium-Angebote, die werbefrei sind, dafür aber etwa auf mehr Geräten laufen oder zusätzliche Features anbieten.

Angesichts von gut 70 legalen digitalen Angeboten allein in Deutschland – ist damit das Angebot an die Kunden komplett oder sehen Sie noch Lücken?

Die Roll-outs der unterschiedlichen Modelle laufen weltweit weitestgehend synchron. Beim Streaming ist Deutschland zwar weit hintendran, weil sich unter anderem die rechtliche Klärung zwischen Spotify und der Gema so lange hingezogen hat. Wir werden sicher noch weitere innovative Geschäftsmodelle erleben. Google play ist ja schon hier, jetzt kommt bald iRadio und damit ein weiteres neues Modell. Das gesamte Angebots-Portfolio ist längst noch nicht erschöpft. Der Kunde wird beim Thema Streaming den Zugang zu den Songs bald als selbstverständlich voraussetzen. Fort ist auch der Kopfschmerz darüber, wie ich denn die Musik von meiner Festplatte auf meine mobilen Geräte bekomme: Heute habe ich meine Musik auf allen Geräten jederzeit verfügbar. Stichwort: Cloud. Der nächste Schritt ist, dieses Angebot so zu kuratieren, dass es noch besser auf den Kunden zugeschnitten ist. In dem Thema steckt großes Potential. Allein im Streaming sind mehr als 20 Millionen Songs verfügbar. Das dürfte manchen Nutzer auch überfordern.

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Klingt unterm Strich nach wesentlich größerem Pragmatismus in der Branche als noch vor fünf, sechs Jahren?

Diese Branche ist aus dem Himmel gestürzt, von riesigen Umsätzen kommend unsanft auf dem Boden gelandet. Mittlerweile haben wir uns gefangen, es geht wieder aufwärts. In Märkten, in denen sich so viel verändert wie im Mediengeschäft, müssen Unternehmen selbst aktiv werden, vieles ausprobieren. Als Marktführer spüren wir die Verantwortung, aber auch den Luxus, experimentieren zu können. Man braucht schon eine gewisse Größe, um auch Fehler machen zu können, die einem nicht gleich das Genick brechen. Und Fehler sind notwendig. Man muss sie machen dürfen. Sie gehören zum Lernprozess.

Ist nun die Zeit der Großfusionen vorbei?

Die Branchenstruktur hat sich in den vergangenen Jahren sehr stark verändert. Es gibt jetzt drei große Unternehmen: An der Spitze Universal, dann mit einigem Abstand Sony und Warner, die beide etwa auf dem gleichen Level rangieren. Und dann gibt es ganz viele kleine Unternehmen. Sehen Sie, der Anteil der Independents an den meistverkauften Platten und Singles ist in den vergangenen Jahren sogar deutlich gestiegen. Unterm Strich sehe ich eine gesunde Struktur, auch weil die Indies ein anderes Geschäftsmodell haben als wir...

Von der Politik enttäuscht

Welcher Kopfhörer der richtige ist
AKG K 550 Quelle: Presse
Custom One, Beyerdynamic Quelle: Presse
Beats by Dr. Dre Quelle: Presse
Monster Ntune, Monstercable Quelle: Presse
Icy Box Eko Beats Quelle: Presse
Whydah Gally Straight into Compton Quelle: Presse
Marshall Major FX Quelle: Presse

… und ohne die es junge Stars wie Adele wohl gar nicht gäbe: Ein kleines eher pummeliges Mädchen mit toller Stimme, ­ das  passt wohl nicht ins Beuteschema von Universal …

(lacht) Da ist schon was dran, das mit Adele haben die Jungs von der Beggar’s Group sehr gut hingekriegt, Hut ab dafür. Normalerweise würde ich sagen, dass man die Struktur eines Majors braucht, um solch eine Karriere zu starten, aber bei Adele hat es tatsächlich auch so geklappt. Nehmen Sie es als Beweis für meine These, dass die Branchenstruktur intakt ist.

Trotz Streaming-Diensten und einfachen Downloads wird weltweit noch immer viel Musik gehört, für die weder Sie noch Ihre Musiker bezahlt werden – fühlen Sie sich von der Politik allein gelassen?

Wir haben als Branche Geschäftsmodelle entwickelt, um mit unserem Produkt in der digitalen Welt zu leben und substanzielle Umsätze zu machen. Dennoch ist es nicht vermessen, auch an die Politik Forderungen zu stellen: Es geht hier um Eigentum, das praktisch seit der Steinzeit Prinzip unseres Wirtschaftens ist. Und es leuchtet mir heute so wenig ein wie vor fünf Jahren, was an diesem Eigentumsbegriff so kompliziert ist, dass man es nicht vernünftig schützen könnte. Nur aus Angst vor ein paar Piraten-Politikern, die den Parteien weismachen, die jungen Leute würden sie sonst nicht wählen?

Das finde ich schwach. Wo ist denn der Unterschied zwischen Eigentum, das aus Holz, Filz oder Stahl besteht und Eigentum, das immateriell ist, das aus dem besteht, was ich mir ausgedacht habe. Warum kann etwa die Pharmaindustrie geistiges Eigentum schützen, wir aber nicht? Das kann ich nicht nachvollziehen.

Das muss endlich von der Politik geregelt werden. Man muss doch mal eines klar sehen: Wir wollen keine Förderung und keine Steuergelder – wir wollen nur, dass unser Eigentum wirksam geschützt wird. Und dass das nicht geschieht, finde ich sehr enttäuschend.

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